Justiz-Schande
12-Jährige missbraucht: Skandal um Freispruch für Jugendbande
26.09.2025Nach dem Freispruch von zehn Talahon-Burschen, die in Favoriten eine damals 12-Jährige sexuell genötigt und ihre sexuelle Selbstbestimmung verletzt haben sollen, herrscht helle Aufregung. Die Justiz begründet nun, wie es zu dem Skandal-Urteil gekommen ist.
Wien. In Parkhäusern, Wohnungen und sogar Kinderzimmern rund um den Wiener Antonsplatz (Favoriten) soll die 12-Jährige laut Anklage mehrfach zum Sex gezwungen worden sein. Als Beweismittel gilt ein heimlich aufgenommenes Video, das sie mit mehreren Jugendlichen zeigt. Darauf ist die Stimme des Mädchens zu hören: „Hör auf!“
Schock vor Gericht
Begonnen hat der richtungsweisende Prozess allerdings damit, dass im Vorhinein die Anklage wegen schweren sexuellen Missbrauchs nicht zum Tragen gekommen war. "Das Ermittlungsverfahren hat nicht mit der erforderlichen Sicherheit ergeben, dass den Angeklagten bewusst war, dass das Opfer erst zwölf Jahre alt war", hatte die Staatsanwältin zu Beginn der Verhandlung erklärt.
Der Jugendbande wurde daher zugebilligt, dass sie mit der Betroffenen im Glauben, diese wäre bereits 14, intim wurde. Zudem soll sie - so ein weiteres, das Opfer diskreditierendes Argument - auch älter ausgeschaut haben, als sie zum Zeitpunkt der Geschehnisse war. Somit lautete das Skandal-Urteil: Freispruch für alle 10 Burschen!
"Entwürdigt Opfer noch mehr"
Für Opfer-Anwalt Sascha Flatz ist das Urteil ein wahrer Schock: "Dieser Freispruch ist verheerend und entwürdigt das Opfer noch mehr. Wenn sie zu den Treffen ging, heißt das doch nicht, dass sie sich von einer Vielzahl von Typen vergewaltigen lassen wollte. Sie ist aus Angst und Naivität da hingegangen. Kein Kind mit 12 Jahren hat freiwillig Sex in einem Zimmer, wo zahlreiche Leute zusehen. Das sagt der gesunde Menschenverstand."
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Widersprüche als Begründung
Laut Aussendung des Landesgerichts für Strafsachen in Wien hieß es am Ende des Verfahrens am Freitagnachmittag: "In der umfassenden Urteilsbegründung legt der Senat dar, dass es in den Angaben der Hauptzeugin große Widersprüche gab, insbesondere zwischen den bei der Polizei getätigten Aussagen und jenen im Rahmen der kontradiktorischen Einvernahme vor Gericht. Auch die eingesehenen Chatverläufe verstärkten diesen Eindruck. Eine im Hauptverfahren gehörte Zeugin, die damals engen Kontakt mit dem Mädchen hatte, bestätigte die Schilderungen ebenfalls nicht, vielmehr berichtete sie, dass ihre Freundin zwar von sexuellen Handlungen, aber weder von Gewalt noch von Vorfällen gegen ihren Willen erzählt habe."
Die Staatsanwaltschaft Wien gab keine Erklärung ab. Die zehn Urteile, die von den Angeklagten mit Abklatschen, Victory- und provokativen Daumen-Hoch-Zeichen publikumswirksam bei Verlassen des Gerichtsgebäudes gefeiert wurden, sind nicht rechtskräftig.