Geheimplan geleakt

Amazon will über 600.000 Arbeitsplätze durch Roboter ersetzen

24.10.2025

Amazon setzt seit Jahren auf Roboter, um seine Lager effizienter zu gestalten. Schon jetzt arbeiten über eine Million Maschinen im Unternehmen – fast genauso viele wie die rund 1,56 Millionen menschlichen Angestellten (weltweit). 

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Experten gehen davon aus, dass die Zahl der Roboter bald die der Menschen übertreffen wird.

Roboter als Helfer – und Ersatz

Amazon betont, dass die Einführung der Technik die Arbeit produktiver machen und neue, besser bezahlte Jobs schaffen soll. Manche Beschäftigte loben die Roboter dafür, dass sie schwere und monotone Arbeiten übernehmen. Gleichzeitig warnten Fachleute schon lange, dass die wahren Ziele des Unternehmens tiefer gehen könnten – nun gibt es Hinweise, die dies bestätigen. Interviews und geleakte Dokumente zeigen, dass Amazon plant, über 600.000 Arbeitsplätze durch Maschinen zu ersetzen, berichtet die New York Times. Langfristig soll laut internen Plänen rund 75 Prozent aller Abläufe im Unternehmen automatisiert werden. Die Berechnung dahinter ist simpel: Jedes verarbeitete und verschickte Produkt könnte dadurch um etwa 30 Cent günstiger werden.

Risiken für Arbeitsplätze

Die Pläne des Online-Riesen sind ein deutliches Zeichen dafür, dass künstliche Intelligenz und Automatisierung zunehmend Jobs gefährden, nicht nur in Lagern, sondern auch bei wissensbasierten Tätigkeiten. Als einer der größten privaten Arbeitgeber in den USA hat Amazon die Mittel, Standards zu setzen, die langfristig auch andere Unternehmen nachahmen könnten. Daron Acemoglu, Professor am MIT und Experte für Automatisierung, erklärt: „Kein anderes Unternehmen hat denselben Anreiz wie Amazon, Wege zur Automatisierung zu finden. Wenn es profitabel umgesetzt wird, werden andere folgen.“

Weniger Menschen, mehr Technik

Ein Schlüssel der Strategie ist, die Neueinstellungen stark zu bremsen, obwohl Amazon erwartet, bis 2033 doppelt so viele Produkte zu verkaufen. In manchen Lagern, wie in Stone Mountain (USA), soll die Belegschaft durch natürliche Fluktuation reduziert werden. Ziel ist, dass manche Lager in Zukunft fast ohne menschliche Hilfe funktionieren. Das Lager in Shreveport (Louisiana, USA) dient als Testgebiet. Dort arbeiten bereits rund 1.000 Roboter. Laut New York Times werden Produkte nach dem Verpacken kaum noch von Menschen berührt. Dokumente zeigen, dass die Anzahl der menschlichen Beschäftigten dort im vergangenen Jahr rund 25 Prozent niedriger war als ohne die Roboter.

In internen Plänen für 2025 heißt es: „Mit diesem wichtigen Meilenstein vor Augen sind wir zuversichtlich, die Neueinstellungen bei Amazon in den nächsten zehn Jahren reduzieren zu können.“ Shreveports Modell soll bis Ende 2027 auf 40 weitere Lager ausgeweitet werden. In Stone Mountain könnten dadurch bis zu 1.200 Stellen wegfallen.

Öffentlichkeitsarbeit und Imagepflege

Amazon ist sich bewusst, wie negativ solche Pläne wirken. Geleakte Dokumente zeigen, dass der Konzern versucht, Begriffe wie „Automatisierung“ oder „KI“ zu vermeiden. Stattdessen sollen neutral klingende Worte wie „fortschrittliche Technologie“ oder „Cobot“ (Mischwort aus Roboter und Zusammenarbeit) verwendet werden. Zudem gibt es Strategien, das Image des Unternehmens zu pflegen, zum Beispiel durch Teilnahme an Wohltätigkeitsaktionen oder Gemeinschaftsprojekten.

Reaktionen und Zukunftsaussichten

Ein Sprecher von Amazon erklärte, dass die Dokumente nicht die generelle Einstellung des Unternehmens widerspiegeln und nur die Sichtweise einer Gruppe zeigen. Amazon plant zudem, für die Weihnachtssaison 250.000 Menschen einzustellen (wie viele davon langfristige Stellen sind, blieb unklar). Trotz des massiven Personalwachstums während der Pandemie – die Zahl der Beschäftigten ist inzwischen dreimal so hoch wie 2018 – bleibt ungewiss, wie sich die Automatisierung langfristig auf die Arbeitsplätze auswirken wird. Acemoglu warnt: „Wenn Amazons Pläne umgesetzt werden, könnte einer der größten Arbeitgeber der USA mehr Jobs vernichten als schaffen.“ 

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