Goldbarren in Buchform

Tobias Natter präsentiert Klimt-Verzeichnis

14.11.2012


Chef des Leopold Museums legt bildgewaltige Hommage an Stoclet-Fries vor.

Zur Vollversion des Artikels
© Taschen
Zur Vollversion des Artikels

So stellt man sich einen Prachtband vor: 680 Seiten, gespickt mit Groß- und Detailabbildungen, farb- und bildgewaltig, fast acht Kilo schwer und im A3-Format mehr Einrichtungsgegenstand als Nachschlagewerk. Dass "Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde" nach dem Willen seines Verfassers Tobias Natter, Moderne-Experte und Direktor des Leopold Museums, dennoch ein Standard-Referenzwerk sein soll, lässt die schiere Größe ein wenig unhandlich erscheinen. Tatsächlich leistet der im Taschen Verlag erschienene Band zweierlei: Einerseits beinhaltet er ein neues Werkverzeichnis. Andererseits liefert er auf fast 100 Seiten eine überbordende Hommage an das Klimt-Fries im Brüsseler Palais Stoclet.

Wahrer Augenschmaus für Klimt-Fans
Da kommt man mit dem Auf- und Auseinanderfalten gar nicht nach, und mit dem Schauen sowieso nicht: Das der Öffentlichkeit verschlossene Palais konnte für das opulente Buch durchfotografiert werden, der ganze Mittelteil des Bandes beinhaltet die dazugehörige Dokumentation. Farben, Formen, Details und Großansichten entfalten geradezu hypnotisierende Effekte. Aber man bräuchte nicht einige der weltweit renommiertesten Klimt-Experten, wollte man sich auf acht Kilo Abbildungen beschränken: Evelyn Benesch, Marian Bisanz-Prakken, Rainald Franz, Anette Freytag, Christoph Grunenberg, Hansjörg Krug, Susanna Partsch, Angelina Pötschner und Michaela Reichel haben in ihren Beiträgen das malerische Werk Klimts analysiert, Natter selbst konzentrierte sich auf das Ergebnis seiner 15-jährigen Recherchen zum Werkverzeichnis.

Werkverzeichnis mit neuen Nummern
In dieser Auflistung samt Konkordanzliste, die die Übereinstimmung zu bisherigen Werkverzeichnissen nachweist, finden sich sieben neue Nummern, bei denen es sich aber um verschollene Werke ohne Abbildung handlet, oder um mutmaßliche Werke, von deren Existenz man durch Klimts Korrespondenzen weiß. "Bei derart vagen Angaben wundert es aber doch, dass nicht auch 'Seeufer mit Birken' aufgenommen wurde", urteilt "Die Presse" in einer Rezension. Dieses 2011 entdeckte und versteigerte Werk konnte Natter laut eigenen Angaben nicht rechtzeitig sehen.

Erlebnislektüre mit Gold-Status
Als Klimt-Lexikon ist der Goldbarren in Buchform allerdings ohnehin kaum geeignet: Wer den Band aufschlägt sucht weniger nach schneller Information als nach dekadenter Erlebnislektüre für stolze 150 Euro. Auch Klimts versammelte Briefe, in denen der oftmals undurchsichtige Lebemann ein Stück weit greifbar wird, laden zum Eintauchen in das Sinneserlebnis Klimt ein. Bereits Mitte Oktober wurde das Buch im Palais Stoclet in Brüssel präsentiert, morgen, Mittwoch, stellt Natter sein Opus Magnum im Leopold Museum vor.

Info
Tobias Natter (Hg.): "Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde", Taschen Verlag, 676 Seiten, 150 Euro


 
Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel