Euro im Aufwind

Der Fluch der starken Währung

30.01.2013

Eurokurs überschritt heute erstmals seit Ende 2011 die Marke von 1,35 US-Dollar.

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Von seinem Rekordhoch von annähernd 1,60 Dollar Mitte 2008 ist der Euro zwar noch weit entfernt. Das aktuelle Niveau von 1,35 Euro bereitet aber auch schon Kopfzerbrechen - eine Schattenseite der Beruhigung in der Euro-Schuldenkrise.

Kuriose Finanzwelt: Endlich haben Europas Krisenmanager das Vertrauen in den Euro wieder halbwegs hergestellt. Die Gemeinschaftswährung gewinnt gegenüber anderen wichtigen Devisen massiv an Wert. Am Mittwoch kletterte sie erstmals seit Ende 2011 über die Marke von 1,35 US-Dollar. Doch das ist einigen Volkswirten und Politikern auch wieder nicht recht. Denn eine starke Währung macht Exporte teuer. Ereilt den Euro damit der Fluch der starken Währung?

"Nicht viele Länder streben heutzutage nach einem hohen Wechselkurs", sagt Mohamed El-Erian, Chef des weltgrößten Anleiheinvestors Pimco. Eine starke Währung ist zwar ein Vertrauensnachweis der Märkte und verbilligt Importe, kann aber schnell lästig werden. Denn mit dem steigenden Außenwert der Devise verteuern sich die Waren der Exporteure - ein entscheidender Nachteil in Zeiten der Globalisierung.

Gerade die Sorgenkinder der Euro-Gemeinschaft könnten aber einen niedrigeren Wechselkurs gut gebrauchen, um wettbewerbsfähiger zu werden. Da die harten Sparmaßnahmen die Binnennachfrage in der Eurozone stark belasten, sind die Ausfuhren in den Rest der Welt umso wichtiger für sie. "Eine der größten Bedrohungen für ein konstruktives Szenario wäre eine substanzielle Euro-Aufwertung", sagt Europa-Chefvolkswirt Jürgen Michels von der Citigroup.

Genau deshalb hatte der französische Finanzminister Pierre Moscovici erst am Freitag Alarm geschlagen. Das Niveau des Euro sei hoch und bereite damit "einige Probleme". Noch deutlicher war zuvor bereits Jean-Claude Juncker geworden: "Der Euro-Wechselkurs ist gefährlich hoch", warnte der Luxemburger, kurz bevor er sein Amt als Eurogruppenchef Anfang der vergangenen Woche an den Niederländer Jeroen Dijsselbloem abgab.

Analysten der Deutschen Bank haben anhand eines Modells berechnet, wann die Eurozone an die "Schmerzgrenze" gerät. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Währungsraums ab einem Eurokurs von 1,37 US-Dollar leidet. Die "Gefahrenzone" sei bereits erreicht. Deutlich entspannter betrachten indes die Kollegen der italienischen Großbank UniCredit die Lage. Kursniveaus von bis zu 1,40 Dollar seien bis Jahresende zu erwarten und stellten kein ernsthaftes Risiko für die wirtschaftliche Erholung dar, heißt es dort.

Dass die Gemeinschaftswährung bei Investoren überhaupt wieder so gefragt ist, schreiben Fachleute vor allem Mario Draghi zu, dem Chef der Europäischen Zentralbank (EZB). Seitdem er im vergangenen Jahr versprochen hat, "alles Notwendige" zu tun, um den Euro zu retten, geht es wieder bergauf - wenngleich sehr mühsam. Denn auch wenn einige Frühindikatoren zuletzt etwas Mut machten - das konjunkturelle Bild bleibt trüb, die Eurozone ist weiter in dauerhafter Rezessionsgefahr.

"Es ist mittlerweile genug der Euphorie", sagt Experte Eugen Keller vom Bankhaus Metzler deshalb mit Blick auf den jüngsten Euro-Kursauftrieb. Die Misere im Euroraum sei noch nicht ausgestanden, zudem drohten einige Krisenländer bereits wieder in Lethargie zu verfallen, kaum dass sich die Finanzmärkte etwas beruhigten. "Der kleine zyklische Aufschwung steht auf sehr wackligen Beinen."

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