Polyester VS. Baumwolle

Sind Naturfasern wirklich nachhaltiger?

04.08.2021

Immer wieder stellt man sich die Frage: Wie nachhaltig ist Polyester? Wie nachhaltig ist Baumwolle? Was ist die bessere Entscheidung? In diesem Guide steht alles, was du über Synthetik- oder Naturfasern wissen musst!

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Wir stehen im Fashionstore und halten zwei Shirts in der Hand. Eines ist aus Baumwolle, das andere ist aus recyceltem Polyester. Wir wollen das Baumwoll-Shirt nehmen, aber da fällt uns ein wie wasserintensiv der Baumwollanabau ist. Aber bei Synthetikfasern gelangt doch Mikroplastik in den Ozean? Auch wenn es recycelt ist? Mit unserem Guide musst du dir diese Fragen nicht mehr stellen. Hier haben wir die Pros und Kontras von Natur- und Synthetikfasern aufbereitet.
 

Kunstfasern als echte Alleskönner

Kunstfasern bestehen hauptsächlich aus verschiedenen Kombinationen von Polyester und Polyamid. Sie sind der Big Player im Bereich Sport-, Outdoor- und Funktionskleidung. Sie sind meist besonders stretchy, wasserabweisend, können winddicht oder reiß- und scheuerfest sein. In anderen Worten: Kunstfasern sind richtige Alleskönner.

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Herstellungsprozess

Der Rohstoff für die meisten Kunstfasern ist, wie bei allen Formen von Plastik, Erdöl. Und Erdölförderung kommt natürlich immer mit der Zerstörung von Wäldern, der Verschmutzung von Gewässern und damit die Gefährdung der Trinkwasserversorgung für ganze Dörfer oder Städte und der Zerstörung von Lebensraum vieler Tierarten einher. Wer aber nicht auf die Vielseitigkeit von Funktionskleidung verzichten möchte, kann sich entweder recycelte Kunstfasern oder Naturfasern mit denselben Eigenschaften zunutze machen.

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Recycelte Kunstfaser

Polyester wird aus Polyethylenterephthalat, besser bekannt als PET, hergestellt. Derselbe Rohstoff aus dem Plastikflaschen und Co hergestellt werden. Viele Firmen haben es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, Plastik aus den Meeren zu fischen und daraus neue Laufshirts und Badehosen herzustellen. Das recycelte Polyester, auch rPET genannt, hat den Vorteil, dass bereits weggeworfenen Kunststoffen ein zweites Leben gegeben wird. Es ist genauso hochwertig wie neues Polyester, benötigt aber weniger Ressourcen, nämlich 59 % weniger Energie.

Das Problem an der Sache ist jedoch, dass Plastik nicht unendlich oft wiederaufbereitet werden kann. Einige Plastikarten können nur einmal, manche gar nicht recycelt werden. Daher ist es trotzdem wichtig den Plastikkonsum so weit wie möglich einzuschränken, da es sich bei der Annahme, dass Einwegplastik „eh recycelt wird“, leider um einen Irrglauben handelt. Außerdem lösen sich auch aus rPET-Kleidungsstücken mikroskopisch kleine Plastikpartikel und landen mit jedem Waschgang im Meer.

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Mischfasern sind nicht recyclebar

Was die meisten Menschen gar nicht wissen, ist, dass Mischfasern aus synthetischen und natürlichen Fasern quasi nicht recyclebar sind. Das bedeutet: Es wäre wahrscheinlich besser ein Shirt aus 100 % rPet zu kaufen, als ein Shirt aus 50 % rPET und 50 % Baumwolle.

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Naturfaser sind auch Alleskönner

Naturfasern gliedern sich in zwei Kategorien: Fasern pflanzlichen Ursprungs und Fasern tierischen Ursprungs. Die beliebtesten Pflanzenfasern sind Hanf, Jute, Leinen und natürlich Baumwolle. Textilien tierischen Ursprungs werden meist aus Wolle, Seide oder Kaschmir hergestellt. Wolle zum Beispiel ist ein wirkliches Wunderwerk der Natur: Sie kann Feuchtigkeit vom Körper aufnehmen und schnell wieder nach außen abgeben – genauso wie die hochgelobten Synthetikfasern. Außerdem hält Wolle warm oder kalt, je nach Außentemperatur. Aber auch bei diesem natürlichen Stoff, der kein Mikroplastik ins Meer schwemmt und sich biologisch abbauen lässt, gibt es Einiges, auf das man achten sollte.

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Worauf man beim Kauf von Produkten aus Naturfasern achten sollte

Als erstes muss man sich einmal entscheiden, ob man Fasern tierischen Ursprungs nutzen möchte, oder ob es sich um ein rein pflanzliches Produkt handeln soll. Es gibt aber noch weitere Fragen, die man sich stellen muss, wenn man ein nachhaltiges Kleidungsstück aus Naturfasern erstehen möchte. 


Wo kommt mein Kleidungsstück her?

Egal ob pflanzlich oder tierisch, wie immer gilt: Kaufe möglichst lokal. Rohstoffe, die in Österreich oder den umliegenden europäischen Ländern gewonnen wurden, verbrauchen weniger Ressourcen beim Transport, was immer von Vorteil ist. Außerdem unterstützt du damit die heimische Wirtschaft. Auch sind in den meisten europäischen Ländern die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter*innen, die im Produktionsprozess deines Kleidungsstücks involviert sind, besser als in Asien oder Afrika. Aber auch dort kann es gute Programme geben, die die Arbeiter*innen sinnvoll fördern und gut bezahlen, wie zum Beispiel Fairtrade.

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Handelt es sich um recyceltes Material?

Nicht nur Kunstfasern kann man recyceln, sondern auch Naturmaterialien. Recycelte Wolle, sogenannte Reißwolle, spart Ressourcen und kann dem Material einen zweiten Lebenszyklus geben. Auch das ganze Kleidungsstück aus Naturstoff secondhand zu kaufen, ist um einiges umweltschonender als neu.

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Wie wurden die Rohstoffe gewonnen?

Tierwohl, Belastung mit Spritzmitteln oder Chemikalien, Ausbeutung der Arbeiter? Wie soll ich da nur das richtige Kleidungsstück wählen? Verschiedene unabhängige Zertifizierungen helfen dabei. Das GOTS-Zertifikat (Global Organic Textile Standard), das ein weißes Hemd auf grünem Grund zeigt, steht für strenge ökologische Kriterien entlang der gesamten Produktionskette. Außerdem steht es, und die IVN-Zertifizierung (Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft e.V.), für biologische Tierhaltung. Auch andere Siegel wie ÖkoTex, Fairtrade Cotton oder Fair Wear Foundation stehen für nachhaltige Textilproduktion.

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Halbsynthetische Stoffe

Wir haben jetzt in der Länge über Polyester auf der synthetischen Seite und über Baumwolle, Seide und Leinen auf der natürlichen Seite gesprochen, aber wo gehören eigentlich Viskose, Modal oder Lyocell (Tencel) dazu? Bei diesen Stoffen handelt es sich um halbsynthetische Stoffe. Diese werden zwar aus Pflanzenfasern hergestellt, aber mit Chemikalien behandelt und sollen leichter und schneller biologisch abbaubar sein. Am besten man achtet darauf, dass die Stoffe als „kompostierbar“ ausgewiesen sind. Modal, Lyocell (Tencel) und Lenpur-Viskose sind die umweltfreundlichsten unter den halbsynthetischen Stoffen.

 

Abschließend lässt sich sagen, dass es immer besser ist, Kleidungsstücke aus Naturfasern zu kaufen, die nicht aus Plastik bestehen oder stark mit Chemikalien belastet sind. Bio-Zertifikate und andere Zertifizierungen helfen bei der richtigen Entscheidung. Auch bei kleinen lokalen Herstellern zu kaufen ist von Vorteil. Wenn es Kunstfaser sein muss, dann bitte recycelt.
  

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