Gefeierte Premiere

"Der große Gatsby" verzauberte Cannes

17.05.2013

Golden Tenties: Glitzer im Haar, Fransen am Kleid und Männer im Dreiteiler.

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© Village Roadshow Pictures
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 In einem düsteren Keller des Londoner Vergnügungsviertels West End, sorgfältig verborgen vor den Augen der Streifenpolizei, feiern kecke Flapper-Girls die Goldenen Zwanziger. Mit Absinth in Teetassen, opulenter Verkleidung und DJs am Grammophon locken jeden Monat sogenannte Prohibition-Partys Fans an. Wir sind im Jahr 2013. Macher und Gäste imitieren nur die geheimen Feiern in den USA zu Zeiten des Alkoholverbots der 1920er Jahre. Die Partys sind Teil einer Nostalgiewelle, die auch in New York, Berlin und anderen deutschen Städten Einzug gehalten hat.

Hier der Trailer zum Film

"Der große Gatsby" als Kassenschlager
Tickets für die Londoner Partys sind schwer zu bekommen. Und als Folge des Kinofilms "Der große Gatsby" von Baz Luhrmann dürfte die Zahl der Gäste in den kommenden Wochen noch weiter steigen. Für die Neuverfilmung des Klassikers schlüpfte Leonardo DiCaprio in die Rolle des zwielichtigen Millionärs Jay Gatsby, der wöchentlich exzessive Partys veranstaltet. Dies geschieht allein in der Absicht, seiner mittlerweile verheirateten Jugendliebe Daisy (Carey Mulligan) zu begegnen. "In den letzten zwei Jahren hatten wir deutlich mehr Besucher bei den Partys", sagt Anne Kapranos von den "Prohibition Partys" in Londons Bloomsbury Ballrooms. "Die 20er rücken wieder mehr in das Bewusstsein der Menschen. Die Leute haben Spaß daran, zu dieser glanzvollen Zeit zurückzukehren und die momentan eher deprimierende Gegenwart für eine Weile hinter sich zu lassen."

Die 20er Jahre kommen wieder
Doch der Film heizt nicht nur die Nachfrage nach 20er-Feten an, auch die Mode beeinflusst er. Für die illustren Gäste von Gatsbys Partys im Film entwarf die italienische Stil-Ikone Miuccia Prada die Kleider mit. Die Spuren dieser Arbeit sind auch in Pradas aktueller Kauf-Kollektion zu finden - und die Kino-Kostüme lassen sich im New Yorker Top-Geschäft bestaunen. Die Kino-Accessoires wie das "Savoy-Stirnband" wurden vom Edel-Juwelier Tiffany & Co. entworfen - nach Originalvorlagen aus den 20er Jahren. "Als Baz Luhrmann beschloss, den Film zu drehen, kam er zu Tiffany, eben weil wir einen sehr großen Einfluss auf die Mode im "Jazz Age" hatten", erläutert eine Firmensprecherin.

Auch für Low-Budget ein Magnet

Aber auch weniger Betuchte können sich im Stil der "Roaring Twenties" stylen. Denn nicht nur Edelmarken schickten Models als Flapper-Girls mit lose flatternden Kleidern auf den Laufsteg. Der Flapper-Stil - geprägt durch unkonventionelle, rauchende Mädchen der 20er - setzt zum Beispiel auf tief angesetzt Röcke, verziert mit Fransen und Strass. In Großbritannien bieten etwa Trend-Label wie Ted Baker oder River Island Glitzer-Kopfschmuck für Frauen und Dreiteiler für Herren. "Gerade die Accessoires wie Ketten, Handschuhe oder Pelze aus dieser Zeit haben sich in der letzten Saison sehr gut verkauft", heißt es vom Deutschen Modeinstitut. "Auch die Kollektionen für Winter 2014/15 zeigen eindeutig, dass viele Designer wie Lanvin oder Gucci wieder den Blick nach hinten gerichtet haben." Für die weiblichen Fashion-Fans bedeutet das eine Rückkehr zu knielangen, weiten Kleidern, auffallendem Schmuck, mittellangen Absätzen und Pelz. Die Männer dürfen sich als Dandy zeigen - gerne im Anzug samt Weste mit seidenem Einstecktuch und Golfer-Mütze.

Faszination 20er Jahre
Der 20er-Trend ist nicht neu, aber "Gatsby" dürfte ihn weiter anheizen. Doch was fasziniert die Menschen im Jahr 2013 so sehr an diesem Zeitalter? David Nixon, Direktor des Northern Ballet in London und Regisseur einer "Gatsby"-Inszenierung, sagt: "Ich glaube, dass diese Ära eine Art Glamour hatte, der uns heute fehlt. Selbst die Filmstars heute haben nicht mehr den Zauber von einst. Das ist es, was diese Zeit für uns so faszinierend macht." Nixons Ballettversion des Klassikers läuft Ende Mai in London an und ist damit die dritte Inszenierung nach "Gatz" im Noel Coward Theatre und "The Great Gatsby" in Wilton's Music Hall. "Gatsby" also auch als Theater-Trend? "Es ist ein faszinierendes Stück für die Bühne", schwärmt Nixon. "Die Charaktere sind das Wichtigste an der Geschichte, und hier haben wir sieben Hauptcharaktere. Noch dazu sind die 20er definitiv tanzbar." Der Charleston etwa wird nicht nur auf "Prohibition Partys" gepflegt, es gibt auch eigene Tanzkurse.

Gatsby verschafft neues Lebensgefühl
Alle paar Jahre schafft es ein Film, nicht nur wochenlang in gut gefüllten Abendvorstellungen der Kinos zu laufen, sondern auch das Lebensgefühl vieler Menschen mit zu beeinflussen: Anfang der 60er Jahre waren es die Trenchcoats und Turmfrisuren der Figur Holly Golightly in der Tennessee-Williams-Verfilmung "Frühstück bei Tiffany" - gespielt von Audrey Hepburn. Mitte der 80er Jahre waren es zum Beispiel die Forschheit und die androgynen Leinenhemden der Schriftstellerin Karen Blixen (Meryl Streep) in "Jenseits von Afrika".

Info
Seit 17. Mai läuft der Kostümfilm "Der große Gatsby" nach dem 1925 erschienenen Roman von F. Scott Fitzgerald (1896-1940) auch in den österreichischen Kinos.

Hier gehts zu den aktuellen Kino-Filmtrailern.

© oe24.at

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