Klimakonferenz

Aktivisten stürmen Podium

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Die bisherige Präsidentin der Konferenz ist unterdessen zurückgetreten.

Klima-Aktivisten haben am Mittwoch den streng gesicherten UNO-Klimagipfel in Kopenhagen unterbrochen und das Podium gestürmt. "Klima-Gerechtigkeit jetzt!" riefen die beiden Aktivisten - eine Frau und ein Mann - mehrfach, als sie nach einer Rede des senegalesischen Präsidenten Abdoulaye Wade die Bühne in der Haupthalle des Bella-Konferenzzentrums eroberten. Anschließend wurden sie von Sicherheitsleuten weggebracht. Für den Klimagipfel herrscht in der dänischen Hauptstadt ein enormes Sicherheitsaufgebot, auch das Bella Center ist durch eine Art Sicherheits-Schichtsystem geschützt.

Viele Delegierte aus Entwicklungsländern applaudierten, als die Umweltschützer ihre Botschaft ins Publikum riefen. Die australische Klima-Ministerin Penny Wong, die nach Wade auf der Rednerliste stand, kommentierte trocken, ihre Rede werde wohl "nicht so interessant wie diese Interaktion gerade eben" sein.

Präsidentin dankt ab
Zuvor wurde die heiße Phase des Klimagipfels eingeleitet. Es kam zur Staffelübergabe bei der offiziellen Verhandlungsführung: In Kopenhagen wurden am Mittwoch bereits 60 Staats- und Regierungschefs erwartet, viele andere kommen in den nächsten zwei Tagen, darunter US-Präsident Barack Obama. Als Zeichen, dass nun die Schlussphase begann, übernahm der dänische Regierungschef Lars Lökke  Rasmussen offiziell die Verhandlungsführung. Die bisherige Leiterin Connie Hedegaard, die bis in die Nacht neue Entwürfe vorbereitet hatte, führt die informellen Konsultationen. Am Nachmittag sollte eine neue Verhandlungsgrundlage vorgelegt werden.

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© Reuters

Connie Hedegaard/ (c) Reuters

Verhandlungen stocken
Das UN-Klimasekretariat begründete die Wachablösung an der Konferenzspitze damit, dass mehr und mehr Staats- und Regierungschefs eintreffen. Hedegaard, die ehemalige dänische Klimaministerin, sagte dazu, mit so vielen Staats- und Regierungschefs sei es angemessen, dass der Premierminister der Konferenz vorsitze. Rasmussen machte Hedegaard zu seiner speziellen Vertreterin.

Die Hauptverhandlungen im Plenum stockten am Mittwoch nicht nur wegen inhaltlicher Streitigkeiten, sondern auch wegen Klagen einiger Delegationen wie Brasilien und China an der Verhandlungsführung. Sie werfen den dänischen Gastgebern mangelnde Transparenz vor. Zudem hätten sie den Delegierten die seit den frühen Morgenstunden in Kopenhagen zirkulierenden neue Entwürfe nicht vorgelegt. Rasmussen sagte dazu, die Welt erwarte vom Gipfel Taten. Stattdessen verzettele sich das Plenum in Verfahrensfragen.

Verzögerungen
Die Umweltminister bereiteten am Mittwoch weiter für die Staats-und Regierungschefs in zähen Beratungen den Boden. Vor der Schlussrunde der etwa 120 Staats- und Regierungschefs am Freitag wollen sich die Minister auf Entwürfe für die Grundzüge eines Klimaabkommens geeinigt haben. "Die Arbeitsgruppenarbeit ist heute um 07.00 Uhr morgens beendet worden", sagte der deutsche Umweltminister Norbert Röttgen am Mittwoch. Es habe einige Verzögerungen gegeben, weil die Entwicklungsländer Bedenken gehabt hätten.

Auf Grundlage des Hedegaard-Papiers werde eine Gruppe von 25 Staaten einen Text für die Staats- und Regierungschefs ausarbeiten, die sich am Freitag zusammensetzen und abschließend abstimmen wollen. Für die Europäer sind laut Röttgen Deutschland, Schweden, Spanien, Großbritannien, Frankreich und Polen in der 25er Gruppe vertreten. Eine Vereinbarung von Kopenhagen müsse politisch bindend sein, sagte Röttgen, so dass sie innerhalb eines halben Jahres in einen völkerrechtlich bindenden Vertrag überführt werden könne.

Getrennte Abkommen
Nach derzeitigem Verhandlungsstand dürften die beiden bisherigen Verhandlungsstränge der Konferenz auch in zwei getrennte Abkommen münden - einer setzt das Kyoto-Abkommen fort, dem die USA nie beigetreten sind, und das verpflichtende Reduzierungen von Treibhausgasen für die Industriestaaten vorsieht. Der andere Strang beruht auf der Klimakonvention von Rio de Janeiro von 1992, die alle Länder umfasst, aber noch keine bindenden Verpflichtungen enthält.

Aus EU-Kreisen hieß es am Mittwoch, Europa werde seine bisher angebotenen Klimaziele möglicherweise stückeln. Die EU hat bereits beschlossen, ihren Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 um 20 Prozent zu senken und auf 30 Prozent zu gehen, wenn andere Industrieländer vergleichbare Angebote machen. Eine Auffanglinie könne jetzt eine Zahl in der Mitte sein, etwa 25 Prozent. Aus deutschen Verhandlungskreisen wurde dies aber bestritten.

Andere Strategie?
Wie es aus EU-Kreisen weiter hieß, könnte eine andere Strategie sein, 20 Prozent bis 2020 und 30 bis 2023 anzubieten. Damit könnte auch dem Aufholbedarf der USA Rechnung getragen werden, hieß es. Die USA haben angeboten, ihren Ausstoß bis 2020 zunächst um umgerechnet 4 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Für die folgenden Jahre bieten sie dann weitere Reduzierungen an. Am Donnerstag wird nach dänischen Medienberichten auch Außenministerin Hillary Clinton in Kopenhagen erwartet.

Die Entwicklungsländer drohen unterdessen mit einem Scheitern des Klimagipfels, wenn die Industriestaaten keine kurzfristigen und langfristigen Finanzhilfen zusagen. Der Sprecher der in der Gruppe G77 zusammengeschlossenen Länder, Lumumba Stanislaus Di-Aping, reagierte am Mittwoch mit einer entsprechenden Ankündigung in Kopenhagener Medien auf Äußerungen von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Dieser hatte erklärt, es sei auch ein Abkommen ohne langfristige Finanzzusagen denkbar.

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