G-7-Krisentreffen

Märkte spekulieren über Krisen-Aktionen

05.06.2012

Minister: Märkte de facto für Spanien geschlossen.

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© Reuters
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Begleitet von einem Alarmruf Spaniens haben die sieben wichtigsten Industrienationen (G-7) in einer kurzfristig anberaumten Konferenz über Schritte zur Entschärfung der Schuldenkrise gerungen. In einem dramatischen Eingeständnis räumte die Regierung in Madrid offen Probleme bei der Kreditaufnahme an den Finanzmärkten ein.

Die Märkte seien zu den derzeitigen Zinsen de facto für Spanien nicht mehr zugänglich, sagte Finanzminister Cristobal Montoro. Die Märkte werteten dies als weiteren Hinweis darauf, dass Spanien die EU um Finanzhilfe bitten wird. Bei der G-7-Telefonkonferenz wollten Teilnehmer nach Angaben eines Insiders den Druck auf Deutschland erhöhen, mehr zur Stimulierung des Wachstums zu tun.

   Details zum genauen Inhalt der G-7-Gespräche wurden zunächst nicht bekannt. Japan erklärte im Anschluss an die Konferenz lediglich, die G-7 seien sich darin einig, die Probleme in Spanien und Griechenland gemeinsam anzugehen. Die US-Regierung gab bekannt, die Fortschritte auf dem Weg zu einer Fiskalunion in Europa seien unter anderen Thema der Gespräche gewesen. An den Gesprächen sollten Finanzminister und führende Zentralbankvertreter aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan und Kanada teilnehmen.

Ein in die G-7-Prozesse eingebundener Regierungsvertreter sagte Reuters vor Beginn der Gespräche, er rechne mit neuen Forderungen an Deutschland. Die Regierung in Berlin werde eine Menge Kritik einstecken müssen, hieß es. Aus dem Kreis anderer Industrieländer war wiederholt gefordert worden, Deutschland müsse seinen Binnenkonsum stärken und mehr Waren importieren, um die Weltwirtschaft zu stützen. Die deutsche Regierung ist zwar zur Ankurbelung des Wachstums etwa über eine Kapitalerhöhung der Europäischen Investitionsbank (EIB) und Strukturreformen bereit. Direkte staatliche Konjunkturhilfen zulasten neuer Schulden oder gemeinschaftliche Euro-Bonds zur Entlastung von Krisenländern lehnt sie aber ab.

Auch die sich zuspitzende Lage in Spanien sollte im Zentrum der Gespräche stehen. Deutschland dränge die Regierung des Landes, bei der Lösung der Bankenprobleme des Landes Hilfen des Euro-Rettungsschirms EFSF in Anspruch zu nehmen. "Die Spanier wollen aber nicht, sie sind zu stolz", beschrieb der Regierungsvertreter den Stand der Diskussion und warf der Regierung in Madrid "eine fatale Hybris" vor.

Offiziell dementiert die deutsche Regierung, dass sie Spanien unter den Euro-Rettungsschirm drängen will. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble gab Spaniens Regierung volle Rückendeckung für ihre Anti-Krisenpolitik. "Die spanische Regierung trifft die richtigen Entscheidungen, obwohl es für eine Krise dieses Ausmaßes keine Patentrezepte gibt", sagte Schäuble dem "Handelsblatt". Auch die OECD erklärte, Spanien und Italien machten alles richtig. Deshalb gebe es keinen Grund, warum die Länder so hohe Zinsen zahlen müssten, wie die Renditen ihrer Staatsanleihen es derzeit am Markt anzeigen.

Der nächste Härtetest steht für Spanien voraussichtlich am Donnerstag an: Das Land will durch den Verkauf von neuen Anleihen bis zu 2 Mrd. Euro aufnehmen. Am Finanzmarkt waren Investoren am Dienstag nur bei einem Zins von etwa 6,3 Prozent dazu bereit, zehnjährige spanische Anleihen zu kaufen. Experten gehen davon aus, dass Spanien irgendwann Finanzhilfen beantragen muss, wenn die Zinsen nicht sinken.

Finanzprofis hoffen zur Entschärfung der Krise nicht nur auf neue Not-Aktionen der G-7, sondern auch auf die Europäische Zentralbank (EZB), die am Mittwoch über die Geldpolitik in der Euro-Zone berät und den Banken weiteres Geld zur Verfügung stellen könnte. IWF-Chefin Christine Lagarde sagte, die Währungshüter hätten noch Spielraum für eine Zinssenkung. Zudem könne sie das Wachstum etwa durch längerfristigen Geldgeschäfte ankurbeln.

Der Euro fiel wegen der Angst vor einer Verschärfung der Finanzprobleme Spaniens wieder deutlich unter die Marke von 1,25 Dollar. Auch der DAX gab zwischenzeitlich weiter nach. Eine neue Industrie-Umfrage belegte nach Ansicht von Marktteilnehmern den derzeitigen Teufelskreis aus Einsparungen und wirtschaftlicher Schwäche in Europa: Die Eurozone bewegt sich dem Forschungsinstitut Markit zufolge auf eine Rezession zu. Auch der erfolgsverwöhnten deutschen Wirtschaft droht eine unsanfte Landung, wie ein Einbruch der Industrieaufträge belegte.

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