Pröll will Totalverstaatlichung der Nationalbank

11.01.2010

Finanzminister Josef Pröll (V) strebt angesichts der Finanzkrise die Totalverstaatlichung der auch für die Bankenkontrolle zuständigen Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) an. Derzeit hält der Bund 70 Prozent der Anteile an der Zentralbank, die restlichen 30 Prozent liegen bei Banken, Versicherungen und Interessenvertretungen.

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Pröll kündigte am 11. Jänner nach der ÖVP-Klausur im niederösterreichischen Altlengbach an, dieses Aktienpaket übernehmen zu wollen. Als Kaufpreis nannte er bis zu 50 Mio. Euro - also deutlich mehr als den Nominalwert von 3,6 Mio. Euro. Pröll begründete die Totalverstaatlichung mit deren Rolle bei der Bankenkontrolle. Die Beteiligung der Banken und Interessensvertretungen an der Notenbank sei "historisch gewachsen", habe in der heutigen Finanzwelt aber "nichts mehr verloren".

Miteigentümer sollen ausgekauft werden

"Ich will, dass der Bund 100 Prozent an der Österreichischen Nationalbank übernimmt", betonte der Finanzminister. Um die derzeitigen Miteigentümer - vor allem den Raiffeisen-Konzern, die Wirtschaftskammer, die Industriellenvereinigung und eine Holding, die die ehemaligen Anteile der Bank-Austria verwaltet - auszukaufen, will er bis zu 50 Mio. Euro in die Hand nehmen: "Das ist es mir wert."

Dass der Staat damit deutlich mehr bezahlen wird als die Anteile nominell wert sind, begründete Pröll damit, dass auch der ÖGB und die BAWAG, die ihre Anteile nach der Beinahe-Pleite der Gewerkschaftsbank 2006 abgeben mussten, mehr bekommen hätten. Auf Basis des damaligen Angebots sei ein Wert von 13 bis 14 Euro pro Nominale angemessen. Der Nominalwert des 30-prozentigen Aktienpakets beträgt bei einem Grundkapital der OeNB von 12 Mio. Euro nur 3,6 Mio. Euro. "Erstkontakte" mit den Miteigentümern habe es bereits gegeben, betonte Pröll und versicherte, er rechne nicht damit, dass sein Angebot abgelehnt wird.

Reden über Verkauf, wenn andere auch abgeben

Erstkontakte hat es laut Pröll schon gegeben. Er geht nicht davon aus, dass sein Angebot abgelehnt wird. Die Aktionäre seien prinzipiell bereit, abzugeben, hieß es am 11. Jänner. Einen Zeitplan für die angestrebte Vollverstaatlichung der Notenbank nannte das Finanzressort vorerst nicht. "Es kann schnell gehen". Mit der Änderung der Eigentümerstruktur sind dann Änderungen auch im Generalrat (Aufsichtsrat) verbunden.

Zweitgrößter Aktionär nach dem Bund ist Raiffeisen, davon mit 8,73 Prozent die Raiffeisen Zentralbank (RZB) direkt. Raiffeisen hatte sich lange Zeit gegen eine Abgabe ihrer Notenbank-Aktien gesperrt. Am 11. Jänner sagte RZB-Sprecher Andreas Ecker zur APA, "die RZB ist sicher gesprächsbereit, wenn auch die anderen Aktionäre ihre OeNB-Anteile verkaufen."

Suche nach einer einheitlichen Lösung

Gleichlautende Statements kamen von der UNIQA Versicherung sowie von der Industriellenvereinigung (IV), die 2,67 bzw. 2 Prozent an der OeNB halten. "Wenn der Preis stimmt" und es eine einheitliche Lösung gibt, "gehe ich nicht davon aus, dass wir Probleme hätten" zu verkaufen, sagte IV-Generalsekretär Markus Beyrer zur APA. Das Nominale habe jedenfalls mit dem Wert der Anteile nichts zu tun. Für die UNIQA kommt es ebenfalls "auf die Bedingungen an", sagte ein Sprecher.

Auch die Vienna Insurance Group (VIG) findet die Idee der Totalverstaatlichung "grundsätzlich gut" und ist prinzipiell bereit, ihren 0,47-Prozent-Anteil abzugeben, sagte VIG-Chef Günter Geyer der APA. Es sei nur eine "Frage des Preises". Keine Stellungnahme abgeben wollte heute OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny, der zu einem BIZ-Treffen der Notenbankgouverneure in Basel weilt. Nowotny "äußert sich wie bisher nicht zu Eigentümerfragen", richtete sein Sprecher aus.

"Banken-Kontroll-Argument gilt für uns nicht"

Die Wirtschaftskammer (WKÖ), drittgrößte Aktionärin der OeNB, "hat derzeit keine Veranlassung, ihre Anteile an der Notenbank zu verkaufen. "Wenn der Bund etwas von uns will, soll er ein Angebot legen", so WKÖ-Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser in einer Aussendung. "Wenn das nach der jetzigen medialen Ankündigung passiert", werde man das Offert prüfen.

Die Notenbank ist für die Wirtschaftskammer standortpolitisch von "großer Bedeutung". Da das Argument, dass die OeNB nicht ihre Eigentümer prüfen sollte, bei der WKÖ nicht gegeben sei, habe man "keine Verkaufs-Eile". Die Wirtschaftskammer hält derzeit 8,33 Prozent oder 1 Mio. Euro am Stammkapital der Notenbank und ist auch im Generalrat vertreten.

SPÖ und Opposition begrüßen Vorhaben

Für die SPÖ und die Opposition ist die angekündigte Totalverstaatlichung der OeNB ein längst notwendiger Schritt. "Die Vollverstaatlichung ist ein erster Baustein für eine neue Finanzarchitektur, in der Kontrolle wieder alle notwendigen Möglichkeiten hat", so SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer in einer Aussendung. Ein neues Bankeninsolvenzrecht, eine Bankversicherung und die Abschaffung der Spekulationsfrist seien die nächsten notwendigen Schritte.

Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (F) hofft, "dass der Finanzminister seine Linie durchhält und nicht vor seinen mächtigen Bankiers-Freunden in die Knie geht". Es könne nicht sein, "dass die Eigentümer einer Notenbank durch die Notenbank geprüft werden".

Für den stellvertretenden Klubobmann der Grünen, Werner Kogler, ist beim Kaufpreis "höchste Vorsicht geboten". Pröll dürfe den bisherigen Miteigentümern IV, WKÖ und RZB keine Steuermillionen nachwerfen. BZÖ-Chef Josef Bucher wiederum appellierte an den Finanzminister, die "unverschämten Pensions- und Dienstwagenprivilegien" in der OeNB "sofort zu beseitigen". Nationalbanker bekämen im Schnitt 70.000 Euro Pension.

Nowotny: Bleiben weiter unabhängig

Die OeNB hat am 11. Jänner so wie in früheren Diskussionen zur Frage ihrer Eigentümerstruktur inhaltlich nicht Stellung genommen. Zentrales Element aus Sicht der OeNB sei jedenfalls ihre "volle Unabhängigkeit", wie sie durch den Vertrag über die Wirtschafts- und Währungsunion gesichert sei, heißt es in einer Mitteilung von OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny. Diese Unabhängigkeit gelte sowohl gegenüber staatlichen wie auch gegenüber wirtschaftlichen Einflüssen.

"Die Oesterreichische Nationalbank hat in der Vergangenheit diese Unabhängigkeit stets praktiziert und wird dies auch in Zukunft - unabhängig von den jeweiligen Eigentumsverhältnissen - zuverlässig so halten, um ihre wirtschaftspolitische Funktion für Österreich und im Rahmen des Eurosystems zu erfüllen", so das kurze Grundsatz-Statement.

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