Mordermittlungen

Toter Libyer: Leiche in Tripolis

04.05.2012

Der Leichnam von Loayi Ghanem wurde nach Libyen gebracht.

Zur Vollversion des Artikels
© Reuters
Zur Vollversion des Artikels

Der Leichnam des ehemaligen libyschen Ölministers Ghanem ist gestern von Österreich in die libysche Hauptstadt Tripolis ausgeflogen worden. Das berichtete der Neffe des Verstorbenen, Loayi Ghanem. Von den österreichischen Behörden gab es keine Bestätigung. Ghanem war am Sonntag tot in der Neuen Donau in Wien aufgefunden worden. Er war vor seiner Flucht nach Wien im Mai 2011 eine Schlüsselfigur im Regime von Ex-Machthaber Gaddafi.

In Libyen geht der Großteil davon aus, dass Shukri Ghanem – Muammar Gaddafis ehemaliger Ölminister – ermordet wurde. In Wien – hier starb der 69-jährige Libyer vergangenen Sonntag – ist man noch vorsichtiger. Der Fall ist aber längst zur Chefsache geworden:

Experten des Verfassungsschutzes ermitteln „in alle Richtungen“: Auch Mord- oder Selbstmordspuren werden verfolgt. Gesicherte Fakten bislang: Ghanem ist ertrunken – und zwar voll bekleidet.

Der Fall Ghanem ist mittlerweile jedenfalls ein Verschlussakt. Die Staatsanwaltschaft Wien schweigt. Kein Wunder: Immerhin beschäftigen sich nicht nur Medien von der New York Times bis zu Reuters mit dem Fall.

Auch die neuen Machthaber in Tripolis haben Interesse an dem Fall: Sie wollten den ehemaligen Premier- und Ölminister vor seinem Tod mit brisanten Fragen konfrontieren: „Was er über verschwundene Gaddafi-Milliarden“ wisse, sagt ein Libyer. Immerhin gehörte Ghanem – der seit Frühjahr 2011 in Wien lebte – zum innersten Kreis von Gaddafi und dessen Sohn Saif. Er herrschte über das Öl-Vermögen und wird verdächtigt, Millionen, wenn nicht gar Milliarden, veruntreut zu haben. Er selbst hatte das empört von sich gewiesen.

Prominenter Libyer in Wien wird jetzt beschützt
In Libyen „hat ihm das aber keiner geglaubt“, berichtet ein Insider. Und sagt, dass nicht nur Ghanem ein „Feindbild war. Auch Mustafa Zarti ist verhasst.“ Jener Zarti – ÖSTERREICH berichtete – der sich kurz nach Start des Aufstandes in Libyen (Februar 2011) nach Wien absetzte.

Der 41-Jährige war Vizechef der libyschen Investmentfirma unter Gaddafi und ein enger Freund von Saif al-Islam.

In Libyen mutmaßt man, dass „er die Gelder von Saif Gaddafi hat. Es ist den Leuten egal, ob es stimmt oder nicht. Sie glauben es.“ Und damit sei auch Zarti höchst gefährdet. Ihm wird nun Schutz angeboten. Zarti kannte auch die Familie von Ghanem gut. Diese schweigt derzeit.

Und ließ gegenüber Polizisten anklingen, dass Ghanem in den letzten Wochen „depressiv“ gewesen sei.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel