Ausnahmezustand

"Die Pest" von Albert Camus in Salzburg

21.01.2014


Umjubelte Uraufführung des Romans auf der Bühne des Landestheaters.

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© www.salzburger-landestheater.at
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"Die Pest" ist Synonym für zerstörerischen Ausnahmezustand. Doch auch in dieser mörderischen Katastrophe gibt es Widerstand mit Haltung. Entstanden in den Kriegsjahren gilt der Roman von Albert Camus als Schlüsselwerk der französischen Literatur. Das Salzburger Landestheater hat dieses Stück literarischen Humanismus erstmals auf die Bühne gebracht. Gestern, Samstagabend war die Uraufführung.

Christoph Wieschke verzaubert im Alleingang
Camus' Tochter Catherine hat die Bühnenfassung von Dramaturg, Regisseur, Bühnenbildner und Theaterimpresario Carl Philip von Maldeghem abgesegnet. Und der hat seinen Spieler - Christoph Wieschke - in alle zwölf Rollen des Romans gesteckt. Wieschke wechselt also permanent den Tonfall, unterbricht sich, fällt sich ins Wort, streitet, diskutiert und argumentiert mit sich selbst. Trotzdem - und das ist zweifellos einer der starken Aspekte dieses Projektes - gelingt es Maldeghem und Wieschke, die Rollen und Charaktere einigermaßen unterscheidbar zu halten. Weniger starke Aspekte gibt es auch. Denn "unterscheidbar" ist eine Sache, "eindringlich, kraftvoll und mitreißend" eine andere. Dem Text des Nobelpreisträgers fehlt in dieser Fassung die Fähigkeit, das Publikum nahe heran zu führen etwa an den moralischen Zwiespalt des Journalisten oder die Verzweiflung und Ohnmacht des Arztes. Auch wenn Wieschke laut wird und poltert, schreit, zischt, murmelt oder fleht, entsteht an diesem Abend nie jener Sog, der für die Verwandlung von Literatur in Betroffenheit unentbehrlich ist.

Auflockerungen inklusive
Sogar Maldeghem selbst scheint der Kraft des eigenen Konzepts nicht ganz vertraut zu haben. Zur "Auflockerung" hat er spaßige Einlagen mit einer Zuschauerin eingebaut, die dem Stück (und der Dame aus dem Publikum) nun wirklich keinen guten Dienst erwiesen haben. Was hingegen gut funktioniert ist die Bühne - ein weißer, kubusförmiger Wand-Block als Wohnraum, Stadtmauer und schließlich Tor in die Freiheit hat Kraft. Die blauen Plastik-Bälle, die den gesamten Abend begleiten, erschließen sich weniger, so wie das gesamte Camus-Projekt nicht wirklich überzeugt. Trotz einer starken schauspielerischen Leistung, einiger guter Regieideen und eines moralisch wertvollen Textes.

Info
Bühnenfassung von Carl Philip von Maldeghem im Salzburger Landestheater am 18. Jänner 2014. Regie und Bühne: Carl Philip von Maldeghem. Alle zwölf Rollen: Christoph Wieschke. Bis zum 6. Juni stehen 13 weitere Vorstellungen auf dem Spielplan, www.salzburger-landestheater.at.


 
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