Akupunktur mittlerweile "Teil der Schulmedizin"

03.07.2009

Akupunktur wird mittlerweile nicht mehr als "komische Methode" verstanden: "Sie ist Teil der Schulmedizin", berichtete Helmut Nissel, Präsident der Österreichischen Akupunkturgesellschaft (ÖAG), bei einer Pressekonferenz anlässlich 55 Jahre ÖAG am Freitag (3. Juli) in Wien. Mit Erfolg werde Akupunktur heutzutage u. a. auch bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises eingesetzt und helfe, Kosten zu sparen.

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Mittlerweile kenne man mehr als hundert Indikationen für eine wirksame Akupunktur, z. B. Schmerzen des Bewegungsapparates wie Arthrose und Arthritis, Krankheiten des Nervensystems wie Migräne oder Halbseitenlähmungen nach einem Schlaganfall, berichtete ÖAG-Vizepräsident Alexander Meng. Auch manche Störungen mit vegetativen, psychosomatischen Aspekten würden gut auf Akupunktur ansprechen. Grundsätzlich sei sie "eine wertvolle Ergänzung", aber kein Ersatz für eine schulmedizinische Diagnostik.

Neben den Haupteinsatzgebieten im Westen bei akuten und chronischen Schmerzen, Asthma und Erkrankungen des Magens, sei man auch bei Rheuma mit Akupunktur erfolgreich - wenn man auch nicht jede Form behandeln könne, erklärte Nissel. "Wir haben etwa 8,4 Millionen Krankenstandstage nur durch Rheuma in Österreich." So lasse sich mit Akupunktur auch Kosten sparen: Etwa 25 bis 35 Euro pro Monat koste allein die Schmerztherapie bei Rheuma; zusätzliche Gelder noch nicht einberechnet. Am Kaiserin Elisabeth-Spital Wien erzielt man laut Nissel in 75 Prozent der Fälle mit Akupunktur "eine deutliche Besserung". Die Kosten für Sitzungen bei einem Akupunktur-Experten sind unterschiedlich; der untere Richtwert pro Sitzung dürfte bei 30 Euro liegen.

Angesichts der Diskussionen über Kosten des Gesundheitssystems und des Anstiegs von psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung betonte Evemarie Wolkenstein vom Wiener Institut Wolkenstein, dass Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) auch zur Vorsorge eingesetzt wird: "Es ist unsere Aufgabe, im Vorfeld zu arbeiten: Wie gehe ich mit mir um, damit ich gar nicht erst krank werde", meinte die Allgemeinmedizinerin.

Homöopathie trage bei Patienten mit Tumorerkrankungen vor allem zur Verbesserung der Lebensqualität und des subjektiven Befindens bei, erklärte Michael Frass von der Medizinischen Universität Wien. "Einsatzgebiete sind hier u. a. die Behandlung von Nebenwirkungen der Strahlen- und Chemotherapie, Heilung von Zweiterkrankungen und Wiederherstellung der Physiologie." Generell sei noch viel Forschung in Zusammenhang mit Akupunktur nötig, so die Experten.

Akupunktur und ihre westlichen Anfänge

Als Pionier der westlichen Akupunktur wird der Chirurg Johannes Bischko angesehen: "Er hat erkannt, dass es mehr geben muss, als nur einen Bauch aufzuschneiden", sagte Helmut Nissel, Präsident der Österreichischen Akupunkturgesellschaft (ÖAG). Bischko gründete die ÖAG 1954 und 1972 das Ludwig Boltzmann Institut für Akupunktur. Im gleichen Jahr führte Bischko auch die erste Mandeloperation mit Hilfe von Akupunktur in der Wiener Poliklinik durch: "Das war der Beginn des Bekanntwerdens der Akupunktur."

Es sei auch Bischkos Initiative zu verdanken, dass Akupunktur 1986 vom Obersten Sanitätsrat in Österreich als wissenschaftliche Heilmethode anerkannt worden sei, so Nissel. 1991 wurde das Ärztekammerdiplom für Akupunktur durch die Österreichische Ärztekammer eingeführt.

Das Anliegen der ÖAG sei es, die traditionelle, aus China stammende Akupunktur mit der naturwissenschaftlich orientierten Schulmedizin sinnvoll zu ergänzen. Es sei eine Regulationstherapie, die vor allem dann eingesetzt wird, wenn reversible Störungen vorliegen: "Wenn etwas gestört, aber nicht zerstört ist." In vielen Fällen wie z. B. Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, könne Akupunktur nicht die Krankheit heilen, aber eine sinnvolle Unterstützung sein.

Akupunktur bedeutet grundsätzlich das Einstechen von Nadeln in definierte Punkte zu therapeutischen Zwecken, wobei die klassischen Punkte auf linearen Leitlinien, den sogenannten Meridianen, liegen. Heutzutage finden sich aber auch andere Reizmethoden unter den Begriff der Akupunktur.

Die Methode wirkt auf verschiedene Weise, z. B. "nervös-reflektorisch": Bei der Behandlung gesetzte Impulse wirken auf verschiedenen Ebenen des Zentralnervensystems und bewirken eine veränderte Schmerzverarbeitung bzw. -wahrnehmung. Akupunktur wirkt aber auch durchblutungsfördernd, effektiv auf die Muskulatur und "humoral-endokrin" - das heißt, dass durch Akupunktur vermehrt Substanzen freigesetzt werden, die u. a. schmerzlindernd wirken, sowie immunmodulierend, also stärkend und verbessernd auf die körpereigene Abwehrkraft.

Service: Die Website der Österreichischen Akupunkturgesellschaft ist unter http://www.akupunktur.at/ abrufbar.

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