Forscher warnen

Erdbeben-Gefahr auch in Wien

07.04.2009

Aus Befunden leiteten die Wissenschaftler vor zwei Jahren auf einer Konferenz für Erdbeben-Ingenieurkunde und Seismologie in Genf düstere Prognosen ab: Sie sagten einer Metropole nach der anderen quasi den Untergang voraus.

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Früher hätten viele Forscher aus Angst um ihren Ruf nicht gewagt, bislang scheinbar sichere Großstädte vor Katastrophen-Erdbeben zu warnen. Seit einigen Jahren sie es: Sogar bei uns könnten Beben der Stärke 6,5 auftreten, wie aus einem Bericht der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahr 2006 hervorgeht..

Geologen und Archäologen entdecken demnach in der Nähe von Metropolen immer mehr Spuren starker Beben, etwa zerrissene antike Ruinen und meterweit versetzte Bodenschichten. Aus Befunden leiteten die Wissenschaftler vor zwei Jahren auf einer Konferenz für Erdbeben-Ingenieurkunde und Seismologie in Genf düstere Prognosen ab: Sie sagten einer Metropole nach der anderen quasi den Untergang voraus.

Städten wie Köln, Wien, Rom, Jerusalem, Schanghai und Seattle bescheinigten sie ein größeres Risiko!

Gefahr vergessen
Viele Großstädte liegen laut Experten auf oder an der Kollisionsfront zweier Erdplatten - so auch Wien. Die Platten schieben sich im Jahr einige Zentimeter voran, wobei sich an ihren Berührungsflächen Spannung aufbaut.

Irgendwann wird der Druck zu groß, das Gestein bricht - es bebt. Doch nicht alle diese Städte sind gleichermaßen bedroht. Ihre Gefährdung hängt davon ab, wie nahe sie an einer Bruchzone liegen, ob sich die Spannung bei wenigen großen oder vielen kleinen Beben entlädt.

Manchmal sind die Pausen zwischen schweren Beben so groß, dass den Menschen die Gefahr nicht mehr bewusst ist. Und selbst wenn noch historische Aufzeichnungen aus vergangenen Jahrhunderten existieren - die Stärke der Erdstöße lässt sich daraus selten ablesen.

Mittelmeerbewohner besonders gefährdet
Die Küstenbewohner des Mittelmeers kennen diese Gefahr, dort bebt es regelmäßig. Allerdings finden Wissenschaftler immer mehr Belege dafür, dass die Region oft von einer Katastrophe der besonderen Art heimgesucht wird: einem sogenannten "Erdbeben-Sturm" - also von vielen Starkbeben binnen weniger Jahre.

Im vierten Jahrhundert sei das geschehen, sagen Paläoseismologen, wie die Experten für Erdbeben der Vergangenheit genannt werden. Zahlreiche florierende Küstenstädte seien nacheinander von mehreren Starkbeben verwüstet worden. Archäologen konnten zeigen, dass Zerstörungen an Ruinen aus jener Zeit in Alexandria und in römischen Städten in Libyen, Zypern und Sizilien eindeutig von Erdbeben verursacht worden sind.

Die Schwierigkeit für die Forscher bestand darin, zu unterscheiden, ob es sich um von Menschen herbeigeführte Verwüstungen, gewöhnlichen Verfall oder um Erdbebenschäden handelt.

Sind Gebäude in einem weiten Umkreis von ähnlichen Zerstörungen betroffen, ist das ein Hinweis auf Beben. Langsam verfallende Gebäude weisen zudem typische Schichtungen der Steinbrösel beidseits der Mauern auf, so Fabrizio Galadini vom Nationalen Geoforschungsinstitut in Italien (INGV) auf einer Tagung in Genf vor zwei Jahren.

Beginn einer neuen Beben-Serie
Das nächste Starkbeben in der Region könne der Beginn einer neuen Beben-Serie sein, vermutete Amos Nur von der Stanford-Universität im Fachblatt Eos. Vermutlich werde bei einem Erdbeben die Spannung im lang gestreckten Bruch im Gestein verschoben - und markiere so den nächsten Bebenherd.

Die Liste der gefährdeten Metropolen ist lang.

Neuerdings steht auch Wien darauf, wo Paläoseismologen jüngst eine schlafende Erdbebennaht entdeckten.

Gewaltige Sandhaufen am Grund von Schweizer Seen künden zudem von Starkbeben in der Schweiz. Auch in Deutschland, so die Experten, kann es entlang des Rheingrabens zu schwereren Beben kommen als vermutet.

Schäden an der römischen Stadtmauer und im Prätorium in Köln zeigten, dass um die Jahre 400 und 800 Beben der Stärke 6,5 aufgetreten sind, sagen Forscher um Klaus-Günter Hinzen von der Universität Köln. Solch ein Schlag würde Schäden von knapp 100 Milliarden Euro verursachen und viele Tote und Verletzte fordern, kalkulierte die Münchener Rückversicherung.

Beben bei Rom vorhergesagt
Sogar abseits von Bruchzonen gelegene Städte wie Rom und Schanghai müssten - so die Xperten bereits vor zwei Jahren - offenbar mit Erdstößen rechnen. Ihr Untergrund verstärkt die Schwingungen weit entfernter Erschütterungen, wie Forscher herausfanden.

Der Sand unter der Ewigen Stadt etwa würde bei einem Starkbeben, das in einer mehr als 100 Kilometer entfernten Bruchzone entstehen könnte, eine Minute lang beträchtlich schaukeln.

Insbesondere ältere Gebäude würden zusammenbrechen, haben Kim Olsen von der San Diego State University und Kollegen ermittelt.

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