Ausbau

bwin will bald in den USA pokern

31.08.2011

Der Personalstand in Wien ist unterdessen um rund 100 Mitarbeiter gesunken.

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Der börsenotierte Internet-Sportwettenanbieter bwin.party wartet nach wie vor auf die Öffnung des US-amerikanischen Online-Pokermarkts und hofft, vom Vorgehen der US-Justiz gegen die drei großen Konkurrenzplattformen Full Tilt Poker, PokerStars und Absolute Poker auch längerfristig profitieren zu können. Full Tilt musste seinen Betrieb bereits gänzlich einstellen - "wir glauben, das könnte so bleiben", sagte bwin.party-Co-CEO Norbert Teufelberger am Mittwoch zur APA. Bisher seien rund 15 Prozent der Full-Tilt-Spieler zu bwin.party gewandert, der Rest sei wahrscheinlich zu PokerStars gegangen.

 "Wir müssen abwarten, was sich bei PokerStars tut", so Teufelberger. PokerStars habe zwar wie Full Tilt sein US-Geschäft einstellen müssen, agiere aber in Europa "nach wie vor sehr erfolgreich". Von daher sei es "schwer abschätzbar", ob die früheren Full-Tilt-Kunden "auch bei uns weiterspielen".

In den USA ist Online-Glücksspiel eigentlich seit 2006 verboten, dennoch verzocken die Amerikaner Milliarden auf diversen Internetportalen. Am 15. April - der Tag gilt in der Branche als "Schwarzer Freitag" - wurden die drei großen Pokerportale zugedreht, Full Tilt Poker, PokerStars und Absolute Poker sind wegen Geldwäsche, Betrugs und illegalen Glücksspiels angeklagt. "Drei Personen wurden eingesperrt, acht sind nach wie vor flüchtig", sagte Teufelberger.

Partnersuche
Der austro-britische Anbieter bwin.party ist indes nach wie vor auf der Suche nach einem Partner für die USA. Konkretes wollte sich Teufelberger aber nicht entlocken lassen. "Wir werden einen starken Partner haben" und "verhandeln mit vielen". Genaueres wolle man erst bekanntgeben, wenn ein entsprechendes Gesetz verabschiedet wird. Bisweilen sei offen, ob Poker auf Basis eines Bundesgesetzes erlaubt wird oder auf Bundesstaatenebene. Heuer wird daraus aber eher nichts mehr werden. "Die Chance, dass es noch dieses Jahr kommt, liegt bei 30 Prozent", meinte Teufelberger.

Unklar - und daher für bwin.party nicht unbedingt zufriedenstellend - ist die gesetzliche Situation auch in vielen europäischen Märkten. In Deutschland etwa, wo seit Monaten um einen neuen Glücksspielvertrag gerungen wird, "kann es in alle Richtungen gehen", so Teufelberger. Im Juli äußerte die EU-Kommission Bedenken gegen den Entwurf von 15 deutschen Bundesländern - Brüssel will vor allem das deutsche Sportwettenmonopol knacken, an dem die Länder wegen der hohen Einnahmen vehement festhalten. "Wir nehmen an, dass es jetzt hitzige Diskussionen geben wird, wie man auf die Kritik reagiert", so Teufelberger. Fraglich sei auch, ob Schleswig-Holstein, dessen Gesetzesentwurf von der Kommission für gut befunden worden sei, "alleine den Vorstoß wagt und ein eigenes Gesetz beschließt oder versucht, in den anderen Ländern eine Mehrheit zu finden". Teufelberger bezweifelt mittlerweile, dass der Zeitplan, mit 1. Jänner 2012 einen neuen Glücksspielvertrag zu haben, hält.

Hoffen auf Liberalisierung
Mittel- bis langfristig werde es jedoch auch in Deutschland "eine Lösung" geben müssen, so Co-Vorstand von bwin.party. In den umliegenden Ländern habe die Liberalisierung ja schon begonnen. Nun habe sich auch Spanien entschlossen, Internet-Sportwetten, -Casino, -Bingo und -Poker zu erlauben; in Dänemark werde es in Kürze so weit sein. In Italien, das schon früh mit der Öffnung des Glücksspielmarkts begonnen hat, seien seit Mitte Juli auch sogenannte Poker Cash Games im Internet erlaubt, was bwin.party kunden- und umsatzmäßig "sehr geholfen" habe. "70 Prozent des Pokergeschäfts kommen traditionell aus den Cash Games, der Rest aus Turnieren", erläuterte Teufelberger.

Die von privaten Anbietern massiv lobbyierte Marktöffnung hat aber auch eine Kehrseite für die Unternehmen, und zwar mehr Steuern. bwin.party bekam dies im ersten Halbjahr massiv zu spüren, fielen doch heuer gleich in Frankreich, Spanien und Österreich neue Abgaben an. Die meisten Online-Wettanbieter bieten ihre Dienste nicht nur aus rechtlichen, sondern aus steuerlichen Gründen von Ländern wie Gibraltar oder Malta aus an - rein technisch gesehen.

Weniger Jobs in Wien
bwin.party etwa hat seinen Firmensitz auf der britischen Mittelmeerenklave Gibraltar und notiert an der Londoner Börse. Die über 3.100 Mitarbeiter des Konzerns sind verstreut über Europa, Israel, die USA und Indien. In Indien beschäftigt bwin.party derzeit rund 600 Personen - hauptsächlich IT-Spezialisten - und es sollen noch mehr werden, bekräftigte Teufelberger. Befürchtungen, dass der Standort Wien, die Heimat von bwin, mit der Fusion sukzessive ausgedünnt wird, zerstreute Teufelberger erneut. Er räumte aber ein, dass der Personalstand "leicht gesunken" sei, und zwar um rund 100 Mitarbeiter. Es arbeiteten aber immer noch rund 700 Personen für bwin.party in Wien. "Natürlich hat es Veränderungen gegeben. Wien ist nach wie vor ein großer Standort der Gruppe", zum Beispiel seien die Sportwettentechnologie, die Zahlungsabwicklung sowie ein Teil des Marketings in der Bundeshauptstadt angesiedelt.

Zuversicht
bwin.party bleibt für das Gesamtjahr trotz des großen Verlusts im Halbjahr und des massiven Ebitda-Rückgangs zuversichtlich. "Wir fühlen uns wohl mit den Analystenerwartungen", sagte Teufelberger. Diese sehen das bereinigte Ebitda für 2011 im Schnitt bei knapp 180 Mio. Euro.

Die Aktionäre dürften mit den Halbjahreszahlen zufrieden sein: Die bwin.party-Aktie legte bis kurz vor Mittag um 14,2 Prozent auf knapp 126 Pence zu.

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