Lohnrunde: Metaller drohen jetzt mit Streik

12.11.2009

Der Ton bei den Kollektivvertragsverhandlungen für rund 170.000 Metaller hat sich weiter verschärft. Einen Tag vor der 4. Verhandlungsrunde am 13. November droht die Gewerkschaft jetzt mit Streiks: Sollte es in der 4. Verhandlungsrunde keine Einigung geben, wird am Montag (16. November) mit den ersten Warnstreiks begonnen, betonte Metaller-Chef Rainer Wimmer vor Journalisten. Die Gewerkschaft sei bereit, auch das ganz Wochenende zu verhandeln. Allerdings die Junktimierung von Lohnerhöhung und Arbeitszeitflexibilisierung "muss weg".

Zur Vollversion des Artikels
 
Zur Vollversion des Artikels

Bei einem Scheitern der Verhandlungen werde man am Montag mit Streiks anfangen, Steigerungen seien möglich, so Wimmer. Ein Streik werde vom ÖGB mitgetragen. Bei den mehreren hunderten Betriebsversammlungen, die seit 2. November bundesweit in den Unternehmen stattgefunden haben, haben fast alle Teilnehmer für einen Streik gestimmt, so Angestellten-Verhandler Karl Proyer. Während die Verhandler Wimmer und Proyer in der Metallergewerkschaft mit Kampfmaßnahmen drohten, demonstrierten Gewerkschafter und Studenten lautstark vor dem Gebäude der Wirtschaftskammer und waren auch in der Metallerzentrale zu hören.

Knackpunkt der heurigen KV-Verhandlungen sind die Arbeitszeitwünsche der Unternehmer, die jeden Metallarbeiter nach Gewerkschaftsberechnungen im Schnitt rund 3.500 Euro pro Jahr kosten würden. Erst bei einer Einigung über die Arbeitszeit wollen die Unternehmer über Prozente sprechen. Die Gewerkschaft will hingegen das Thema Arbeitszeit aus den aktuellen Kollektivvertragsverhandlungen (KV) herausnehmen und gesondert verhandeln.

"Wenn das Junktim aufgehoben ist, werden wir sicher zu einem schnellen Abschluss kommen", so Wimmer. Flexibel arbeiten heiße nicht arbeiten bis zum Umfallen, wenn es Arbeit gibt, und nach Hause geschickt zu werden, wenn die Arbeit fehlt. Die bereits bestehenden Flexibilisierungsmodelle würden von den Unternehmen nicht einmal voll ausgenützt. Jetzt werde die Krisse zum Anlass genommen, um weitere Flexibilisierungen, die nachhaltige Überstundenkürzungen und damit Einkommensverlust bedeuten, durchzubringen.

Es gehe um vernünftige und zukunftsorientierte Lösungen und nicht um einen Tausch Lohn gegen Arbeitszeit, der jeden Einzelnen 3.500 Euro kostet, so Proyer. Sollten die Arbeitgeber darauf weiterbestehen, "dann sind wir in einer Konfliktsituation und die kann auch dauern".

Arbeitgeber wollen Zeitkonto

Und was fordern die Arbeitgeber: Statt Überstunden auszubezahlen, sollen jedes Jahr bis zu 150 Stunden auf ein Zeitkonto im Verhältnis 1:1 "geparkt" werden. Diese Überstunden könne ohne Zuschlag ins kommende Jahr übertragen werden. Die Zuschläge von 25 Prozent sollen erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausbezahlt werden. Im 2. Jahr können weitere 150 Überstunden angesammelt werden und beliebig oft ins jeweilige nächste Jahr übertragen werden. Für diese 151. bis 300. Stunde würden dann 25 Prozent Zuschlag ausbezahlt. Außerdem fordern die Arbeitgeber, dass die tägliche Normalarbeitszeit von 8 auf 10 bzw. 12 Stunden bei Schichtarbeit angehoben werden kann.

Bereits jetzt können im Rahmen der im Kollektivvertrag geregelten "erweiterten Bandbreite" bis zu 80, unter bestimmten Umständen 120 Überstunden auf ein Zeitkonto angespart werden. Allerdings fällt da gleich ein Zuschlag von 25 Prozent an. 40 Stunden können ins kommende Jahr übertragen werden, der Rest wird mit einen Zuschlag von 50 Prozent ausbezahlt.

Die morgige Verhandlungsrunde startet bereits um 10:00 Uhr in der Wirtschaftskammer. Geklärt werden muss auch noch, welche Inflationsrate als Basis für die Verhandlungen genommen wird. War zu Beginn von 1,5 Prozent die Rede, wurde zuletzt von 0,9 Prozent gesprochen.

Verwirrung um "Kampfmaßnahmen" bei Swarovski

Verwirrung hat über angeblich bei einer Betriebsversammlung in der Firma Swarovski Optik in Absam bei Innsbruck beschlossene "Kampfmaßnahmen" geherrscht, von denen der ÖGB berichtet hatte. Beim Unternehmen hieß es auf Nachfrage, dass es derzeit gar keine produktionstechnische Notwendigkeit für Überstunden gebe. Daher bräuchten diese derzeit auch nicht von Mitarbeitern erbracht werden.

Laut ÖGB haben sich 320 bei einer Informationsveranstaltung am Mittwoch anwesende Arbeitnehmer einstimmig für "Kampfmaßnahmen" ausgesprochen. Bis zum Abschluss der KV-Verhandlungen würden keine Überstunden mehr erbracht. Bei Gleitzeit werde nur mehr die Kernarbeitszeit oder Normalarbeitszeit geleistet. Die Maßnahmen würden "ab sofort" gelten. Man werde "ein Auge auf die Einhaltung" werfen, betonte ein ÖGB-Sprecher.

"Gewerkschaftliche Missinterpretation"

Swarovski Optik-Marketing-Chef Johannes Davoras ortete eine "gewerkschaftliche Missinterpretation". Es gebe keine aufgeheizte Stimmung im Unternehmen. Im übrigen gebe es keinen Bedarf an Überstunden. Die Veranstaltung sei "in informativer sachlicher Atmosphäre" verlaufen. Eine der Stärken der Swarovski Optik sei unter anderem "das konstruktive innerbetriebliche Verhältnis zwischen Geschäftsleitung und Belegschaft sowie ihren Vertretern, das auch im Zuge der heuer sicherlich angespannten KV Verhandlungen auf Sozialpartnerebene, nicht getrübt wird".

Swarovski Optik erwirtschaftete 2008 weltweit mit rund 650 Mitarbeitern und einem Exportanteil von über 90 Prozent einen Umsatz von etwa 93 Mio. Euro. Hergestellt werden Ferngläser, Teleskope, Zielfernrohre, optronische Geräte, Entfernungsmesser und Restlichtverstärker. Das Unternehmen ist gemeinsam mit dem Geschäftsbereich Kristall und dem Schleifmittelhersteller Tyrolit Teil der Swarovski Gruppe, die zu 100 Prozent im Besitz der Familie Swarovski steht.

Zur Vollversion des Artikels