"Reisen mit Verantwortung"

Anschober: 'Das Virus macht keinen Urlaub"

25.06.2020

Gesundheitsminister empfiehlt, eine Maske mit in den Urlaub zu nehmen.

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© APA/BKA/REGINA AIGNER
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Nächsten Freitag beginnen in den östlichen Bundesländern die Sommerferien und damit die Urlaubssaison. Reisen in der EU ist wieder möglich. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) appellierte am Donnerstag, "sich sehr gut zu überlegen, wo und wie wir den Urlaub verbringen." Reisen ist erlaubt, solle aber "mit Verantwortung genossen" und die Grundregeln nicht vergessen werden.
 
Einmal mehr betonte der Minister, dass das "Virus weiter da und nicht auf Urlaub ist". "Es ist weiter gefährlich und unberechenbar", das zeige auch die weltweite Ausbreitung mit Rekordwerten. So gab es in der vergangenen Woche im Schnitt 150.000 Neuinfektionen pro 24 Stunden. Die Lage in Österreich selbst ist "sehr, sehr stabil". Am Donnerstag gab es 459 aktiv Erkrankte. "Das sollte uns aber nicht unvorsichtig und sorglos machen", riet der Gesundheitsminister. In Österreich gilt die Maskenpflicht ab kommender Woche nur mehr in Öffis und im Gesundheitsbereich. Die Situation hierzulande sei nunmehr auch "so günstig, dass man es sich leisten kann", sagte der Wiener Reise- und Tropenmediziner Herwig Kollaritsch. Allerdings könne sich das schnell ändern.
 

Grundregeln auch im Urlaub

Vor dem Sommerurlaub müsse jeder selbst prüfen, "was ist das Reiseziel, ist damit ein Risiko verbunden, gleichgültig, ob es sich um Caorle, das Salzkammergut oder Wien handelt", mahnte Anschober. Die gelernten Hygiene- und Abstandsmaßnahmen müssen auch im Ausland eingehalten und große Menschenansammlungen vermieden werden. Mit ins Gepäck gehört auch der Mund-Nasen-Schutz. Mit diesem können laut Kollaritsch 80 Prozent der Infektionen verhindert werden.
 
"Der sogenannte Ballermann ist das Schlimmste, was ich in so einer Situation machen kann", warnte Anschober. Noch drastischer formulierte es Kollaritsch: "Meiden Sie Massenveranstaltungen. Der Ballermann ist das Tschernobyl des Epidemiologen", warnte der Experte. Wie man nicht erst seit Ischgl wisse, "haben Infektionsherde im Zusammenhang mit Reisetätigkeiten verheerende Auswirkungen", sagte der Mediziner. Er warnte vor sogenannten Superspreading-Events, bei denen einzelne Infizierte selbst symptomlos sind, aber viele anstecken. Das könne beispielsweise in Clubs, im Chor oder bei anderen engen Zusammenkünften mehrerer Menschen in geschlossenen Innenräumen passieren. "80 Prozent der Infektionen sind auf solche Events zurückzuführen. Bei Auslandsreisen soll man "nach wie vor auf der Hut sein, niemand kann sagen, ob und wann ein Superspreading-Event ausbricht", warnte Kollaritsch. Denn diese Ereignisse werden erst mit "Verzögerung detektiert", zwischenzeitlich kann "ein großer Schaden passieren". Bei den Infektionszahlen gebe es einen "blinden Fleck von einer Woche", man könne nie genau einschätzen, ob die Lage von vor einer Woche heute noch stabil sei. Außerdem habe die Vergangenheit gezeigt, dass sich Cluster immer wieder bilden können, viele sind reiseassoziiert.
 

Maske soll mit ins Gepäck

Im Urlaub solle man "die Maske auf jeden Fall mithaben, auch der virtuelle Babyelefant belastet das Reisegepäck nicht", sagte der Mediziner. Die Einhaltung des Abstands verhindert 80 Prozent der Ansteckungen. "Schützen Sie sich selbst effektiv", davon profitieren auch die Zuhausegebliebenen. Wer im Ausland erkrankt, müsse verantwortungsvoll handeln und keinesfalls auf eigene Faust zurückreisen. "Stellen Sie ihre eigenen Interessen in den Hintergrund", forderte Kollaritsch. Die Maßnahmen der lokalen Gesundheitsbehörden müssen auf jeden Fall befolgt werden, "sonst ist die Gefahr der Verschleppung viel zu groß". Freilich sei es kein "angenehmer Gedanke, 14 Tage irgendwo in häuslicher Quarantäne zu sein, aber die einzige Möglichkeit, verantwortungsvoll zu handeln", sagte der Mediziner.
 
Für Reisende nach Österreich sei "allen ins Stammbuch geschrieben", dass auch hierzulande "die Präventionsregeln gelten". Der Tropenmediziner riet Österreichurlaubern außerdem, sich auf jeden Fall gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) impfen zu lassen. Die geringen Erkrankungszahlen von 100 bis 150 Fälle pro Jahr in Österreich seien auf die hohe Durchimpfungsrate zurückzuführen. Heuer gebe es ein sehr starkes FSME-Jahr, bereits jetzt wurden 40 Fälle diagnostiziert, warnte Kollaritsch.
 
Maria Ecker, Bereichsleiterin Beratung beim Verein für Konsumenteninformation (VKI), hob konsumentenschutzrechtliche Vorkehrungen für Urlauber hervor. Neben Ländern mit Reisewarnungen der Stufe 5 oder 6 gilt weltweit ansonsten Stufe 4. Vor jeder Reise müsse der Einzelfall geprüft werden, riet Ecker, also wie ist die Lage an Ort und Stelle, gibt es Beeinträchtigungen etc.. Die Expertin empfahl Konsumenten, Pauschalreisen zu buchen, im Falle eines Stornos gibt es hier einen Ansprechpartner, bei Individualreisen sind es unterschiedliche, "hier muss ich mich mit der Fluglinie und dem Hotel auseinandersetzten", sagte Ecker, da seien "die Rechte wesentlich schwieriger durchzusetzen. Die Expertin empfahl auch auf jeden Fall eine Reiseregistrierung beim Außenministerium. Informationen erhalten Konsumenten auch bei der kostenlosen Reisehotline unter der Nummer 0800 201 211. Informationen zu Reisen in Europa gibt es unter reopen.europa.eu/de.
 
Gesundheitsminister Anschober möchte seinen Urlaub heuer übrigens im Salzkammergut verbringen. Ebenfalls in der Heimat bleibt VKI-Expertin Ecker. "Ich möchte die Probleme nicht haben, die allenfalls auf mich zukommen könnten", sagte sie. Mediziner Kollaritsch fährt nach Niederbayern.
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