Flugzeugbauer kämpfen gegen Stornos

17.07.2009

Stornierung - das war lange Zeit ein Fremdwort für die erfolgsverwöhnten Flugzeugbauer. Die Expansionslust vor allem der asiatischen Fluggesellschaften hatte Airbus und Boeing Bestellung auf Bestellung beschert. Noch nach Ausbruch der Finanzkrise verzeichnete das Duopol 2007 mit zusammen über 2.700 Orders ein Rekordjahr.

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Konnte der Flugzeugbau dem weltweiten Abschwung zunächst trotzen, so hat dieser die Branche inzwischen fest im Griff. Anstatt Aufträge einzuheimsen, lautet deren Devise nun: Stornierungen zu vermeiden und die prall gefüllten Auftragsbücher bestmöglich zu verwalten.

Fluggesellschaften verschieben mittlerweile abgemachte Auslieferungsfristen und halten sich mit Neubestellungen zurück. Besonders betroffen ist Boeing. Dem US-Konzern blieb in der ersten Jahreshälfte 2009 nur ein zusätzlicher Auftrag. 85 Bestellungen standen 84 Stornierungen gegenüber. Deutlich besser hält sich bisher der europäische Konkurrent Airbus, der netto immerhin 68 Orders bekam. Bei 90 Bestellungen gab es 22 Stornierungen.

Weder die Flugzeugbauer noch Branchenexperten betrachten das Ausbleiben von Neuaufträgen als dramatisch, die Auftragsbücher sind ja prall gefüllt. Auf der weltgrößten Luftfahrtmesse Le Bourget vor einem Monat wurden sogar verhalten optimistische Töne angestimmt. "Es fühlt sich an, als hätten wir den Boden erreicht", sagte der Chef der Boeing-Verkehrsflugzeugsparte, Scott Carson. Dank des mehrjährigen Booms sind die Montagehallen schließlich noch für mehrere Jahre ausgelastet. "Wir sind nicht verzweifelt", sagte auch Airbus-Chef Tom Enders. Dennoch kappten beide Unternehmen ihre Produktionsraten, um sich der veränderten Lage anzupassen und Flugzeuge nicht auf Halde zu bauen.

Schleppende Kreditvergabe

Größere Sorgen als die Entwicklung der Neuaufträge macht die schleppende Kreditvergabe der Banken. Die Fluggesellschaften haben Schwierigkeiten, ihre bereits bestellten Flugzeuge zu finanzieren. Allein in den Boomjahren orderten die Airlines neue Jets für insgesamt 800 Mrd. Dollar (566 Mrd. Euro). "Die Erleichterung, Flugzeuge nicht abnehmen zu müssen, ist förmlich zu spüren", sagte Analyst Richard Aboulafia von Teal Group. Experten sind daher der Ansicht, dass es für Airbus und Boeing wichtiger ist, ihre Kunden dazu bringen, die in Auftrag gegebenen Jets auch abzunehmen, als neue Orders einzuholen. Beide haben sich bereits darauf eingestellt, ausgewählten Abnehmern selber finanziell unter die Arme zu greifen. Dafür will die Airbus-Muttergesellschaft EADS bis zu 1,5 Mrd. Euro lockermachen.

Belastet werden die Flugzeugbauer aber nicht nur von der Wirtschaftskrise, sondern auch von hausgemachten Problemen. Das Airbus-Militärtransportflugzeug A400M steckt in der Entwicklung. Boeing verschob den Erstflug seines neuen Prestigeobjekts 787 bereits zum fünften Mal. Qantas stornierte daraufhin 15 Exemplare des auch "Dreamliner" genannten Flugzeugs. Analysten fürchten nun, dass weitere Kunden diesem Beispiel folgen. "Der Luftfahrtindustrie geht es sehr schlecht", sagte Fondsmanager Bruce Low von Fortis Investment Partners. Programmrückschläge könnten in der Finanzkrise willkommener Anlass sein, Flugzeuge zu stornieren.

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