"War erst Start"
IV-Chef will 30 Prozent weniger an Wirtschaftskammer zahlen
14.11.2025Knaller nach Mahrer-Abgang. Die Industriellenvereinigung fordert deutliche Senkung der Kammerbeiträge.
Der Abgang von Harald Mahrer war nicht der Schlusspunkt, sondern erst der Startschuss. Sinngemäß formulierte das Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), am Freitag. Vor der Presse sagte er: „Die wirtschaftliche Lage ist ernst, wir erleben eine hartnäckige Stagnation und genau deshalb müssen wir jetzt über Strukturen sprechen. Österreichs Betriebe brauchen eine schlagkräftige, effiziente und verlässliche Interessensvertretung, die ihnen in dieser schwierigen Phase tatsächlich Luft verschaff
Institutioneller Wendepunkt
Die Diskussionen der vergangenen Wochen markieren einen institutionellen Wendepunkt. Für die Industriellenvereinigung ist klar: Es ist Zeit für strukturelle Reformschritte, die die Weichen für eine moderne und zukunftsorientierte Wirtschaftskammer stellen. „Wir stehen wirtschaftlich an einem Punkt, an dem wir uns Stillstand und ein ‚Weiter wie bisher‘ schlicht nicht mehr leisten können. Wir müssen die Chancen für Veränderung und Entlastung jetzt sinnvoll nutzen“, betont Knill.
30 Prozent weniger Beiträge zahlen
Das IV-Präsidium legt angesichts des "evidenten Reformbedarfs der WKO" Maßnahmen vor, die strukturelle und finanzielle Anpassungen vorsehen.
1. Klare Weichenstellung für eine moderne Unternehmerkammer
Die IV bekennt sich klar zu einer starken, modernen Vertretung der Wirtschaft, so soll die Wirtschaftskammer künftig effizienter, schlanker und digitaler agieren. Eine moderne, leistungsfähige Interessensvertretung muss ihre Ressourcen zielgerichtet einsetzen und sich stärker auf strategische Gestaltung als auf Verwaltung konzentrieren.
2. Schrittweise Reduktion der Kammerumlagen bis 2029
In den vergangenen Jahren sind die Einnahmen der Wirtschaftskammer trotz konjunktureller Schwäche weiter gestiegen, die Rücklagen gewachsen. Die IV schlägt daher ein klares Entlastungspaket vor:
- Einfrieren der absoluten Beitragsbeträge ab 2025
- Ab 2027 jährliche Senkung der Kammerumlagen 1 und 2 um jeweils 10 Prozent bis 2029 – insgesamt 30 Prozent auf Basis des Beitragseinkommens von 2025
- Damit soll für Unternehmen, die zunehmend unter Druck stehen, finanzieller Spielraum geschaffen werden. Die Entlastungen sind ein wichtiges Signal zur Stärkung von Investitionen, Beschäftigung und Wachstum.
3. Neue, unbürokratische Bemessungsgrundlage für die Umlagen
Die aktuelle Bemessung der Kammerumlagen orientiert sich stark an Lohn- und Gehaltssummen und ist damit nicht mehr zeitgemäß. Das bestehende System belastet Unternehmen stärker, sobald sie Beschäftigung ausbauen oder höhere Löhne zahlen. Eine neue, sachgerechte und unbürokratische Bemessungsgrundlage soll Verzerrungen vermeiden und die tatsächliche Leistungsfähigkeit eines Betriebs besser widerspiegeln.
4. Neues Wahlrecht
Die föderalen Strukturen der Wirtschaftskammer und das bestehende Wahlrecht entsprechen vielfach nicht mehr den Anforderungen einer modernen Interessensvertretung. Die IV schlägt daher eine umfassende Evaluierung der Governance, eine Modernisierung der regionalen Strukturen sowie eine stärkere Einbindung beitragsstarker Mitglieder vor, um Mitbestimmung und Verantwortlichkeit zu erhöhen und das Vertrauen der Wirtschaft in die Kammerorganisation zu stärken.
"Nutzen wir jetzt Chance für einen Reformkurs"
„Österreich verfügt über hervorragende Betriebe, hohe Innovationskraft und eine starke industrielle Basis. Gerade deshalb darf in einer Phase wirtschaftlicher Stagnation kein Raum für Stillstand bleiben. Die Wirtschaft braucht eine starke Unternehmerkammer, die die Interessen aller Unternehmerinnen und Unternehmer bestmöglich vertritt, die Gestaltung vorantreibt und die sich konsequent an den Bedürfnissen ihrer Mitglieder orientiert. Nutzen wir jetzt die Chance für einen mutigen Reformkurs – unsere Hand ist ausgestreckt“, sagt Knill.