Italien erpresst EU

Tausende Flüchtlinge an unserer Grenze

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Die EU streitet sich, wer die Tausenden Flüchtlinge aufnehmen soll.

Chaos um die Flüchtlinge in Italien. Etwa 25.000 Nordafrikaner sind in den vergangenen Wochen auf Lampedusa und Malta gelandet. Das hochbrisante Thema ist auch Mittelpunkt des heutigen EU-Innenminister-Gipfels in Luxemburg.
Italien fühlt sich mit dem Problem von der EU allein gelassen. Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat allerdings bereits eine Lösung nach seinem Geschmack gefunden: In einer Art Erpressungsversuch stattet er die Flüchtlinge mit Visa aus. Damit können sie sich jetzt sechs Monate lang frei im Schengen-Raum bewegen – und zum Beispiel nach Österreich einreisen.

Die Reaktionen sind erbost: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will die Grenze zu Österreich wieder kontrollieren, um zu verhindern, dass die Flüchtlinge nachDeutschland einreisen: „Wir werden es nicht hinnehmen, dass die italienische Regierung die Tunesier einfach zu Touristen erklärt und sie auf diese Weise in andere Länder abschiebt“, sagt Herrmann.

Fekter verschärft die Kontrollen an Grenze

Auf ihrem Weg von Italien nach Deutschland könnten die Flüchtlinge so in Österreich hängen bleiben. Innenministerin Maria Fekter hat bereits vor einigen Wochen veranlasst, im Grenzgebiet zu Italien verschärft zu kontrollieren. In Tirol und Kärnten werden Züge, Flughäfen, Autobahnen und Bundesstraßen verstärkt überprüft. „Wir bemerken einen Anstieg bei den illegalen Einreisen vom Süden her“, begründet Fekter den Einsatz im 
ÖSTERREICH-Interview (siehe nächste Seite).

Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) gehen diese Maßnahmen nicht weit genug: „Man muss Vorsorge treffen, um einen Flüchtlingsstrom zu verhindern. Wir müssen klären, was von italienischer Seite geplant ist. Wenn das nicht funktioniert, müssen restriktive Grenzkontrollen wieder eingeführt werden.“ Selbst einen Grenzeinsatz des Bundesheeres kann sich Dörfler vorstellen: „Man muss das burgenländische Wahl-Programm stoppen und die Mannschaften nach Kärnten und auch nach Tirol verlegen.“


EU-Kommissarin will freiwillige Aufnahme
EU-Innenkommissarin Cäcilia Malmström hat an die EU-Staaten appelliert, für die Flüchtlinge freiwillig „Aufnahmeplätze anzubieten“. Fekters Antwort: Die meisten der Bootsflüchtlinge haben gar keine Chance auf Asyl: „Die Menschen, die derzeit über das Mittelmeer kommen, sind keine Kriegsflüchtlinge. Sie stellen nicht einmal einen Asylantrag.“

ÖSTERREICH: Die Italiener wollen heute offenbar eine Aufteilung nordafrikanischer Flüchtlinge auf ganz Europa erreichen. Sie stellen für diese Flüchtlinge auch Papiere aus. Wie reagiert Österreich darauf?
MARIA FEKTER: Wir werden uns einmal ganz genau ansehen, was der italienische Innenminister und EU-Kommissarin Malmström auf den Tisch legen. Eines muss ich aber klar sagen: Die Menschen, die derzeit über das Mittelmeer kommen, sind überwiegend keine Kriegsflüchtlinge.
ÖSTERREICH: Sondern?
FEKTER: Das sind großteils Menschen, die kommen, um hier zu leben und zu arbeiten. Unter diesen Menschen sind Tunesier, Afrikaner aus allen möglichen Staaten, ja sogar Chinesen. Wenn sie aufgegriffen werden, stellen sie meistens nicht einmal einen Asylantrag. Die Zahl der Asylanträge in Österreich ist absolut stabil – wir haben darunter bestenfalls ein Dutzend Libyer.
ÖSTERREICH: Sie sind also gegen eine Aufteilung?
FEKTER: Die EU-Richtlinie über die Aufteilung von Asylwerbern aus dem Jahr 2001 zielt auf ein einzelnes Ereignis ab und betrifft ausschließlich Kriegsflüchtlinge. Die kommen derzeit nicht nach Europa.
ÖSTERREICH: Warum verstärken Sie die Kontrollen in Kärnten und in Tirol?
FEKTER: Wir bemerken einen Anstieg bei den illegalen Einreisen vom Süden her und kontrollieren jetzt verstärkt auf Bundesstraßen und Autobahnen, in den Zügen und auf Flughäfen

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