EZB: Umsteuern in Geldpolitik steht nicht an

29.07.2009

EZB-Vizepräsident Lucas Papademos hat Inflationsbefürchtungen wegen der krisenbedingt sehr großzügigen Geldversorgung der Märkte durch die Notenbank gedämpft. "Die Art und Weise, wie wir die Liquidität in den Markt gegeben haben, macht es zumindest von der Konzeption her einfach, sie wieder zurückzuholen", sagte Papademos dem "Handelsblatt". Dafür gebe es mehrere geeignete Instrumente.

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Der Abzug von Liquidität müsse allmählich laufen. Wann umgesteuert werde, wie die Märkte informiert werden müssten und einige technische Fragen seien zuvor zu klären. Auf die Frage, ob er einen Zeitpunkt für das Umsteuern im Auge habe, sagte Papademos: "Keinen genauen." Er machte deutlich, dass sich die EZB von der Politik nicht unter Druck setzen lassen werde.

"Wann und wie schnell die EZB Liquidität abziehen wird, hängt davon ab, wie wir mittel- bis langfristig die Preis- und Inflationsentwicklung einschätzen", sagte der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB). "Im Moment gehen wir davon aus, dass der Inflationsdruck auf mittlere Sicht gedämpft bleibt." Für 2010 werde allgemein eine Teuerungsrate von rund einem Prozent erwartet, deutlich weniger als die EZB-Stabilitätsmarke von knapp zwei Prozent.

Zentralbankgeld zum festen Notenbankzins

Aktuell stehe das Umsteuern nicht an. Nach allen Informationen und den Analysen der EZB gebe es "keine Veranlassung, unmittelbar den Abzug ins Auge zu fassen", sagte er. Die Notenbank habe sich erst einmal festgelegt, "zumindest über das Jahresende hinaus" weiter Zentralbankgeld zum festen Notenbankzins zur Verfügung zu stellen. Alles andere hänge von der Stärke und Geschwindigkeit der wirtschaftlichen Erholung ab.

So gehe es etwa darum, wie schnell die Wachstumsrate im Euro-Raum sich wieder an das Potenzialwachstum annährt, bis zu der die Wirtschaft inflationsfrei wachsen kann. "Sie müssen aber bedenken, dass die künftige Potenzialwachstumsrate niedriger sein kann", mahnte Papademos. Der richtige Zeitpunkt für die Umsetzung der Exit-Strategie lasse sich nicht vorhersagen. Wichtig sei vor allem die Einschätzung der künftigen Inflationsdynamik und der entsprechenden Risiken.

Papademos versprach den Märkten eine rechtzeitige Vorbereitung auf den Zeitpunkt des Umsteuern der EZB durch eine entsprechende Informationspolitik. "Wir werde mit Sicherheit nicht an einem Tag eine Entscheidung treffen und sie am nächsten Tag umsetzen", sagte er. Man werde das den Märkten "mit einem ausreichenden Vorlauf" ankündigen.

Politischen Druck auf die EZB bei diesem Thema wollte Papademos nicht ausschließen, doch werde die Notenbank darauf nicht reagieren. "Auf jeden Fall werden wir die Entscheidung treffen, die wir für angemessen halten, um unser Ziel zu erreichen", sagte er. "Die Politiker werden unsere Entscheidung nicht beeinflussen", stellte er klar und ergänzte: "Politiker sind nie für steigende Zinsen".

Kreditkonditionen haben sich nicht verschärft

Unterdessen haben such die Kreditkonditionen in der Euro-Zone einer EZB-Studie zufolge im Frühjahr nicht weiter verschärft. Nur noch gut ein Fünftel der 118 befragten Institute gab an, die Konditionen angezogen zu haben. Im ersten Quartal hatten noch 43 Prozent angegeben, strengere Kriterien bei der Darlehensvergabe angelegt zu haben. Im dritten Quartal wollen unter dem Strich nur noch zwölf Prozent der Banken ihre Standards für Firmen verschärfen.

Auch bei den Konditionen für Verbraucherkredite habe sich die Lage entspannt. Die Kreditnachfrage der Unternehmen hat den EZB-Umfragedaten zufolge nachgegeben - allerdings nicht mehr so schnell wie im ersten Quartal.

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