Konzert-Highlight

Mumford & Sons rockten Wien

08.03.2013

Britische Folk-Rocker versetzten energiegeladen Fans in Ekstase.

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© APA/HERBERT P. OCZERET
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Mumford & Sons darf man gleich für mehrere Großtaten danken: Mit Folk-Rock auf Instrumenten, welche noch vor kurzem adoleszentes Naserümpfen hervorgebracht hätten, haben die Briten aus dem Stand die Charts durchgewirbelt. Bei ihrem ersten Wien-Auftritt Donnerstagabend versetzten die jungen Briten ihr Großteils jugendliches Publikum mühelos zwei Stunden lang in Ekstase und befreiten die Popmusik zugleich endgültig von der Schreckensherrschaft der in den 90ern aufgekommenen Boygroups.

Richtige Männer auf der Bühne

Männer mit leichtem Hang zur Vernachlässigung ihrer Optik können aufatmen: Frauen von heute verehren den eher bodenständigen Typ, dem man die Leidenschaft zum Bierkonsum ruhig ansehen darf. Allerdings, das ist der Haken, sollte man dazu ganz passabel Gitarre spielen können. Oder Banjo. Eine Fähigkeit, deren Offenbarung noch vor wenigen Jahren ein todsicherer Garant für ein gescheitertes Date gewesen wäre. Mumford & Sons haben das Instrumentarium von Folk und Bluegrass rehabilitiert und fahren höchst erfolgreich damit. Dementsprechend freuen sich die Musiker, etwa das Banjo erfolgreich aus dem Musikmuseum geholt und entstaubt zu haben. Bereits jetzt gebe es YouTube-Videos von jungen Fans, welche sich aufgrund der Band auf diesem Instrument versuchen würden. "Es ist eines der größten Komplimente, die einem jemand machen kann", meinte Bassist Ted Dwane im APA-Interview vor der Show. "Ich freue mich, dass die Leute weiterhin 'echte' Instrumente spielen." Auch wenn man viel Respekt etwa vor neuen elektronischen Klängen als Ausdrucksmittel habe.

Grammy-Gewinner "on the road" groß geworden
Ein wesentlicher Unterschied zu diversen "Retortenbands" ist, dass die Grammy-gekrönten Mumford & Sons vorwiegend "on the road" großgeworden sind. "Was wir wirklich genießen ist, auf Tour zu sein und dass Leute zu unseren Shows kommen", sagte Ted Dwane, der es vor allem liebt, neue Orte zu besuchen. "Touren ist das, wofür wir gemacht sind, es ist das Rückgrat unseres Bandlebens." Genug werde man davon wohl nie haben, ergänzte Keyboarder Ben Lovett. "Es ist wirklich das, weshalb alles Sinn macht. Es ist die härteste Arbeit, du schwitzt, wirst müde" - was sich dann auch bezahlt mache. Hat man den Job gut gemacht, kommen mehr Leute zu den Shows. "Es ist einfache Arbeit." Wie bei vielen guten Bands tut sich die Öffentlichkeit jedoch schwer, die erfrischende Musik der Briten in die richtige Schublade zu quetschen. Wer Mumford & Sons als "Alternative" abhandelt, dürfte Simon & Garfunkel mühelos als Väter des Techno-Punk anerkennen. Vielmehr handelt es sich bei dem Quartett, das auf der Bühne von Bläsern sowie weiteren Mitmusikern unterstützt wird, schlicht um grandiose Songwriter, die sich weit bis zu den Wurzeln britischer und nordamerikanischer Volksmusik durchgegraben haben und die Schätze zeitgemäß aufpolieren.

Schnörkselloser Rock vom Feinsten
Und derart schnörkellos nutzen Mumford & Sons auch die Bühne: Keine "tanzenden Fliegenpilze", wie es ein Besucher vor dem Konzert ausgedrückt hatte, gab es im Gasometer zu bestaunen. Vielmehr die ungebändigte Energie und Agilität der Musiker sorgte dafür, dass jeder Song eine kleine Explosion darstellt. In den kurzen Pausen zwecks Instrumentenwechsel wird schlicht das Licht abgedreht, wofür andere Bands höchstwahrscheinlich mit nassem Fetzen von der Bühne gejagt würden. Stimmungsvoller Höhepunkt der Show, die mit den Titeltrack des aktuellen Albums "Babel" begonnen hatte, war "Little Lion Man", bei dem schlichte Lichterketten das Gasometer in die Stimmung einer walisischen Landhochzeit versetzten. Aber auch bei "I Will Wait", "Lover Of The Light" und "Dust Bowl Dance" schien es, als ob es sich bei den Songs um alttradierte Volksweisen handelte - zumal sich das vorwiegend weibliche Publikum aufgrund enormer Textsicherheit als weiteres Bandmitglied bewies.

Neues Album in Arbeit

Schon bald dürften die Fans ihr Repertoire erweitern. Denn ein neues Album sei derzeit in Arbeit, bestätigte die Band - zumal man auch auf Tour ständig an neuen Songs bastle. Ein neues Stück basiere wiederum auf einem Refrain, der bereits zu Gründungszeiten der Band existierte, so Ben Lovett, der Wien gleich eine Liebeserklärung machte. Bereits bei ihrem ersten Österreich-Aufenthalt - Mumford & Sons spielten im vergangenen Jahr beim Harvest Of Art Festival in Wiesen - habe die Band hier eine wundervolle Zeit gehabt.  Dass es Musikmarketing-Experten künftig noch schwerer haben werden, auf Geschlechterrollen zu bauen, konnte man übrigens schon vor dem längst restlos ausverkauften Konzert ahnen, bei dem sich eine rekordverdächtige Schlange vor dem Eingang des Gasometers gebildet hatte. "Ungefähr 15 Meter weiter ist noch ein Eingang", verkündete eine Ordnerin lautstark. Zusatz: "Ob es genau so weit ist, brauchen Sie mir nicht glauben, ich bin eine Frau." Es dürften ziemlich exakt 15 Meter gewesen sein. Schätzt der Kritiker (männlich, bodenständig, banjospielend, biertrinkend).

Hier gehts zu den aktuellsten Musik-Videos.

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