Schicksal der Hypo-Kärnten entscheidet sich bald

07.12.2009

Bis Freitag (11. Dezember) wird das Schicksal der maroden Hypo Group Alpe Adria besiegelt. Dann ist Hauptversammlung. Und da endet ein Ultimatum der Finanzmarktaufsicht zur Rekapitalisierung der von Milliardenabschreibungen gebeutelten Bank. Auch über das Wochenende wurde Druck aufgebaut, um die BayernLB als Zweidrittel-Eigentümer zu zwingen, an der voraussichtlich mehr als 1,5 Mrd. Euro schweren Kapitalhilfe maßgeblich mitzuzahlen.

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Die Bank braucht das Geld, um bilanzieren zu können. Die BayernLB und das Land Kärnten wollen, dass die Republik Österreich rettend bei der Kärntner Bank einspringt. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann (S) hat über die Zeitung "Österreich" deponieren lassen, "es gibt kein Staatsgeld, solange es von der Hypo kein zukunftsträchtiges Sanierungskonzept unter maßgeblicher Beteiligung der Eigentümer gibt". Eine Bankpleite, so Faymann, könnten sich weder das Land Bayern noch Kärnten leisten. "Das wäre für beide fatal." Der Bund hat der Kärntner Hypo wie berichtet seit Ende 2008 bisher mit über 900 Mio. Euro Partizipationskapital und 1,35 Mrd. Euro Staatsgarantien für Anleihen aus dem Bankenhilfspaket unter die Arme gegriffen.

Mit Blick auf die bereits gewährten Staatshilfen aus Österreich ortet die Münchner "Abendzeitung" in Sachen Hypo ein abgekartetes Spiel. Würde die Hypo Alpe Adria nach den Entwicklungen der kommenden Woche zwangsverstaatlicht, gingen die Bayern leer aus. Österreichs Finanzminister Pröll half den Bayern 2008 aus der Patsche - mit der PS-Staatshilfe von 900 Mio. für die Hypo Alpe Adria. Er verlangte ein Faustpfand: Das Kapital kann jederzeit in eine Beteiligung Österreichs an der Bank umgewandelt werden. Die Umtauschquote hielt man geheim. Demnach wären, wenn Österreich die Option zöge, die Anteile Bayerns nur noch einen Bruchteil wert, so die Abendzeitung, die von einem guten Druckmittel spricht und im übrigen gleich Raiffeisen Gusto auf die Hypo, möglichst zum "Nulltarif", nachsagt.

In der bayerischen Staatsregierung hoffe man unterdessen noch immer auf einen Kompromiss - damit Bayern nicht die gesamten 6 Mrd. Euro, die bisher zur Hypo flossen, in den Wind schießen muss, so das Blatt. Der "Stuttgarter Zeitung" zufolge bietet die BayernLB weiterhin an, eine weitere Milliarde Euro für die Hypo Alpe Adria beizusteuern. Die restliche halbe Milliarde soll nach bayerischer Vorstellung Österreich im Rahmen einer Teilverstaatlichung von Alpe Adria aufbringen.

Seit die Vorlage eines lange geheimen Prüfberichts zum Kauf des Kärntner Instituts im Jahr 2007 vorige Woche erzwungen wurde, wird gerätselt, was den Meinungsumschwung der deutschen Gutachterin Corinna Linner bewirkt hat. Den Bericht verfasste sie im Mai 2009. Sie kommt zum Schluss, dass der Kaufpreis von 1,6 Mrd. Euro nicht die heute bekannten Risiken berücksichtigte. Fraglich sei, ob alle am Kauf Beteiligten ihren Sorgfaltspflichten gerecht geworden seien.

Meinungsänderung führt zu Spekulationen

Zwei Monate später hat Linner allerdings ihre Meinung nach einer Diskussion im BayernLB-Aufsichtsrat (Vorsitzender: Finanzminister Fahrenschon) spektakulär revidiert. Nun vermuten die bayerischen Grünen laut "Stuttgarter Zeitung": Wäre sie bei ihrem Urteil geblieben, hätte das Gremium bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstatten müssen, das sei dem Kreis klar geworden. Deshalb habe Linner ihr Urteil revidieren müssen.

Aufklärungswürdige Vorgänge beim Kauf der Hypo durch die BayernLB 2007 beschreibt zudem die "Süddeutsche Zeitung". Damals Beteiligte wunderten sich, dass ein so wichtiger Beschluss im Schnellverfahren vom Aufsichtsrat per "Umlaufbeschluss" erfolgte. Laut "SZ" soll die Landesbank dem Vermögensverwalter Tilo Berlin einen hohen Kredit gegeben haben, damit er mit seinen Klienten Anteile an der Hypo Alpe Adria kaufen und anschließend mit einem hohen Aufschlag an die BayernLB weiterverkaufen konnte. Im Linner-Bericht sei von einer "Zwischenfinanzierung" die Rede.

Laut "profil" droht in Sachen Hypo auch Ungemach aus Brüssel. Die Ende 2008 zugeführten 900 Mio. Euro staatliche PS könnten EU-Gemeinschaftsrecht widersprechen und als unerlaubte Subvention gewertet werden. Die EU-Kommission leitete bereits im Mai d.J. ein vertieftes Beihilfeverfahren gegen Österreich in Zusammenhang mit dessen Hypo-Engagement ein. Bisher sei in Wien immer argumentiert worden, nur Deutschland stünde unter Beobachtung (wegen einer 10-Milliarden-Hilfe für die BayernLB). Dem sei nicht so. "Da sowohl Deutschland als auch Österreich Staatshilfen gewährt haben, sind auch beide Länder von der Prüfung betroffen", zitierte das Magazin Jonathan Todd, den Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin.

In einer von profil zitierten am 13. Juni im "Amtsblatt der EU" veröffentlichten Entscheidung meldete die EU Zweifel am von Österreich gemeldeten Zustand der Hypo ("not distressed") und an den aus Wien übermittelten Papieren an: "Im Falle der HGAA hat die Kommission die im Rentabilitätsplan vorgeschlagenen Umstrukturierungsmaßnahmen geprüft. Dabei kam sie zu dem Schluss, dass es zum jetzigen Zeitpunkt zweifelhaft ist, ob dieser Plan Folgendes gewährleistet: Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität, Vermeidung ungebührlicher Wettbewerbsverzerrungen, Beschränkung auf das erforderliche Minimum und Leistung eines angemessenen Eigenbeitrags. Die Kommission hat somit Zweifel daran, dass die Beihilfemaßnahmen mit dem gemeinsamen Markt vereinbar sind." Sollte die EU einen negativen Bescheid schicken, könnten höhere Dividendenzahlungen an den Staat oder laut Magazin im worst case sogar die Rückführung der gesamten österreichischen Staatshilfe eine Folge sein.

Für RZB-Chef steht Verstaatlichung im Raum

Eine Verstaatlichung der Hypo Group Alpe Adria steht laut RZB-Generaldirektor Walter Rothensteiner im Raum. Das lässt er im "Kurier" durchblicken. Eine Übernahme durch den Bund bleibe als letzter Ausweg, wenn sich die Hypo-Eigentümer wirklich nicht mehr bewegen, meint Bankenobmann Rothensteiner in einem Interview in der Raiffeisen-nahen Tageszeitung.

Rothensteiner spricht zwar von einem Danaergeschenk, wenn Eigentümer (wie das um Staatshilfe bittende Kärnten, Anm.) ihr Risiko loswerden wollten, indem sie es dem Staat schenkten. Wenn es aber nicht anders gehe, dann müsse der Staat übernehmen. "Ich habe den Verdacht, wenn man eineinhalb Milliarden Euro hinlegt, dann gehört einem die Bank. Und hinterher zerteilen oder sonst etwas. Aber Gratis-Geld ohne Auflagen kann ich mir nicht vorstellen", hält Rothensteiner fest.

Bisher hieß es, die Eigentümer seien gefragt, und zuletzt hat auch das Bundesland Bayern erklärt, kein weiteres Steuergeld mehr nach Kärnten pumpen zu wollen. Dazu Rothensteiner: "Ich schließe nicht aus, dass die Bayern nicht nur die Mehrheitsbeteiligung, sondern auch jede Menge Refinanzierungen in der Hypo haben. Und eine Insolvenz der Hypo würde die Bilanz der BayernLB wahrscheinlich auch arm ausschauen lassen. Vor dem Hintergrund wäre es wahrscheinlich vernünftig sich hinzusetzen und nochmals zu überlegen, vielleicht sollten wir doch etwas tun. Der erste Schritt muss von den Eigentümern kommen. Und nur wenn es nicht anders geht, dann muss eben der Bund übernehmen."

Was der Staat dann mit der Hypo machen sollte? "Wenn der Staat eine Bank übernehmen muss, um quasi eine Insolvenz zu verhindern, muss er überlegen, wie er sie wieder loswird", meint Rothensteiner. Kerngeschäft der Republik könne nicht sein, Banken zu führen. "Das kann also nur eine Zwischenlösung sein und nach ein, zwei Jahren versucht man Interessenten für das Ganze oder Teile der Bank zu finden. So wie eben derzeit bei der Kommunalkredit auch nichts anderes passiert."

Wie schon in der Vorwoche ausgeschlossen hat Rothensteiner das "Modell Constantia", also eine Auffanglösung durch die anderen österreichischen Banken. "Das ist auszuschließen. Dort sind ja die Banken nur eingestiegen, um nicht die Kapitalanlagegesellschaft der Constantia ins Schleudern zu bringen und damit den heimischen Fonds-Markt nicht zu ruinieren. Außerdem gibt es den Hypo-Verband ja auch noch, der im Fall einer Pleite haftet. Wir haben jedenfalls kein Interesse."

Moody's senkt Rating von E+ auf E

Die Ratingagentur Moody's hat die Bewertung der Hypo Alpe Adria unterdessen noch weiter gesenkt. Das Finanzstärkerating (BFSR) der Bank wurde von E+ auf E gesenkt , den niedrigsten Stand den es bei Moody's für Banken gibt. Die Einschätzung der langfristigen Schulden und Einlagen wurde von Baa1 auf Baa2 heruntergestuft, das Rating der nachrangigen Verbindlichkeiten von Baa2 auf Baa3. Langfrist- und Kurzfrist-Rating der Bank stehen auf dem Prüfstand für eine weitere Herabstufung.

Die Ratings für die staatlich garantierten Verbindlichkeiten der Kärtner Hypo sind nach Angaben von Moody's von den Herabstufungen nicht betroffen. Gesenkt wurden jedoch die Einschätzungen für einige Hypo-Töchter mit Sitz auf Jersey. Ein E-Rating gilt in der Finanzbranche als Schrottstatus. Ähnlich schlecht geratet sind derzeit bei Moody's nur 25 Banken, darunter die deutsche IKB, Kaupthing (Arion) oder Northern Rock. Moody's zeigt sich angesichts des Streits um eine Finanzhilfe für die angeschlagene Bank "besorgt" über deren Zukunft. Angesichts eines angekündigten Nettoverlusts für 2009 von mehr als einer Milliarde Euro werde die Bank sogar mehr als die bisher diskutierten 1,5 Mrd. Euro Kapitalspritze brauchen, so die Ratingagentur.

Nach Moody's-Einschätzung haben Kärnten und die österreichische Regierung angesichts der fast 20 Mrd. Euro Schulden mit Landeshaftung der Hypo großes Interesse daran, eine Bank-Insolvenz zu verhindern, vor allem wegen des damit verbundenen Schadens im österreichischen Bankensystem.

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