Bilanz

Ungarn 2009 - Jahr des Einbruchs und Aufbruchs

30.12.2009

Das Land hat unter der Wirtschaftskrise gelitten wie kaum ein anderes.

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Der Weihnachtsrummel ist vorbei und Silvester steht vor der Tür. Feuerwerksraketen, Würstchen und Sekt werden gekauft. Vor allem die billigen Sorten, klagt eine Geschäftsbesitzerin in Budapest. Die Leute würden sparen, dafür sprächen halb leere Kassen. Ihr kleines Geschäft im 13. Stadtbezirk stehe nach einem Umsatzeinbruch von 40 Prozent am Rande des Bankrotts.

"Leute leben immer schlechter"

Nicht nur das kleine Geschäft in dem Budapester Randbezirk, sondern ganz Ungarn stand 2009 im Bann der Krise und ihrer Bewältigung. Während Einkaufsmeilen mit Preissenkungen lockten und Rabattschlachten führten, schnürte die Regierung ein beinhartes Sparpaket. Mehrwertsteuer erhöht, 13. Monatsrente, das 13. Beamtengehalt und Zuschüsse gestrichen. Eine Lehrerin zeigt sich mit den Maßnahmen einverstanden, hätte Ungarn doch "Jahrzehnte über seine Verhältnisse gelebt, mit einem gewissen Wohlstand auf Pump". Ein Taxler kritisiert die Sozialisten und deren Regierung: "Denen geht es doch nur um die Macht, während die Leute immer schlechter leben".

Kollaps abgewendet

Ungarn wurde besonders hart von der globalen Finanzkrise getroffen. Nur Finanzspritzen des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der EU in Höhe von 20 Milliarden Euro konnten das Land vor dem wirtschaftlichen Kollaps retten. Doch Krisenpremier Gordon Bajnai warnte vor all zu großem Optimismus, denn es "wird weitere Krisen geben, die Probleme sind vorprogrammiert".

Ungarn hatte 2009 Probleme mit dem Budgetdefizit, mit der schrumpfenden Wirtschaft, der hohen Arbeitslosigkeit, mit Fremdenhass, und den Rechtsextremen, die alle Chancen haben, den Einzug ins Parlament zu schaffen und bei der Europawahl mit 15 Prozent der Stimmen nur knapp hinter den regierenden Sozialisten drittstärkste Kraft wurden. Angehörige der Volksgruppe der Roma, der größten ungarischen Minderheit, waren Zielscheibe brutaler Angriffe, bei denen sieben von ihnen ermordet wurden.

Der parteilose Premier Gordon Bajnai steht seit April 2009 an der Spitze der Regierung, nachdem der sozialistische Regierungschef Ferenc Gyurcsany das Handtuch geworfen hatte. Mit dem harten Sparkurs kämpfen Bajnai und sein Kabinett gegen das Pleite-Image des Landes. Erfolgreich, betonen Finanzexperten, konnte das hohe Budgetdefizit Ungarns heuer auf 3,9 Prozent heruntergedrückt werden, was als bester Wert in der Europäischen Union gilt.

Einbruch oder Aufbruch - eine aktuelle Frage auch 2010 in Ungarn. Denn teure Wahlversprechen seitens Fidesz-MPSZ-Chef Viktor Orban - wie Steuersenkung, Wiedereinführung der 13. Monatsrente und des 13. Beamtengehalts - kosten Geld. Durch die Pläne des Oppositionsführers würde das für 2010 veranschlagte Defizit von 3,9 Prozent auf rund sieben Prozent klettern. Orban will vom Sparkurs abweichen, obwohl der Internationale Währungsfonds davor warnt.

Lange dauert die Amtszeit von Krisenpremier Bajnaj nicht mehr, denn im Frühjahr 2010 wird in Ungarn gewählt. Wahlsieger wird, den derzeitigen Umfrageergebnissen nach zu schließen, Orban und seine rechtskonservative Partei Fidesz-MPSZ sein. Seine Sympathisanten sind überzeugt, dass sich unter Orban als Premier alles ändern werde.

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