Imitat-Produkte: Berlakovich will Kennzeichnung

21.07.2009

Nach der Aufregung um künstlichen Käse ohne Milch oder falschen Schinken mit niedrigem Fleischanteil setzt sich Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich (V) für eine EU-weite Deklaration von Imitat-Produkten ein. "Klar ist, dass wir eine klare Kennzeichnung brauchen. Darum habe ich auch auf europäischer Ebene eine verpflichtende Kennzeichnung von Imitat-Produkten initiiert", so Berlakovich bei einer Pressekonferenz in Wien. "Wir wenden uns klar gegen eine 'Geiz ist geil'-Mentalität."

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Die Menge der Gütesiegel müsse begrenzt werden. "Parallel dazu müssen wir auch das AMA-Gütesiegel ausbauen, das heißt, wir müssen klarer kommunizieren, wofür es steht und darüber hinaus den Einsatz verbreitern", betonte er. Geplant ist eine zusätzliche gesetzliche Absicherung. Derzeit gebe es auch Verhandlungen mit Rewe Austria, dem AMA-Gütesiegel beizutreten.

Klon-Fleisch aus dem Labor, Heuschrecken als Ersatzzutat und Eiweißlieferant: "Alles ist möglich im Lebensmittelbereich und muss nichts mehr mit Agrarprodukten zu tun haben", kritisierte der Minister. Immer mehr Waren würden nicht mehr dem entsprechen, was Verbraucher erwarten. "Wir sind an einem Punkt angekommen, wo wir die Konsumenten eigentlich auffordern müssen, sich in erster Linie die Rückseite eines Produktes anzusehen", so Berlakovich. "Wenn man vorne ein Bild von einem Käse hat, muss man hinten schauen, ob tatsächlich Käse drinnen ist." Die Bevölkerung werde zunehmend verunsichert.

Qualität schwer erkennbar

Dass kaum jemand einen Überblick über den Zutaten-Dschungel bewahren kann, zeigt auch eine qualitative Studie der Karmasin Motivforschung für die im Mai und Juni anhand von Gruppendiskussionen die grundsätzlichen Einstellungen der Österreicher analysiert wurden. Das Erkennen von guter Qualität falle Konsumenten immer schwerer, betonte Motivforscherin Sophie Karmasin. Viele wünschen sich eine bessere Kennzeichnungen, die derzeitige Vielzahl an Gütesiegeln sei nicht durchschaubar. Viele behelfen sich mit einem Blick auf die Inhaltsstoffe und versuchen, sich an Geschmack, Geruch und dem Aussehen der Produkte zu orientieren. Im ländlichen Bereich und Westösterreich sei die Skepsis besonders hoch.

Das größte Vertrauen werde dem AMA Gütesiegel entgegen gebracht, aber auch hier bestehe Aufklärungsbedarf: Dass nicht nur Fleisch, sondern auch Milch, Eier, Obst und Gemüse gekennzeichnet werden, sei vielen gänzlich unbekannt - ebenso die Tatsache, dass die Rohstoffe aus Österreich stammen und die Produkte nicht nur hier hergestellt werden müssen.

Begrenztes Gesundheitsbewusstsein

Theoretisch ist es um das Gesundheitsbewusstsein der Österreicher grundsätzlich nicht schlecht bestellt, anders sieht es aber bei der praktischen Umsetzung aus, so Karmasin. 38 Prozent der Österreicher legen zwar auf gesunde Ernährung gleichzeitig aber auch auf Genuss Wert. Die zweitgrößte Gruppe (24 Prozent) achtet vorwiegend auf Geschmack, Preis und einen geringen Aufwand.

Diesem Segment gehören vor allem Männer mit niedrigerem Bildungsniveau, Berufstätige und junge Menschen an. Etwa 21 Prozent der Österreicher machen sich kritische Gedanken über Ernährung, auch über den Kaloriengehalt. Als vorbildlich gesundheitsorientiert bezeichnet Karmasin 17 Prozent der Österreicher, die gesundem Essen höchste Priorität einräumen, sich an Empfehlungen halten und an der Herkunft von Lebensmitteln orientieren.

Das Interesse an heimischen Produkten und deren Image ist den Konsumenten sehr wichtig. Viele sind der Meinung diese werden besser geprüft und sind daher hochwertiger und vertrauenswürdiger, erklärte Karmasin. "Es geht aber auch um ein Stück Heimat, das wir gerne kaufen und auch zu uns nehmen. Der Stolz auf österreichische Lebensmittel ist sehr stark wahrnehmbar." Neben berühmten Schmankerln wie Wachauer Marillen werden dabei einfache klassische Bauernhof-Produkte von nebenan geschätzt.

Der Gedanke mit dem Kauf inländischer Produkte, die eigene Wirtschaft zu unterstützen und die Umwelt zu schonen, spiele ebenfalls eine Rolle. Spürbar ist auch eine zunehmende Skepsis bei Bio-Produkten. Durch das große Angebot internationaler Waren würden diese nicht mehr mit Regionalität gleichgesetzt.

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