Was sich da am Freitagabend mitten in der steirischen Hauptstadt abspielte, erinnerte fatal an ein fragwürdiges Spektakel aus dem alten Rom: 300 Schaulustige gafften, applaudierten und johlten zum Todeskampf eines jungen Mannes. Aber niemand schritt ein.
Es ist exakt 18.15 Uhr: An der Erzherzog-Johann-Brücke, die in Graz Hauptbrücke genannt wird, befestigt ein afghanischer Asylwerber (29) ein Seil. Unter ihm die Hochwasser führende, schlammbraune, reißende Mur. „Es war eine Mutprobe“, wird die Polizei später sagen. Vor allem wurde es zur Belustigung fürs Volk.
Unter der Anfeuerung des Publikums kletterte der junge Mann über das Geländer der Brücke, die landesweit durch Hunderte von Herzerl-Schlössern für Verliebte bekannt ist. An seinem Seil ließ er sich bis zur Wasseroberfläche der Mur hinab.
Beim Wiederaufstieg passierte es: Den Afghanen verließen die Kräfte, er stürzte in die Mur. Wenigstens jetzt setzte ein Passant einen Notruf ab. Der 29-Jährige wurde noch einmal 500 Meter stromabwärts gesehen. Seitdem fehlt jede Spur von dem Asylwerber.
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