Dumpinglöhne

Amazon kündigt Sicherheitsdienst

18.02.2013

Amazon-Mitarbeiter sollen auf Schritt und Tritt kontrolliert worden sein.

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Der Internet-Versandhändler Amazon hat seinen umstrittenen Sicherheitsdienst in Deutschland gekündigt und damit Konsequenzen aus dem Vorwurf unwürdiger Arbeitsbedingungen gezogen. "Amazon hat veranlasst, dass die Zusammenarbeit mit dem kritisierten Sicherheitsdienst mit sofortiger Wirkung beendet wird", erklärte eine Amazon-Sprecherin am Montag.

"Als verantwortungsvoller Arbeitgeber von rund 8.000 festangestellten Logistikmitarbeitern hat Amazon eine Null-Toleranz-Grenze für Diskriminierung und Einschüchterung - und wir erwarten das Gleiche von allen Unternehmen, mit denen wir arbeiten." Weitere Fragen zu den Arbeitsbedingungen beantwortete Amazon zunächst nicht.

Schikanierte Leiharbeiter
Die ARD hatte berichtet, ausländische Mitarbeiter von Amazon seien von dem Sicherheitsdienst H.E.S.S. auf Schritt und Tritt kontrolliert worden. Die Firma soll demnach Kontakte in die Neonazi-Szene haben. Mitarbeiter hätten neonazi-typische Kleidungsmarken getragen, und der Geschäftsführer der Firma zeige sich auf Fotos im Internet mit verurteilten Rechtsextremen, berichteten die ARD-Journalisten. H.E.S.S. erklärte in einer Stellungnahme, es sei ein politisch und weltanschaulich neutrales Unternehmen und weise Verbindungen zum Rechtsextremismus zurück.

Amazon war in dem Bericht wegen menschenunwürdiger Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern in seinem Versandlager im hessischen Bad Hersfeld kritisiert worden. Demnach wurden während des Weihnachtsgeschäfts Leiharbeiter aus Spanien und Polen in überbelegten Ferienwohnungen untergebracht, schlechter bezahlt als versprochen und stundenlang in Bussen hin und her gefahren. Die Sozialbeiträge für die Beschäftigten seien nicht korrekt abgeführt worden.

Das deutsche Arbeitsministerium hat im Zusammenhang mit den katastrophalen Arbeitsbedingungen an deutschen Amazon-Standorten die deutsche Tochter der niederösterreichischen Leiharbeitsfirma Trenkwalder im Visier. Die Sonderprüfung, die bereits am Donnerstag eingeleitet wurde, betreffe Trenkwalder, bestätigte eine Sprecherin von Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Montagnachmittag.

Was es genau bedeuten würde, wenn Trenkwalder in Deutschland die "Lizenz" verlieren würde, sagte die Sprecherin nicht. Es gelte, was die Ministerin gesagt habe.

Die Sonderprüfung wird von der Bundesagentur für Arbeit (BA) durchgeführt, Ergebnisse werden noch diese Woche erwartet. Es werde nur eine Firma, also Trenkwalder, geprüft, so das Arbeitsministerium.

Von Trenkwalder hieß es, "dass wir zum jetzigen Zeitpunkt zu dem Thema 'ARD Reportage Amazon' keinen Kommentar abgeben".

Heftige Kritik an Amazon
Amazon wird in Deutschland wegen seiner Arbeitsbedingungen heftig kritisiert. Der deutsche Enthüllungsjournalist Günter Wallraff warf dem Konzern am Montag "grausamste Arbeitsbedingungen" vor. "Über die Arbeiter wird verfügt wie über Leibeigene", sagte Wallraff. Aus Zuschriften von Betroffenen gehe hervor, dass diese von Kameras überwacht, schon bei kleinen Verschnaufpausen zum Vorgesetzten zitiert würden und mit Repressalien rechnen müssten. In Einzelfällen durften Wallraff zufolge Medikamente, die etwa Diabetiker brauchten, nicht mit ins Lager genommen werden.

Harsche Kritik der "IG Autorinnen Autoren"
Auch die heimische Interessensvertretung "IG Autorinnen Autoren" übt harsche Kritik am Online-Händler Amazon: "Amazon ist alles andere als ein Buchhändler, der dem Buch gerecht wird", heißt es am Montag in einer Aussendung der IG Autoren.

Amazon beanspruche größere Handelsspannen für sich, als sie sonst im Buchhandel üblich sind, schreibt Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autoren Autorinnen. "Seit einiger Zeit" sei bekannt, dass Amazon Niedrigstpreise auch dadurch ermögliche, dass der Firmensitz in ein Steuerparadies verlegt wurde, "also durch die Nichtentrichtung von Steuern, mit denen andere zur Finanzierung der allgemein notwendigen Aufgaben beitragen".

 Inklusive dem aktuellen Vorwurf der schlechten Bezahlung von Leiharbeitern meint Ruiss: "Die Preise und Konditionen von Amazon entstehen also genauso durch steuerliche Umgehungen wie durch Lohndumping bzw. modernes Arbeitssklaventum". Und weiter: "Amazon umgeht und unterhöhlt systematisch alle Regeln und Gesetze". Die Anstrengungen von Amazon zur Durchsetzung seines E-Books Kindle habe die IG Autoren Autorinnen "bisher nur für eine besonders aggressive Art des Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit zur Verdrängung der Konkurrenz gehalten, inzwischen wissen wir, hinter dieser Vermarktung und PR steckt eine finstere Realität der Ausbeutung von Menschen und Ressourcen".





 
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