Salzburger Festspiele

Pereiras erste Halbzeit bei den Festspielen

08.08.2012

Nicht "Zauberflöte" oder "Boheme", sondern "Ariadne" sorgte für den Höhepunkt.

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© Bruna
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Am kommenden Samstag (11. August)  ist Halbzeit bei den ersten Salzburger Festspielen unter dem neuen Intendanten Alexander Pereira. Dann werden 22 der heuer 45 Festspieltage hinter Publikum und Künstlern in Salzburg liegen, und weitere 22 vor ihnen. Zwar gehen Spieler und Trainer nicht in die Kabine, um eine Pause einzulegen, dennoch scheint die Zeit reif für eine erste Analyse. Die Salzburger Festspiele funktionieren hoch professionell. Aber der Glanz auf den roten Teppichen vor den Festspielhäusern scheint schillernder als auf den Bühnen selbst. Dort gibt es wenig überzeugende Konzepte und viel gute Musik. Und (noch) kein wirklich strahlendes Highlight.

Fünf Opern-Premieren erledigt  

Von den insgesamt neun Opern des Festspielsommers 2012 haben fünf die Premiere hinter sich. Es fehlen die zwei Wiederaufnahmen "Carmen" und "Giulio Cesare", die konzertante Händel-Oper "Tamerlano" und die szenische Neuproduktion "Die Soldaten" von Bernd Alois Zimmermann", ein möglicher Höhepunkt der zweiten Festspiel-Halbzeit.

 Ariadne begeistere Publikum 
Das künstlerische Ereignis der ersten Spielhälfte wurde etwas überraschend "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss. Ihr exemplarisches Gelingen verdankt die Produktion nicht unbedingt der Opernregie von Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf, sondern der Neufassung mit einem der Oper vorangestellten Theaterstück von Moliere beziehungsweise Hugo von Hofmannsthal. Experimente Richtung Gesamtkunstwerk, realisierte Querverbindungen zwischen Theater und Oper - genau das sind Projekte, die im Repertoirebetrieb unmöglich sind. Derartiges können nur Festspiele wie Salzburg leisten. Salzburg hat mit dieser "Ariadne" Kompetenz bewiesen.

"Zauberflöte" beeindruckte nur mäßig  
Die nur kurz und knapp beklatschte Auftakt-Premiere mit der "Zauberflöte" brachte dagegen eine eher langweilige, biedermeierliche Regie von Jens-Daniel Herzog, ebenso mittelmäßige Solisten und ein ebenfalls nicht nachhaltig berauschendes Originalklang-Dirigat von Nikolaus Harnoncourt. Mit "Das Labyrinth, der Zauberflöte zweyter Theil" von Peter von Winter wurde eine Fortsetzung der berühmten Mozart-Oper präsentiert, die sich als banal-buntes Ausstattungs-Spektakel mit handwerklich recht ordentlichen Musiknummern erwies und rasch wieder in jenen Schubladen verschwinden dürfte, in denen sie in den vergangenen zwei Jahrhunderten verstaubte.

Netrebko glänzte in "La Bohème"  
Puccinis "La Boheme", mit Starglanz rund um Anna Netrebko veredelt, wurde als Sängerfest wahrgenommen. Zwar war Damiano Michielettos Regie dieses Verismo-Klassikers wirkungs- und sinnvoll, dennoch konnte die Aufführung als "Fest-Spiel" kaum über den gehobenen Standard guter Repertoire-Häuser hinausragen und trug daher nicht wirklich zu Salzburgs Opern-Ruhm bei.

"Overture spirituelle" wirkte belebend  
Bleibt ein guter, kurzweiliger aber nur konzertanter Jugend-Mozart ("Il Re Pastore") und eine lange Reihe zum Teil berauschender Konzerte. Diese begannen mit einer wunderbaren "Schöpfung" am Beginn der neuen "Ouverture spirituelle", mit der die Festspiele merkwürdigerweise eine ganz Woche vor ihrer offiziellen Eröffnung in den Sommer starteten. Inhaltlich ist diese Pereira-Novität aufgegangen, Eliot Gardiner, Thomas Hampson, Zubin Mehta und Claudio Abbado waren die beeindruckendsten Künstler dieses elfteiligen Konzertauftaktes geistlicher Musik.

Philharmoniker in Top-Form
  Die Wiener Philharmoniker präsentierten sich in ihren Konzerten in gewohnt guter Form, und auch die bisher aufgetretenen Gastorchester, Sänger, Instrumentalisten und Kammermusiker hielten, was sie versprachen. Überraschungen oder bemerkenswerte Neuentdeckungen waren noch nicht dabei.

Jedermann zog Massen an  
Das gilt auch für das Schauspiel. Dieses startete zum letzten Mal mit der bewährten "Jedermann"-Inszenierung von Christian Stückl, die sich ideal in die "Ouverture spirituelle" einfügte. Wie sich rund um Nicholas Ofczarek in der Hauptrolle eine echte Auseinandersetzung mit Tod, dem Leben und der realen Möglichkeit von Umkehr entwickelt hat, muss der für 2013 angekündigte neue "Jedermann"-Regisseur (dem Vernehmen nach Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf selbst) erst einmal hinkriegen. Andrea Breths "Prinz von Homburg"-Inszenierung bot neben dem erwarteten Schauspiel-Fest ein fragwürdiges Konzept, in dem Ex-"Jedermann" Peter Simonischek als souveräner Kurfürst mit einem psychisch überaus labilen Prinzen leichtes Spiel hatte.

Auch Leichtgewichte auf der Bühne 
Als etwas leichtgewichtig, aber überaus unterhaltsam erwies sich Irina Brooks rockig-bunte "Peer Gynt"-Interpretation auf der Perner Insel. Die in Frankreich lebende Britin wird sich in der zweiten Festspiel-Halbzeit noch mit einer französischen "Sturm"-Interpretation vorstellen. Mit zwei Puppentheater-Produktionen, Kindertheater und einer Uraufführung von Händl Klaus warten noch spannende Schauspiel-Premieren, und auch das "Young Directors Project" hat gerade erst begonnen. Beim südafrikanischen Auftakt ("Trapped") hat sich das Risiko jedoch nicht gelohnt. Der Regie-Preisträger dieser Festspiele muss erst gefunden werden.

 (Von Christoph Lindenbauer und Wolfgang Huber-Lang/APA)

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