"Auf Finger klopfen"

EU-Staaten für striktere Haushaltsregeln

21.05.2010

Künftig soll es mehr Sanktionen gegen Defizit-Sünder geben.

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In der größten Krise seit ihrem Bestehen bringt die Europäische Union nach dem Rettungsschirm für hochverschuldete Mitgliedstaaten nun auch eine solidere Haushaltspolitik auf den Weg. Die Finanzminister der EU-Staaten verständigten sich über die grundsätzlichen Ziele wie eine striktere Kontrolle der Haushaltspolitik und eine engere Verzahnung der Wirtschaftspolitik.

Tiefgreifende Reformen

Mit tiefgreifenden Reformen sollen die EU-Staaten jetzt einen glaubwürdigen Sanierungspfad einschlagen. Bei der ersten Sitzung der EU-Finanzminister in der Arbeitsgruppe unter Leitung des EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy legten die Minister neben den grundsätzlichen Zielen auch einen Kurs fest, wie diese umgesetzt werden sollen. Auf Vorschlag Frankreichs wollen sich die EU-Staaten kurzfristige Änderungen im Rahmen des bestehenden Rechts so schnell wie möglich vornehmen. Doch soll auch über weitergehende Konsequenzen gesprochen werden, für die eine Änderung des EU-Vertrages nötig wäre. Es habe hierüber ein hohes Maß an Einigkeit geherrscht, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

Es stehe fest, dass es in Zukunft mehr Sanktionen gegen Defizitsünder geben werde als bisher im Pakt vorgesehen, sagte Van Rompuy. Der Sinn für die Dringlichkeit der Reformen sei so groß, dass auch Wahltermine die Euro-Staaten nicht von einem schnelleren Abbau ihrer Verschuldung abhalten werde.

Änderung des EU-Vertrags?

Finanzminister Josef Pröll hat eine neuerliche EU-Vertragsänderung zur Verschärfung der Spielregeln in der EU und in der Eurozone als Folge der Griechenland- und Schuldenkrise nicht ausgeschlossen. In Hinblick auf Sanktionen für Defizitsünder plädierte Pröll dafür, "ganz unvoreingenommen und ohne Tabus an alle Möglichkeiten heranzugehen". Österreich habe klar gemacht, dass es mit den Vorschlägen der EU-Kommission und Deutschlands leben könne. Es sei wichtig, dass die EU "offensiv" an diese Reform herangehe, sagte Pröll.

Die Arbeitsgruppe soll sich bis Oktober auf konkrete Änderungen einigen. Ein Zwischenbericht soll zum Gipfeltreffen der EU-Staats-und Regierungschefs Mitte Juni vorgelegt werden. Van Rompuy bekräftigte diesen ehrgeizigen Zeitplan und kündigte an, vor der Sommerpause werde es noch zwei Treffen der Arbeitsgruppe geben. Das nächste Mal am 7. Juni am Rande des regulären Treffens der Eurogruppe und des Ecofin in Luxemburg.

Zahlreiche deutsche Vorschläge

Neben der EU-Kommission, die das alleinige Vorschlagsrecht für Gesetze in der EU hat, erarbeitete auch die deutsche Bundesregierung einen Katalog von Reformvorschlägen. Beide Konzepte stimmen in weiten Teilen überein und fordern, die EU-Haushaltsregeln verbindlich in der nationalen Haushaltsplanung zu verankern, Strafen beim Überschreiten der Drei-Prozent-Defizitgrenze zu verschärfen und früher zu verhängen oder den Gesamtschuldenstand stärker zu beachten. Frankreichs Wirtschaftsministerin Christine Lagarde sagte, Deutschlands Ideen seien interessant und gingen in die richtige Richtung.

Einige Forderungen der Bundesregierung gehen aber über den Plan der Kommission hinaus, etwa der Entzug des Stimmrechts im Finanzministerrat für mindestens ein Jahr für Länder, die wiederholt Schuldenlimits reißen. Während die Bundesregierung fordert, auch Änderungen des EU-Vertrages nicht zu scheuen, will sich die Kommission auf Anpassungen des bestehenden Rechts beschränken. Viele EU-Staaten scheuen nach dem jahrelangen Ringen um den EU-Vertrag von Lissabon die langwierige Prozedur einer erneuten Vertragsänderung.

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