In 314 Fällen

Guru wegen Kindesmissbrauch angeklagt

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Der Angeklagte leidet unter einer ansteckenden Krankheit und sitzt deshalb in einem Glaskasten.

Der New-Age-Musiker Oliver Shanti hat den vor einem Münchner Gericht gegen ihn erhobenen Vorwurf des Kindesmissbrauchs bestritten. "Ich habe keine Kinder missbraucht, das versichere ich Ihnen. Ich habe Kinder sehr lieb", ließ der 60-Jährige am Mittwoch zu Beginn des Prozesses vor dem Landgericht München I durch seinen Verteidiger erklären. Die Anklage wirft Shanti, der bürgerlich Ulrich Sch. heißt, 314 Fälle des sexuellen Missbrauchs vor.

Der Angeklagte musste in einem Glaskasten sitzen sowie einen Gummimantel und Mundschutz tragen, da er an einem übertragbaren MRSA-Keim leidet. Dieser kann verschiedene, teils lebensbedrohliche Krankheiten auslösen und ist wegen seiner Resistenz gegen Antibiotika gefährlich. Außerdem leidet er an Lymphdrüsenkrebs.

Opfer zwischen 8 und 14 Jahren alt
Shanti war nach Auffassung der Staatsanwaltschaft eine Art Guru einer sektenähnlich in Bayern und Portugal lebenden Kommune. Er soll seine herausgehobene Position ausgenutzt haben, um vier Söhne und zwei Töchter seiner Anhänger regelmäßig zu missbrauchen. Die Opfer waren demnach zur Tatzeit zwischen acht und 14 Jahre alt. Bei fünf der 314 Fälle soll es sich um schweren sexuellen Missbrauch gehandelt haben. Shanti drohen dafür bis zu zehn Jahre Haft. Wie eine Anklagevertreterin am Rande des Prozesses sagte, steht im Raum, für ihn am Ende des Prozesses außerdem Sicherungsverwahrung zu beantragen.

Angeklager vermutet Komplott
Der 1948 in Hamburg geborene Shanti wies die Vorwürfe energisch zurück. Er führte diese auf ein Komplott zurück. Die Menschen, mit denen er über Jahre friedlich in einer Kommune gelebt habe, hätten im Jahr 2002 auf einmal Neid, Hass und Intrigen verbreitet. Er sei von seinen früheren Weggefährten um 5,5 Millionen Euro geprellt worden, außerdem sei seine "Zerstörung" geplant worden. Aus diesem Grund hätten seine Kommunarden ihre Kinder angestiftet, ihn des Kindesmissbrauchs zu beschuldigen.

Shanti hatte nach seinen eigenen Angaben ab den 60er Jahren als Hippie gelebt und sich in Indien zum Musiker ausbilden lassen. Mit seiner Musik, die er als Weltmusik bezeichnet, habe er Millionen verdient. 1982 sei sein Verlag mit einem Jahresumsatz von damals 30.000 Mark (15.339 Euro) gestartet, im Jahr 2002 habe der Umsatz dann bei zehn Millionen Mark (5,11 Mio. Euro) gelegen. Durch das Geld besitze seine Kommune eine Finca in Portugal, die aus zwölf Häusern bestehe und mit wertvollen Kunstgegenständen ausgestattet sei. In diesem Reichtum habe der Grund für die Anzeige gelegen. "Ich besaß vieles mehr, also musste ich weg." Da er das Geld durch seine damaligen Freunde habe verwalten lassen, hätten diese es unter sich aufteilen können.

Vorwürfe gegen Polizei und Staatsanwaltschaft
Gegen Shanti war aufgrund der Anzeige seiner früheren Weggefährten im Jahr 2004 Haftbefehl ergangen, im vergangenen Jahr wurde er in Portugal festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert. Der Angeklagte erhob in dem Prozess auch schwere Vorwürfe gegen Polizei und Staatsanwaltschaft. Während der gesamten Untersuchungshaft sei er nicht ein einziges Mal vernommen worden und habe deshalb die Vorwürfe nicht entkräften können.

Shanti lebte seit Ende der 70er Jahre zunächst in Niederbayern, später in München und dann ab Anfang der 80er Jahre vor allem in Portugal in einer Kommune, die neben Kunsthandel vor allem ihr Geld mit den Liedern des Sängers verdiente. Shanti bestritt auch den von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwurf, der Guru einer Art Sekte gewesen zu sein. Er sei zwar wirtschaftlich der Leiter gewesen, ansonsten habe jeder seinen eigenen Glauben gelebt. Shanti gab vor Gericht an, homosexuell zu sein. Von jeher habe er sich sexuell nur für junge Männer ab 17 Jahren interessiert.

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