Jahrhundert-Projekt

Koralmbahn: Erste Fahrt dauerte sogar nur 39 Minuten

12.12.2025

Das "Jahrhundert-Projekt" Koralmbahn wurde feierlich eröffnet. oe24 war live dabei. Der ÖBB-Chef sang nach der Fahrt auf der Bühne.

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© APA/ERWIN SCHERIAU
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Großer, fröhlicher Andrang beim offiziellen Railjet-Start kurz vor 11.00 Uhr am Bahnsteig 1 des Hauptbahnhofs Graz am Freitag: An zwei Schleusen stellen sich einige hundert Menschen an, um an der ersten Fahrt des Sonderzugs auf der Koralmbahn von Graz nach Klagenfurt teilzunehmen. Die Gratistickets waren kurz nach dem Beginn des "First book, first serve"-Starts vor einigen Wochen weg. Bei strahlendem Sonnenschein fährt der Zug fast pünktlich ab - sogar eine Minute zu früh.

Minuten später gleitet der Zug in die erste Unterflurtrasse beim Flughafen. "Da sollte jetzt eigentlich die Abzweigung zum Grazer Flughafen sein", sagte ein Passagier. Die Trasse soll ja nachgeliefert werden, inzwischen gibt es keinen direkten Anschluss. Man kommt mit Schauen nicht nach - schon nach wenigen Minuten grüßen rechts die verschneiten Grenzberge zwischen der Steiermark und Kärnten. Links fegt der Railjet am Cargo Center Graz bei Werndorf vorbei, schon nach sieben Minuten. Solche Geschwindigkeiten ist man in der Steiermark nicht gewohnt.

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Wirtschaftsraum von 1,1 Millionen Menschen

Im Süden Österreichs entsteht durch die schnelle Verbindung von Kärnten mit der Steiermark ein mächtiger, dynamischer Wirtschaftsraum von 1,1 Millionen Menschen. Der Zug bringt ein neues Zeitalter für die Region.

An Bord der Waggons sind neben Eisenbahn-Enthusiasten und Neugierigen die Spitzen der Republik mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP), Vizekanzler Andreas Babler und Verkehrsminister Peter Hanke (beide SPÖ) sowie die Landeshauptleute Kärntens und der Steiermark, Peter Kaiser (SPÖ) und Mario Kunasek (FPÖ). Deren Bundesländer bzw. Landeshauptstädte rücken mit dieser ersten Zugfahrt tatsächlich zusammen, wie ziemlich beste Freunde. Am Bahnsteig werden schon Kärntner-Witze erzählt: "Wie lange dauert's jetzt von Graz in die Hölle?" - "41 Minuten". Funktioniert umgekehrt als Steirer-Witz auch, garantiert, aber mit dem charmanteren Dialekt.

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"Dies sind die Abenteuer des ÖBB-Koralmjets - er dringt dabei in Berge vor, die noch nie ein Mensch in dieser Geschwindigkeit durchquert hat" - "Captain Andreas Matthä wünscht eine gute Fahrt", lässt es sich der ÖBB-Vorstand nicht nehmen, über die Bordlautsprecher die Begrüßung der Passagiere vorzunehmen. Sein Vertrag wurde diese Woche bis 30. Juni 2027 verlängert, darüber ist er genauso happy wie über die Jungfernfahrt der Koralmbahn. Der ÖBB-Chef sang nach der Fahrt lauthals auf der Bühne: „Ich fahr mit ÖBB“ in der Cordula Grün-Schlager-Weise. 

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Menschen filmen entlang der Bahnstrecke

Nach zehn Minuten rasender Fahrzeit murmelt der Railjet in den Tunnel bei Wildon - eine Strecke, die in dieser Zeit auf der gleich neben der Bahntrasse gelegenen Pyhrnautobahn (A9) kein Auto schafft. Die 230 km/h bemerkt man gar nicht. Sehr wohl aber die vielen Menschen, die entlang der Bahnstrecke bei Brücken und auf Dämmen den Zug filmen und fotografieren. Gespannt warten die Passagiere mit gezückten Smartphones auf die Tunneleinfahrt unter die Koralm. Nach 14 Minuten ist es soweit. Es wird für rund zehn Minuten dunkel. Wird es wieder hell, ist der Railjet schon in Kärnten. "Laut issa", sagt eine Dame. "Aber bei 230 km/h, klar," relativiert sie. "WLAN funktioniert", stellt ein Passagier beim Verschicken von Bildern über das Mobiltelefon im 33 Kilometer langen Tunnel fest.

Nach exakt zehn Minuten in der Röhre taucht der Zug in Kärnten am Westportal des Koralmtunnels wieder auf - und der Himmel ist bewölkt, Nebel herrscht. So schnell geht Wetterwechsel, und das schöne Kärnten wirkt fast geisterhaft. Erkennbar sind aber die Kiefern- und Fichtenwälder bei Grafenstein.

Bahndämme und Lärmschutzwände

Viel ist nicht von der Landschaft zu sehen, eingehaust ist die Strecke zwischen Bahndämmen und Lärmschutzwänden - ein Schicksal des Bahnreisenden wohl auf allen Hochgeschwindigkeitsstrecken. Die neue Bahnbrücke über die Drau ist kaum wahrzunehmen. 37 Minuten nach der Abfahrt wird der Railjet spürbar langsamer - es geht auf Klagenfurt-Ebenthal zu. Der Captain meldet sich wieder, knapp vor dem Hauptbahnhof: "Pfiat eich, ois Guate", sagt Matthä. Der Zug hat die Zeit von 41 Minuten sogar unterschritten. Um 11.38 Uhr öffnen sich die Türen am Hauptbahnhof in Klagenfurt. Exakt 39 Minuten hat die erste Fahrt gedauert. "Supa woas", sind sich etliche Passagiere im Gespräch am Bahnsteig einig.

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