Wagner-Fernsehfilm

'Der Clan': 'Dallas' mit Antisemitismus

12.12.2013

ORF 2 beendet das Jubiläumsjahr mit Wagner-Familiensaga.

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Zum Ausklang des Wagner-Jubiläumsjahres zeigt ORF 2 mit "Der Clan. Die Geschichte der Familie Wagner" noch ein aufwendiges Filmepos über die Mischpoche des Operntitanen. Mit Starbesetzung rund um Iris Berben entspinnt sich in leinwandtauglichen Bildern ein sehr freies Spiel mit den historischen Charakteren. Letztlich ist "Der Clan" eine lange "Dallas"-Folge rund um Sex, Intrige und Antisemitismus.

Wagner Background im Zentrum
Am Beginn steht ein animierter Flug über das Venedig des Jahres 1883, während Wagner gerade stirbt - was bereits die Prämissen für den Film legt: Um Richard Wagner selbst wird es nicht gehen, sondern um seine Familie. Geschildert wird dies in prächtigen Bilder, die praktisch als einziges Element in "Der Clan" an Oper oder Wagners Musik gemahnen. Und drittens deutet die Einblendung "Frei erzählt nach wahren Begebenheiten" auf die Dramatik des Folgenden hin. Neo-Witwe Cosima (Iris Berben) schwört die drei Kinder Siegfried, Isolde und Eva darauf ein, ihr Leben dem Erbe des Vaters zu widmen. Der Kampf mit dieser Bürde bildet den Brandbeschleuniger für die Familiensaga der kommenden Jahrzehnte, wobei die ersten Jahre im Eilschritt durchmessen werden. Sohnemann Siegfried (Lars Eidinger) hadert alsbald mit seiner Homosexualität und den Erwartungen an den Erstgeborenen, Isolde (Petra Schmidt-Schaller) mit der gläsernen Decke, die der energischen, künstlerisch begabten Frau im Wege steht und Eva (Eva Löbau) mit ihrer Rolle als mittleres Kind.

Film ohne Hauptdarsteller

Der teils in Österreich gedrehte "Clan" kommt somit ohne Hauptfigur aus, sondern versammelt ein Panoptikum grundsätzlich schillernder Persönlichkeiten, die allerdings in der Deutung der Filmemacher bisweilen recht eindimensional daherkommen. Einen Glanzpunkt setzt wieder einmal Iris Berben als kühle und berechnende PR-Managerin Cosima. Nach Bethsy Buddenbrook und Bertha Krupp drückt die 63-jährige einer weiteren historischen Patriarchin ihren Stempel auf und wirkt dabei schlicht cool. Der antisemitische Schriftsteller und Eva-Ehemann Houston Chamberlain (Heino Ferch) hingegen ist von vorne bis hinten ein intriganter Popanz. Dass sich aber praktisch alle Protagonisten permanent in antisemitischen Ausfällen ergehen, die darin münden, dass Siegfried-Gattin Winifred Tochter Friedelind mit den Worten, sie sei "Veget-Arier", vom Fleischkonsum abhält, scheint dann doch etwas übertrieben. Dabei hätten die realen Geschehnisse ohnedies mehr als genug Dramatik geboten. Regisseurin Christiane Balthasar nähert sich hingegen sehr frei ihrem Sujet, wenn sie etwa Wagner nicht am Schreibtisch, sondern beim Seitensprung sterben lässt. Und am Schluss steht der böse Wolf vulgo Onkel Wolf (der Spitzname für Hitler in der Wagner-Familie) vor der Tür. Der Raum für eine Fortsetzung mit den Querelen um Wieland und Wolfgang, Nike und Katharina und den weiteren Familienmitgliedern bleibt also.

 Info
"Der Clan. Die Geschichte der Familie Wagner" am 14. Dezember um 20.15 Uhr in ORF 2. Regie: Christiane Balthasar, Drehbuch: Kai Hafemeister. Mit Iris Berben/Cosima Wagner, Justus von Dohnanyi/Richard Wagner, Lars Eidinger/Siegfried Wagner, Petra Schmidt-Schaller/Isolde Wagner, Eva Löbau/Eva Wagner, Heino Ferch/Houston Chamberlain, Felix Klare/Franz Beidler, Vladimir Burlakov/Dorian Davies, u.a.


 
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