Breites Spektrum

Anzinger-Schau im Kunstforum

12.02.2014


In Köln lebende  Maler zeigt Kreuzigungen und Wild West Szenen.

Zur Vollversion des Artikels
© Albert Fuchs
Zur Vollversion des Artikels

Schlicht "Siegfried Anzinger" heißt eine Ausstellung, die heute, Mittwoch (12. Februar), Abend im Bank Austria Kunstforum Wien eröffnet. "Man hätte es natürlich Mönche, Nixen und Indianer nennen können. Aber das sieht man eh' alles selbst. Also hab ich gesagt: Just the name!", sagt der in Köln lebende oberösterreichische Maler, der am 25. Februar seinen 61. Geburtstag feiert, im Gespräch mit der APA.

Künstler auf Ausstellung vorbereitet
Die von Florian Steininger kuratierte und bis 27. April laufende Werkschau ist weniger eine Mid-Career-Show als ein Blick ins Atelier. Bis auf einige Leihgaben, die vor allem einen kleinen Raum bespielen, in dem an seinen Biennale-Auftritt 1988 erinnert wird und der auch als Kontrastprogramm zum Übrigen dient, stammen die meisten Gemälde aus seiner jüngsten Produktion. "Ich habe in den letzten eineinhalb Jahren gewusst, dass diese Ausstellung stattfinden wird. Das blendet man dann aber aus." Er sei ja kein Auftragsmaler, sagt Anzinger, der seine 1997 übernommene Malerei-Professur an der Kunstakademie Düsseldorf nicht mehr lange ausüben will. "In drei Jahren gehe ich in Pension."

Vom Wilden Westen bis hin zur Kirche

Wer 2010 Anzingers große Ausstellung im Linzer Lentos gesehen hat, wird viele Motive wiederfinden. Cowboys und Indianer aus dem Wilden Westen etwa. "Da ist aber nicht nur der Wilde Westen, sondern mindestens genauso viel Oberösterreich drinnen", warnt der Künstler vor Missinterpretationen. "Ich bin ja kein Ethnologe. Und die Indianer sind ja Selbstporträts mit Federn." Auch, dass man in vielen seiner Bilder Geschichten entdecken kann, die wie Bildgeschichten, ja mitunter sogar wie gemalte Comics wirken, hört er eher skeptisch: "Als Märchenonkel würde ich nicht so gern gesehen werden. Meine Malerei ist zwar an der Schmerzgrenze zur Illustration, sie muss aber bei diesen Geschichten immer wieder abstoppen oder auf falsche Fährten locken." Mit seinen irritierenden Tableaus verführe er den Betrachter zum Weiterdenken, sagt Anzinger. Es gehe ihm darum, "das Pathos zu stören", "Ballast abzuwerfen" und "Haken zu schlagen, um ernste Motive zu unterlaufen": "Ich verwende ja so überstrapazierte Themen wie Kreuzigung, Madonna oder den heiligen Hieronymus." Wie er diese Motive neu aufbereitet, kann mitunter für Verstörung sorgen - nicht nur wegen ihrer Explizität, sondern auch wegen Blasphemieverdachts.

Von der Kirche inspiriert
Jene ans Kreuz geschlagene Schweine, die 2012 dafür sorgten, dass eine geplante Anzinger-Ausstellung in einer Kölner Kirche abgesagt wurde, empfangen den Kunstforums-Besucher gleich beim Eingang. Absurder Weise sei ihm zum Verhängnis geworden, die Schweine nicht als leidende Kreaturen, sondern als fröhliche Marzipanschweinchen gemalt zu haben, ärgert sich der Künstler noch heute. Noch dazu, wo er als Landkind von der kirchlichen Ikonografie in Form von Deckenfresken einen bleibenden Eindruck erhalten hatte. "Mit ihren schrecklichen Bilderwelten haben sie mich angefixt. Ich bin tagelang auf dem Kirchenbankerl gesessen und habe verträumt nach oben geschaut. Das hat mich umgehauen!"

Das Kreuz zieht sch durch Bilder
Das Kreuz-Motiv zieht sich durch die ganze Ausstellung. Mal wie ein böser Witz, wenn etwa eine verhüllte Frau (Maria? Maria Magdalena?) ein "Letzte Foto" des Gekreuzigten schießt, und immer wieder eindeutig sexuell aufgeladen. "Als Kind durfte ich drei Dinge nicht zeichnen", sagt Anzinger: "Ein Kreuz, einen Schwanz und eine Muschi. Vielleicht wirkt das noch nach..." Der einstige junge Wilde ist als anerkannter Kunstprofessor keineswegs bieder geworden. Er lotet deutlicher denn je aus, was zwischen altmeisterlicher Technik, klassischer Motivik und konkretem Bildinhalt für Spannungsverhältnisse stecken können. Wo hört die Kunst auf, wo fängt der Kalauer an? Wie schaut gemalter Quatsch aus? Was haben Comic und Komik im Tafelbild verloren?

Weitere Anzinger Bilder in Wien
Wer selbst von Anzingers Bildern angefixt wurde, kann noch bis 10. Mai in der Wiener Galerie Thoman 20 neue Bronzen und Terrakotten des Künstlers besichtigen. Im Kunstforum selbst geht es nach ihm sehr gemischt weiter: Ab 8. Mai zeigt "Eyes Wide Open" Stanley Kubrick als Fotograf, ab 16. Oktober folgt eine umfassende Retrospektive zu Henri Toulouse-Lautrec.

Info
"Siegfried Anzinger", Ausstellung im Bank Austria Kunstforum Wien, Wien 1, Freyung 8, 13. Februar bis 27. April, tgl. 10-19 Uhr, Fr 10-21 Uhr, Katalog, erschienen im Hatje Cantz Verlag, 176 S., 128 Abb., 29 Euro, www.bankaustria-kunstforum.at



 
Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel