Aber kein rascher Beschluss

Alle für Abschaffung des Pflegeregresses

27.06.2017

Kurz macht eine Zustimmung der ÖVP von konkretem Finanzierungsmodell abhängig.

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© APA/ Hofer, Hochmuth
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Die Forderung nach einer Abschaffung des Pflege-Regresses hat am Dienstag breite Zustimmung gefunden. Nach der SPÖ hat sich neben der gesamten Opposition auch ÖVP-Obmann Sebastian Kurz dafür ausgesprochen. Trotzdem ist mit einer raschen Umsetzung nicht zu rechen. Der Grund: Kurz macht eine Zustimmung der ÖVP von einem konkreten Finanzierungsmodell abhängig. Und darüber gibt es keine Einigkeit.

Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender Christian Kern hat die Abschaffung des Pflege-Regresses bereits in seinem Plan A verlangt und die SPÖ hat diese Forderung auch in ihre Koalitionsbedingungen aufgenommen. Am Dienstag hat nun auch Kurz in einem 10-Punkte-Programm für das Gesundheits- und Pflegesystem die Abschaffung des Regresses vorgeschlagen.

Uneinig sind sich die beiden Noch-Koalitionsparteien aber wieder einmal über die Finanzierung. Während die SPÖ das Geld dafür über eine Erbschaftssteuer ab einer Million Euro aufbringen will, lehnt die ÖVP dies weiterhin kategorisch ab. Kurz strebt hingegen eine Finanzierung aus dem Budget durch Bekämpfung von Missbrauch und Abschaffung von Bürokratie an, was wiederum Kern zurückwies. Und daran wird wohl auch ein rascher Beschluss scheitern.

Kern appelliert an ÖVP

Kern kündigte wohl an, dass die SPÖ einen entsprechenden Antrag am Donnerstag im Nationalrat einbringen werde und appellierte an die ÖVP: "Erledigen wir's gleich." Dieser Antrag sieht vor, dass der Bund den Ländern von 2018 bis 2021 jährlich 100 Millionen zweckgebunden zur Verfügung stellt, wenn sie in ihren Landesgesetzen den Zugriff auf das Vermögen von in Pflegeheimen Untergebrachten außer Kraft setzen. Die SPÖ kommt dabei der Volkspartei auch noch insofern entgegen, dass die von ihr gewünschte Finanzierung über eine Erbschaftssteuer nicht enthalten ist. Kurz betonte allerdings, ohne Klärung des Finanzierungsmodells werde die ÖVP einer Abschaffung des Pflegeregresses vorerst nicht zustimmen.

Damit wird das Thema wohl in den Wahlkampf für die Nationalratswahl im Oktober gezogen werden. Einen Vorgeschmack haben sowohl Kern als auch Kurz dafür bereits am Dienstag geliefert. Während der ÖVP-Chef zu einem Medientermin ins Franziskus Spital in Wien-Landstraße bat, besuchte der SPÖ-Chef eine vom Pflegeregress betroffene Dame in einem Pflegewohnhaus in Döbling.

Die Bundesländer, die für die Pflege-Finanzierung zuständig sind, sind grundsätzlich zur einer Abschaffung des Regresses bereit. Allerdings pochen vor allem die ÖVP-geführten Länder auf eine Berücksichtigung des Einnahmenentfalls und eine Klärung der Finanzierung.

Pensionen und Pflegegeld einbehalten

Zur Finanzierung der Pflegeplätze behalten die Länder die Pension und das Pflegegeld der Betroffenen ein - behalten dürfen die Pflegebedürftigen 20 Prozent der Pension sowie einen Teil des Pflegegeldes. Reichen Pension und Pflegegeld nicht aus, dann wird auch das Vermögen herangezogen. So kann also z.B. eine Eigentumswohnung entsprechend belastet werden. Lediglich ein "Freibetrag" bleibt unangetastet. In mehreren Ländern können auch Ehegatten und Lebenspartner zur Kostenbeteiligung gezwungen werden, Kinder jedoch nicht mehr.

Bei Kurz ist die Abschaffung des Pflege-Regresses Teil eines 10-Punkte-Programms für das Gesundheits- und Pflegesystem. Der ÖVP-Obmann schlägt daneben unter anderem den Ausbau der Hausarztversorgung, Missbrauchsbekämpfung durch verpflichtende Fotos auf E-Cards sowie Einsparungen bei den Sozialversicherungen vor

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