"Heute bin ich blond"

Lebenslust siegt über Krebs im Kino

24.04.2013

Marc Rothemund hat Autobiografie einer  jungen Krebspatientin verfilmt.

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Dem Tod geweihte Krebspatienten begegnen ihrem ausweglosen Schicksal in Filmen und Literatur häufig mit selbstzerstörerischer Wut. So wie beispielsweise der Teenager Don in "Am Ende eines viel zu kurzen Tages" oder Jessica Schwarz in "Heiter bis wolkig", die mit gnadenloser Rücksichtslosigkeit ihrer Umwelt gegenüber auftritt. "Heute bin ich blond" erzählt von einer anderen Herangehensweise: Die 21-jährige Sophie reagiert mit unerschrockener Lebenslust auf die vernichtende Diagnose - und gewinnt. Ab 25. April im Kino.

Hier der Trailer zum Fim

Nach Party kommt der Diagnose-Schock
Ausgelassen feiern zwei junge Frauen in Antwerpen Silvester, sie trinken, schmeißen sich an die Männer heran. Sie haben noch ihr ganzes Leben vor sich. Gemeinsam planen sie eine WG in Hamburg. Sophie (Lisa Tomaschewsky) will ihr Studium beginnen. Doch am Neujahrsmorgen wacht sie nicht nur mit einem schweren Kater auf, sondern auch mit einem seltsamen Husten und einem ebensolchen Schmerz im Oberkörper. Zurück in Hamburg beginnt eine Odyssee von Arzt zu Arzt bis die Diagnose feststeht: Krebs.

Realer Stoff komödienhaft verfilmt
Der vielseitige deutsche Regisseur Marc Rothemund hat sich an den gleichnamigen autobiografischen Roman der Niederländerin Sophie van der Stap gewagt und trifft dabei den Ton der Buchvorlage und wohl auch der Autorin selbst. Fast unerschrocken und voller Lebensfreude trotzt die junge Frau der Krankheit, hört nicht auf, in derben Sprüchen über Sex und ihren körperlichen Verfall zu sprechen, sich in Discos sinnlos zu betrinken und in Flirts zu stürzen. Diese Bedingungslosigkeit ist mitunter für den Zuschauer unerträglich, manchmal auch ein wenig unglaubwürdig.

Perücken als Zeichen des SIegeswillen
Vor allem aber will Sophie nicht hinnehmen, mit einer Nullachtfünfzehn-Perücke wie eine Playmobilfigur auszusehen. Nach und nach legt sie sich immer mehr Perücken zu, die sie jeweils zu einer anderen Frau machen. Sie spielt mit den verschiedenen Charakteren und entdeckt zugleich die verschiedenen Seiten an sich. So gerät der Kampf gegen den Krebs auch zu einem sehr unterhaltsamen und gleichzeitig ernsten Selbstfindungstrip. Lisa Tomaschewsky spielt diese todkranke junge Frau trotz aller Rückschläge und kräftezehrender Therapien voller Kraft und Lebensfreude. Das wirkt nicht immer realistisch. Auch dass diese von 54 Wochen Chemotherapie geschwächte Frau meist sehr hübsch anzuschauen ist und die Augenringe schon mit ein wenig Make-up völlig verschwinden, stört dann und wann. Ebenso das Leben in einer Hochglanzkulisse mit vielen schönen, netten und verständnisvollen Menschen.

Fazit
Und doch gelingt es Regisseur Rothemund ("Sophie Scholl - Die letzten Tage") über fast zwei Stunden die Spannung zu halten. Wie so oft beweist er ein gutes Gespür für seine Figuren und lässt seinen Schauspielern viel Freiraum. Er fängt die Hilflosigkeit von Sophies Eltern (Peter Prager und Maike Bollow) ebenso ein wie die ihrer Freunde. Mitleid zählt jedoch nicht, vielmehr gnadenlose Ehrlichkeit, auch wenn sich der Zuschauer irgendwann etwas weniger Erbarmungslosigkeit wünscht. Damit schafft Rothemund eine bewegende und sehr besondere Komödie, die ihre Eindringlichkeit ebenso ihrer großartigen Hauptdarstellerin wie der autobiografischen Vorlage verdankt. Sie ist eine Ode an das Leben, klug, witzig, unterhaltsam und sehr anrührend.

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© oe24.at

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