Opel: GM spielt auf Zeit

11.11.2009

In Berlin sollen am Mittwoch (11. November) die Verhandlungen zwischen deutscher Regierung und dem US-Konzern General Motors (GM) über die Sanierung von Opel fortgesetzt werden. In der Hauptstadt wird GM-Vize John Smith erwartet. Details über die von GM geplanten Stellenstreichungen in Deutschland wird Smith aber noch nicht auf den Tisch legen können. GM-Chef Fritz Henderson hatte in Rüsselsheim angekündigt, der Autobauer könne den europäischen Regierungen sein Konzept erst in einigen Wochen vorlegen. "Zuerst müssen wir uns mit den Betriebsräten auf einen Restrukturierungsplan einigen."

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Seit dem Platzen der Opel-Übernahme durch Magna vergangene Woche wären es die ersten direkten Gespräche zwischen der Regierung und dem GM-Management. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte in ihrer Regierungserklärung klar gemacht, dass GM den Großteil der Sanierungskosten in Milliardenhöhe selbst bezahlen muss. Zugleich dämpfte sie die Hoffnung des US-Autobauers auf üppige Staatshilfen.

Die Kanzlerin kritisierte GM für das Verhalten in den vergangenen Monaten scharf. Henderson entschuldigte sich in Fernsehinterviews der ARD/Tagesthemen und des ZDF heute journals für die Vorgehensweise in der vergangenen Woche, als GM überraschend den Opel-Verkauf an Magna absagte. Er zog auch die Drohung des Konzerns zurück, dass Opel vor der Insolvenz stehe, wenn die Beschäftigten nicht zu Zugeständnissen bereit seien. "Eine Insolvenz ist nicht notwendig und auch nicht wahrscheinlich", sagte Henderson in der ARD.

Mehr Eigenständigkeit versprochen

Der GM-Chef hatte dem Opel-Betriebsrat mehr Eigenständigkeit versprochen. Opel solle in Europa wieder zu alter Stärke geführt werden, mit "einem hohen Maß an Unabhängigkeit und Eigenständigkeit innerhalb des GM-Konzerns". Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz verlangte erneut die Umwandlung von Opel in eine Aktiengesellschaft.

Bisher deutet aber wenig darauf hin, dass GM Opel tatsächlich in eine eigenständige Gesellschaft ausgliedert und damit die Forderungen der Arbeitnehmervertreter erfüllt. "Ich schaue mir gerne Alternativen an. Aber ich bin mir einfach nicht sicher, ob das (die AG) der richtige Weg ist, um erfolgreich zu werden", sagte Henderson. Auch den Globalisierungsvisionen von Franz erteilte Henderson eine Abfuhr. "Opel ist eine Regionalmarke, eine starke europäische Marke. Ich sehe nicht, dass sich das ändert."

Suche nach neuem Opel-Chef

Seit Dienstag (10. November) führt GM-Manager Nick Reilly, der bei GM auch für das internationale Geschäft verantwortlich ist, das Europageschäft rund um Opel. Er soll die Marke mit dem Blitz als Nachfolger von Carl-Peter Forster aus der Krise führen, aber schon in einigen Monaten wieder abgelöst werden. GM hat die externe Suche nach einem neuen Opel-Chef um ein europäisches Führungsteam bereits begonnen. Dies könne einige Monate dauern, sagte Henderson. Ein geeigneter Kandidat für den Führungsposten müsse deutsch sprechen können, eine Herausforderung suchen und "einen Sinn für Abenteuer haben".

Der beim Kauf von Opel unterlegene Bieter Magna steht nach Informationen der "Welt" weiter als industrieller Partner für den Autobauer zur Verfügung. Auch wenn Opel Teil von GM bleibe, seien "verschiedene Ebenen der Partnerschaft denkbar", zitierte die Zeitung aus dem Unternehmensumfeld der Austro-Kanadier. Unter anderem sei es möglich, bei der Entwicklung neuer Modelle zusammenzuarbeiten. "Noch ist nichts beschlossen, aber es gibt entsprechende Signale von GM, dass man dafür aufgeschlossen ist", zitierte "Die Welt". Das Unternehmen wolle sich aber nicht am Autobauer Opel beteiligen: "Das wird es nicht geben, wir müssen unser Zuliefer-Geschäft und den Automobilbau strikt trennen, sondern verlieren wir wichtige Kunden", wurde ein Magna-Manager zitiert.

Pröll: Strukturreform gemeinsam umsetzen

Den europäischen Opelländern werde jetzt nichts anderes übrig bleiben, als gemeinsam mit dem Opel-Eigentümer General Motors (GM) die Strukturreformen in Europa umzusetzen, sagte Finanzminister Josef Pröll (V) bei einem Pressegespräch in Wien.

Bezüglich einer möglichen Hilfe des österreichischen Staates gelte für GM dasselbe, was auch für Magna gegolten hätte. Eventuelle Haftungsübernahmen müssten mit dem Unternehmensliquiditätssicherungsgesetzes (ULSG) in Einklang stehen.

Erste Quartalszahlen nach Neustart

GM gibt erstmals nach ihrem Neustart wieder Einblick in ihre Bücher. Konzernchef Fritz Henderson will an diesem Montag (16. November) am GM-Stammsitz in Detroit (Michigan) die Zahlen für das dritte Quartal präsentieren. Erwartet wird erneut ein Verlust.

Der größte US-Autobauer hatte Mitte Juli in einem unerwartet schnellen Insolvenzverfahren enorme Altlasten abgeworfen. Die US-Regierung stützte GM mit rund 50 Mrd. Dollar (33,3 Mrd. Euro). Der  Staat hält nun die Mehrheit.

Da GM inzwischen auch nicht mehr an der Börse notiert ist, muss der Konzern eigentlich auch keine Bilanzzahlen mehr preisgeben. Die US-Regierung will den Autobauer aber so schnell wie möglich wieder an die Börse fahren, um ihr Geld zurückzubekommen. Investoren wollen dafür jedoch in Zahlen wissen, wie es um das Unternehmen steht.

Henderson und der laut Medienberichten scheidende GM-Finanzchef Ray Young wollen die Quartalsergebnisse bei einer Pressekonferenz vorstellen, wie GM mitteilte. Mit Spannung werden dabei auch Aussagen zum Sanierungskurs für die deutsche Tochter Opel erwartet. Die Veranstaltung wird unter anderem live im Internet übertragen.

Die EU-Kommission hat die wettbewerbsrechtliche Prüfung der - inzwischen geplatzten - Übernahme von Opel durch Magna und die russische Sberbank eingestellt. Die Unternehmen hätten den Antrag auf Überprüfung zurückgezogen, teilte die EU-Wettbewerbshüter am Donnerstag in Brüssel mit. Die Untersuchung sollte bis zum 27. November laufen.

GM rechnet weiter mit deutscher Staatshilfe

Ungeachtet der kritischen Haltung Berlins rechnet der GM weiterhin fest mit deutscher Staatshilfe für die Sanierung von Opel. "Das Unternehmen geht davon aus, dass die Unterstützung, die von den Regierungen für den mit Magna erarbeiteten Plan zugesagt war, grundsätzlich auch in der neuen Konstellation verhandelbar ist, da auch das GM-Konzept einen ähnlichen Ansatz verfolgt", sagte ein GM-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur dpa in Frankfurt.

Bevor GM öffentlich die Details zu den angestrebten Hilfen in den einzelnen Standortländern diskutiert, wolle der Konzern den Opel- Zukunftsplan aber zuerst den Regierungen vorstellen. GM-Chef Fritz Henderson hatte am Dienstag gesagt, das Konzept könne den europäischen Regierungen erst in einigen Wochen vorgelegt werden. Zuerst müsse sich GM mit den Betriebsräten auf einen Restrukturierungsplan einigen.

GM hat den Finanzierungsbedarf für die Opel-Sanierung inzwischen auf 3,3 Milliarden Euro beziffert. Zunächst war von 3,0 Milliarden Euro die Rede gewesen. Die höhere Summe sei gegenüber der ersten Kalkulation genauer spezifiziert worden und liege noch immer deutlich unter den zuvor vom zurückgewiesenen Investor Magna errechneten 4,5 Milliarden Euro.

Nach einem Gespräch mit dem neuen Europa-Chef Nick Reilly und GM- Vize John Smith in Berlin hatte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) gesagt, er erwarte, dass GM die Finanzierung grundsätzlich selbst aufbringt. Zuvor hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Hoffnung des US-Autobauers auf üppige Staatshilfen gedämpft. GM müsse den Hauptanteil der Restrukturierung mit eigenen Mitteln tragen.

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