Filmfestival Locarno

Jem Cohen präsentiert Wien-Streifzug

08.08.2012

Der US-Regisseur feiert mit seinem Wien-Film in Locarno Premiere.

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© Little Magnet Films
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Jem Cohen hat Wien nach Locarno gebracht: Mit seinem Film "Museum Hours", einem von zwei österreichischen Beiträgen im diesjährigen Wettbewerb beim Filmfestival Locarno, wollte der US-amerikanische Regisseur "das andere Wien" zeigen. "Ich wollte eine Stadt, die als High-Class-Touristenziel gilt, hernehmen und fragen: Was ist da noch?", so Cohen am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Vorfeld der Weltpremiere seines Films. "So wie bei jeder Stadt mit Touristenattraktionen gibt es eine ganze Unterwelt, auf die Touristen nicht blicken. Mich interessieren diese peripheren Dinge."

Streifzug durch Wien  
Während der Film den Besucher im winterlichen Wien u.a. in urige Kaffeehäuser und an den kargen Donaukanal führt, ist es doch ein beliebtes Touristenziel, an das die beiden Protagonisten Anne (Mary Margaret O'Hara) und Johann (Bobby Sommer) immer wieder zurückkehren: das Kunsthistorische Museum (KHM). "Ich liebe diese alten Gemälde und diese Museen, viele der Bilder sind eine enorme Inspiration für mich als Filmemacher", so Cohen. Für ihn seien sie "Kanäle für Dialoge über das Leben", die man nur zulassen und aus dem Raum von Elite-Institutionen heben müsse.

Cohen gesteht Liebe zu Viennale  

Während er Wien als Schauplatz aufgrund seiner "Liebe zur Viennale" ausgewählt hat, ist das KHM aufgrund seiner "weltweit besten Sammlung von Brueghel-Gemälden" als Anlaufstelle im Mittelpunkt. "Brueghel war eine essenzielle Inspiration im gesamten Prozess dieses Films, seine Arbeiten sind sehr zugänglich und werden von Jung und Alt weltweit geliebt und verstanden", so Cohen. Das KHM biete dafür einen Rahmen im "klassischen Stil, den viele heutzutage altmodisch finden", sagte Cohen, "aber es braucht diesen ruhigen, meditativen Raum, damit Menschen mit der Kunst in Verbindung treten können".

Grauzone szwischen Fiktion und Dokumentation  
Wenn sich die Protagonisten in diesem Raum bewegen, fühlt sich der Zuseher oftmals einem Dokumentarfilm beiwohnend. "Ich hoffe, die Leute mögen diese Grauzone von Fiktion und Dokumentarfilm", so Cohen. Sein Verständnis von Dokumentarismus liege in der "Offenheit gegenüber der Welt, und der Einsicht, dass man als Filmemacher das Leben nicht steuern kann". "Ich wollte einen Film machen, auf den diese Einstellung zutrifft." Ungefähr die Hälfte des Gesehenen entspringe dem Drehbuch, die andere Hälfte sei an die bestehenden Situationen und das Umfeld angepasst, so Cohen. Auch die Darsteller sollten Aspekte ihrer eigenen Persönlichkeit in ihre Rollen einbringen - für den schauspielerisch unerfahrenen Bobby Sommer ideale Voraussetzungen. "Als Laie war das perfekt", so Sommer, "es war mir ja so peinlich zu versuchen, ein Schauspieler zu sein."

 Große Premiere in der Schweiz
"Museum Hours" feiert am 8. August im Rahmen des internationalen Wettbewerbs seine Weltpremiere beim Filmfestival Locarno, das noch bis 11. August am Lago Maggiore läuft. Mit "Der Glanz des Tages" von Tizza Covi und Rainer Frimmel ist auch ein zweiter österreichischer Beitrag im Wettbewerb vertreten.

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