Affären

U-Ausschuss: Studien und Kurz-Vertraute im Fokus

29.06.2022

Schmid-Nachfolger Schuster gab sich ahnungslos.

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© APA/HELMUT FOHRINGER
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Im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss sind am Mittwoch Studien und Umfragen des Finanzministeriums sowie ein neu aufgetauchter Sideletter vom April 2015 zwischen dem ehemaligen VP-Finanzminister Hans Jörg Schelling und dem damaligen Außenminister und späteren ÖVP-Chef und Kanzler Sebastian Kurz im Zentrum gestanden. Am Vormittag war mit Dietmar Schuster der Budgetsektionschef und Nachfolger von Thomas Schmid als Generalsekretär im Finanzministerium als erster geladen.

Befragt wurde er zu seiner Rolle bei der Vergabe der Beinschab-Studien, aber auch zu seiner Bestellung zum Generalsekretär des Hauses. Zu beiden Punkten gab er sich eher ahnungslos. So auch zu einem Sideletter zwischen Kurz und Schelling, den die Freiheitlichen aufs Tapet brachten.

Darin festgeschrieben ist eine Mittelverschiebung zwischen den Ministerien, konkret die Auflösung von Rücklagen von über 16 Mio. Euro und zusätzlich weitere Mittel aus dem Finanzministerium in Höhe von fünf Mio. Euro. Die FPÖ wollte von Schuster dazu Näheres wissen, dieser blieb aber vage. Er habe keine Wahrnehmungen dazu, meinte er. Damals sei aber die Bewältigung der Flüchtlingskrise im Vordergrund gestanden. Von Schelling sei ihm damals nur kommuniziert worden, dass die EZA-Mittel "auf dem Niveau gehalten" werden sollen. Genaueres wisse er nicht mehr, dazu müsste er in den Akten nachsehen. Für FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker ist das "ein interessantes Papier", gewissermaßen die "Initialzündung für das Projekt Ballhausplatz" (das Sebastian Kurz in das Kanzleramt bringen sollte, Anm.).

Auch zu diversen vorgelegten Chats gab sich Schuster, der - wie er betonte - zwar ÖVP-Mitglied, aber "nicht mehr politisch aktiv" sei, wortkarg. Gleich zu Beginn sprach ihn Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl auf einen Chat zwischen Schmid und dem damaligen Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) aus dem Jahr 2019 an, in dem Schmid geschrieben hatte: "Schuster wird dir ewig dankbar sein und nur dir dienen." Schusters Antwort, auch zu anderen vorgelegten Chat: Er sei weder Sender noch Empfänger der Nachricht gewesen und könne dazu nichts sagen.

Klar sei: Er sei dem jeweiligen Finanzminister verpflichtet, "ich lasse mich nicht von irgendwelchen Freundschaften leiten". Mit wem aus der ÖVP-Führung er über seine Bestellung gesprochen habe, etwa auch Sebastian Kurz, war ihm nicht mehr erinnerlich.

Zum "Beinschab-Österreich-Tool", also jenem Instrument, durch das mutmaßlich auf Kosten des Finanzministeriums dem damaligen ÖVP-Aufsteiger Sebastian Kurz dienliche Umfragen in der Tageszeitung "Österreich" platziert wurden, betonte Schuster, er habe den Namen Beinschab erstmals anlässlich der Hausdurchsuchungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Oktober 2021 gehört. Er verwies auf die in der Folge vom Ministerium unter Magnus Brunner (ÖVP) gezogenen Konsequenzen - inklusive der Auflösung seines eigenen Generalsekretariats. Generell obliege die Inseratenvergabe der Kommunikationsabteilung. Diese stimme für das Ministerium relevante Themen mit den Pressesprechern und den zuständigen Fachabteilungen ab. Dabei werde sie auch immer wieder von einer Medienagentur beraten.

Zudem merkte Schuster an, wie viele hundert Mittelverwendungsüberschreitungen, Budgetzubuchungen und Einvernehmensherstellungsakte pro Jahr über seinen Schreibtisch gingen. Angesichts dieser Informationsflut sei es seine Aufgabe gewesen, die grundsätzliche Plausibilität von Themen und Forderungen zu hinterfragen. Darauf angesprochen, dass PR-Ausgaben von 2015 bis 2020 von knapp 3 auf mehr als 13 Mio. Euro gestiegen seien, nannte er die ihm gelieferten Begründungen: Die Kommunikationsabteilung habe sich auf Informationsverpflichtungen berufen, es habe ein Doppelbudget gegeben und auch die Covid-Maßnahmen spielten hier mit.

Für die Oppositionsparteien und die Grünen stehen die beiden U-Ausschuss-Tage diese Woche unter der großen Klammer des "Steuergeldmissbrauchs" durch die ÖVP. "ÖVP-Vertreter greifen in den Steuertopf und leiten es an die Partei weiter", betonte vor Sitzungsbeginn SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer, der als Beispiel ein Inserat des Finanzministeriums zur Arbeitnehmerveranlagung in der Bauernzeitung nannte. Dies habe wohl nicht dazu gedient, das Informationsbedürfnis zu stillen, sondern die eigene Parteizeitung zu füttern. Laut NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper wurde nicht nur "überall in Steuertöpfe gegriffen", sondern nach der Sicherstellung des Handys von Schmid auch versucht, Spuren zu verwischen und Dinge unter den Teppich zu kehren.

Für Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli hat der U-Ausschusses verschiedene Schlupflöcher gefunden und entlarvt. Etwa ein "Umfragenschlupfloch" und ein "Inseratenschlupfloch", das größer sei "als gedacht". Jetzt gehe es darum, diese Löcher nicht nur zu stopfen, sondern auch zu schauen, wie man das Geld wieder zurückführen kann. ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger hielt hingegen fest, dass etwa die Inserate in der Bauernzeitung durch die öffentliche Hand legal seien. Auch die bäuerliche Bevölkerung habe ein Recht darauf, über steuerliche Maßnahmen informiert zu werden, so Hanger. Überhaupt sei die Debatte von "Scheinheiligkeit und Doppelmoral" geprägt, verwies Hanger auf die seiner Meinung nach üppigen Medienkooperationen der Stadt Wien mit SPÖ-nahen Verlagen. Hanger will nun grundsätzlich darüber reden, ob öffentliche Inserate in Medien überhaupt zulässig sein sollen. "Alle sind gefordert, das System besser zu bauen."

Nach Schmid ist Johannes Pasquali, Ex-PR-Mann des Finanzressorts, geladen. Er hatte wegen der Inseraten-Affäre seinen Job als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit im Finanzressort verloren. Gegen ihn wird wegen Untreue und Bestechlichkeit ermittelt, weswegen einige Entschlagungen bei der Befragung zu erwarten sind.

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