ITB: Rabattschlacht um die Urlaubergunst

10.03.2010

Deutscher Reiseverband: "Je nach Zielgebiet sind Reisen in diesem Jahr 5-8 % günstiger als im Vorjahr".

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Viele Kunden achten seit der Wirtschaftskrise bei ihren Reisen noch stärker auf den Preis. Nach Einschätzung des Marktforschungsinstituts IPK International dürften im laufenden Jahr 14 % der Europäer einen günstigeren Urlaub buchen.

Die Veranstalter müssen diesem Trend Rechnung tragen: Bereits im Herbst hat Alltours - die Nummer vier in Deutschland - ihre Sommerreisen mit Abschlägen von bis zu 12,5 % angeboten. Damit will der Duisburger Veranstalter vor allem den Branchengrößen TUI und Thomas Cook Geschäft abspenstig machen. Cook senkte die Preise in Deutschland um durchschnittlich fünf Prozent, der Rivale Rewe-Pauschalreisen um sechs Prozent.

"Der deutsche Markt ist heiß umkämpft", beschrieb Thomas-Cook-Zentraleuropa-Chef Peter Fankhauser die Situation. Es gebe pro Jahr etwa 50 Mio. Deutsche die verreisten. "Jeder kämpft hart darum, sie auf seine Seite zu ziehen", sagte Fankhauser auf einer Investorenveranstaltung in London.

Verband wegen Preiskampf alarmiert

Was für Urlauber gute Nachrichten sind, freut die Reiseveranstalter gar nicht. Der offensichtliche Preiskampf hatte im Dezember auch den Branchenverband DRV alarmiert: Es sei gefährlich, das Geschäft allein über den Preis anzukurbeln, hatte Laepple gewarnt. Dies könne die Gewinne der Veranstalter empfindlich schmälern. Vielen Unternehmen blieb nach den Einbrüchen im vergangenen Sommer aber nichts anderes übrig, um die Kunden wieder zum Reisen zu bewegen. Im vergangenen Sommer gingen die Buchungen wegen der Wirtschaftskrise teilweise zweistellig zurück.

Derzeit will der Reiseverband aber keine Rabattschlacht erkennen. Die niedrigeren Preise seien auf Preissenkungen in den jeweiligen Urlaubsländern zurückzuführen und die Gewinnmargen der Veranstalter daher nicht in Gefahr. "Keiner kann sich den Luxus erlauben, auf die durchschnittlich zwei Prozent an Marge zu verzichten", sagte er. "Die Ergebnisse werden 2010 nicht schlechter sein als 2009." Letztlich könnten die Preissenkungen sogar dazu führen, dass die Deutschen länger in Urlaub fahren und so den Umsatz der Unternehmen steigern.

Wie auch immer sich der Preiskampf auf die Gewinne der Unternehmen auswirkt - die Strategie mit niedrigeren Preisen mehr Kunden anzulocken, scheint zu funktionieren: Die Buchungen für die Sommermonate hatten zuletzt deutlich zugelegt, geht aus mehreren Umfragen und Erhebungen hervor. Auf eine konkrete Prognose für das laufende Jahr lässt sich in Deutschland dennoch niemand ein. Die Welttourismusorganisation UNWTO erwartet 2010 ein Branchenwachstum zwischen 3 und 4 %.

Renaissance der Pauschalreise

Auf dem Vormarsch sind angesichts der Krise Pauschalreisen: Urlauber setzten vermehrt auf kalkulierbare Kosten und Sicherheit vor bösen Überraschungen, berichtete der DRV. Rund jede zweite der insgesamt 75,5 Mio. Urlaubsreisen der Bundesbürger sei 2009 von Veranstaltern organisiert worden. Trotz des Internet-Booms seien 95 % der Veranstalter-Reisen im Reisebüro gebucht worden.

Für 2010 erwartet der Verband nach den Rückgängen im Krisenjahr 2009 wieder stabile Teilnehmerzahlen. Die Preise seien um 5-8 % gesunken. Wie sich der Umsatz entwickeln werde, könne bisher niemand sagen. Der Umsatz bei Veranstalterreisen war 2009 um rund 3 % auf 20,8 Mrd. Euro zurückgegangen, die Gästezahl um 2 % auf 38,2 Mio. Rund zwei Drittel der Veranstalterreisen sind Flugreisen.

Laepple appellierte an die internationalen Reiseländer, mehr Geld in die Modernisierung der touristischen Infrastruktur zu stecken, insbesondere in die Flughäfen. Die Zustände an vielen Flughäfen in einigen der beliebtesten Urlaubsländer der Deutschen seien "unwürdig", sagte Laepple. Urlauber beschwerten sich vermehrt über schleppende Abfertigung, überfüllte Warteräume oder andere gravierende Mängel. "Diese Eindrücke bleiben bei den Kunden haften und trüben die Urlaubsfreude nachhaltig. Denn der letzte Eindruck ist der prägendste", sagte Laepple.

Die deutsche Reisebranche habe sich auch 2009 mit 2,8 Mio. Jobs als verlässliche Stütze der Wirtschaft bewährt. Zugleich profitierten die deutschen Hotels und Feriengebiete auch von dem anhaltenden Trend, den Urlaub im eigenen Land zu verbringen. Fast 40 % der Urlaubsreisen verbrachten die Bundesbürger im eigenen Land.

Die Zahl der Übernachtungen von Inländern sei um 1 Mio. gestiegen - aus dem Ausland habe es aber ein Minus gegeben, sagte Laepple. Ausländische Gäste bescherten Deutschland nach DRV-Angaben Einnahmen in Höhe von 24,6 Mrd. Euro, 2008 waren es 26,5 Mrd. Euro. Die Deutschen gaben für ihre Reisen ins Ausland laut einer Commerzbank-Studie rund 60 Mrd. Euro aus, nach 61,5 Mrd. Euro im Jahr zuvor.

Zur Umsatzentwicklung könne er keine Prognose geben, sagte Laepple. Es sei zu erwarten, dass angesichts der günstigeren Preise die Zahl der Urlauber zumindest auf Vorjahresniveau stagnieren oder leicht zulegen werde. "Unklar ist, ob die Preissenkungen zum Anlass genommen werden, länger in den Urlaub zu fahren", sagte Laepple. Daher könnten die Preissenkungen letztlich auch zu leicht steigenden Umsätzen führen. 2011 könnte für die Branche wieder ein "normales" Jahr mit stabiler Preisentwicklung und wachsender Teilnehmerzahl werden, sagte Laepple.

Im vergangenen Jahr waren die Umsätze der deutschen Reiseveranstalter nach DRV-Angaben um drei Prozent auf 20,8 Mrd. Euro geschrumpft. Grund war die Wirtschaftskrise. Die Zahl der Reisenden ging um 2 % auf 38,2 Mio. zurück.

Reisekonzern Cook will Marge auf bis zu 6 % steigern

Der Reiseveranstalter Thomas Cook will seine Rendite in den kommenden Jahren durch Kostensenkungen und Zukäufe deutlich steigern. Mittelfristig peile der deutsch-britische Konzern eine Margensteigerung auf 5,5 bis 6 % von zuletzt 4,5 & an, sagte der neue Finanzchef Paul Hollingworth auf einem Investorentag am Mittwoch.

Bei dem ins Auge gefassten Zukauf in Russland will sich das Unternehmen nicht unter Druck setzen lassen. "Wir werden geduldig sein und nicht zu viel zahlen", sagte Hollingworth. Kreisen zufolge ist Cook an der Übernahme der ehemaligen Sowjet-Reiseagentur Intourist interessiert. Der Konzern sei jedoch auch mutig genug "nein" zu sagen und habe in den Verhandlungen keine Eile, sagte der Manager.

Alltours kämpft um Marktanteile - Angriff auf TUI und Cook

Deutschlands viertgrößter Reisekonzern Alltours will mit einer Investitionsoffensive Marktanteile zurückerobern. "Wir können Summen über 100 Millionen Euro investieren", sagte Alleingesellschafter und Geschäftsführer Willi Verhuven am Mittwoch auf der Tourismus-Messe ITB in Berlin. Vor allem den Branchengrößen TUI und Thomas Cook will Alltours Geschäft abspenstig machen.

Das Unternehmen, das sich als preisgünstigster Anbieter in der von der Wirtschaftskrise getroffenen Branche sieht, erwartet für das laufende Jahr ein Gästeplus von fünf Prozent. Der Marktanteil in Deutschland soll wieder zulegen, nachdem er 2009 auf 7,3 (2008: 7,5) & gefallen war.

Der Umsatz ging vergangenes Jahr beim Veranstalter Alltours Flugreisen wegen Preisrückgängen um sechs Prozent auf 1,22 Mrd. Euro zurück. Alltours erzielte nach eigener Auskunft aber einen Gewinn und erwartet auch für 2010 ein positives Ergebnis. Zahlen nannte das Unternehmen nicht. Es stellte für dieses Jahr lediglich eine Umsatzrendite vor Steuern von 1,5 & in Aussicht.

"Die Talsohle liegt hinter uns", sagte Verhuven. Für die ablaufende Wintersaison - in dem Zeitraum fällt üblicherweise rund ein Fünftel des Geschäfts an - liegen die Buchungen nur minimal unter dem Vorjahresniveau, wie er mitteilte. Für das Sommer-Geschäft dagegen ergebe sich nach schwachem Verkaufsstart mittlerweile ein Plus.

Geld ausgeben will Alltours unter anderem für die Übernahme von Hotels und Reisebüros. "Bevor wir einen Veranstalter kaufen, würden wie eher eine dritte Marke auf den Markt bringen", sagte Verhuven. Derzeit hat das Unternehmen anders als viele Konkurrenten nur zwei Marken: Alltours und BYE.bye. Für die Investitionen sieht sich die Reisefirma gut gerüstet. Allein Alltours Flugreisen verfüge über Gewinnrücklagen von gut 100 Mio. Euro, sagte Verhuven.

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