Minister: "Gemeinsam aus der Krise"

Blümel: "Dieses Budget ist die Antwort auf die Corona-Krise"

14.10.2020

Staatsschulden steigen auf bis zu 85 Prozent - Blümel: ''Es ist kein Lockdown geplant''.

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Wien. Laut der Budgetrede von Finanzminister Blümel (ÖVP) am Mittwoch im Nationalrat ist ein Defizit von 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für das Jahr 2021 vorgesehen. Die Staatsschulden sollen schon heuer auf 84 Prozent hoch schnellen und bis zum Ende der Legislaturperiode nur unwesentlich auf 82,9 Prozent sinken. Eine weitere Steuerreform ist im Finanzrahmen bis 2024 nicht eingepreist. Dennoch betonte Blümel vor Journalisten, am Termin 2022 festzuhalten.

Für die Bewältigung der Coronakrise stehen laut der Blümel Budgetrede heuer und im kommenden Jahr 50 Mrd. Euro zur Verfügung. Ein guter Teil davon sind allerdings Haftungen und Steuerstundungen, bei denen die Regierung mit Rückflüssen im Milliardenhöhe rechnet. Das Finanzministerium geht davon aus, dass die Steuerstundungen (6,6 Mrd. Euro) nur zu maximal einem Fünftel, die Haftungen (6,7 Mrd. Euro) zu 30 Prozent schlagend werden.

 

Das Budget im Detail

"Vor Ihnen liegt die budgetäre Antwort auf die Coronakrise. Diese Antwort ist teuer, aber wir können sie uns leisten. In den letzten Jahren hat die österreichische Bundesregierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz eine solide Budgetpolitik verfolgt und das versetzt uns jetzt in die Lage, dort helfen zu können, wo es notwendig ist. Unsere verlässliche Politik der Vergangenheit rettet dadurch die Arbeitsplätze der Zukunft", so Finanzminister Gernot Blümel in seiner Rede. Das Budget 2020 ist klar von der Coronakrise geprägt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fallen die Einzahlungen per Ende September um 7,7 Milliarden Euro (-12,9 %) geringer aus. Hier fallen vor allem Steuerstundungen, geringere Bruttoabgaben, insbesondere Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer ins Gewicht.
 
Gleichzeitig sind durch die Hilfen für Gesundheit, Arbeitsplätze und Unternehmen auch die Ausgaben massiv angestiegen, per Ende September um 9 Milliarden Euro oder 16 %. Für 2020 rechnen wir mit einem administrativen Defizit im Bundesbudget von rund 28,5 Milliarden Euro.
 
2021 sind Auszahlungen von 97,4 Milliarden Euro und Einzahlungen in der Höhe 76,4 Milliarden Euro geplant. Das ergibt ein administratives Defizit von 21 Milliarden Euro. Für 2021 und 2022 wird ein gesamtstaatliches Defizit von 6,3 % bzw. 3,5 % erwartet. Bis 2022 gehen wir mit heutigem Stand von einer Schuldenquote von 85 % des BIP aus. Ab 2023 werden die Schulden wieder abgebaut, um den Weg Richtung fiskalischer Normalität zu gehen.
 

29 Milliarden Euro für Arbeitsmarkt und Beschäftigung

Der Arbeitsmarkt stellt eine zentrale Herausforderung dar und wird deshalb klar gestärkt. So soll kommendes Jahr deutlich mehr Geld als in den bisherigen Budgetplänen in den Arbeitsmarkt fließen. In Summe werden bis inklusive 2021 mehr als 29 Milliarden Euro für Arbeit und Beschäftigung zur Verfügung gestellt.
 
Aktuell sind fast 704.000 Personen in Österreich arbeitslos oder in Kurzarbeit. Daher wird so viel wie noch nie für Beschäftigung und Arbeitsplätze ausgegeben.
 
Für die Corona-Kurzarbeit zur umfassenden Sicherung von tausenden Arbeitsplätzen werden bis 2021 bis zu 8,3 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Für die Implementierung einer Arbeitsstiftung zur Qualifizierung von bis zu 100.000 arbeitslosen Personen sowie für den Bildungsbonus werden bis 2022 700 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
 

Die größten Budgetsteigerungen

Durch die schrittweise Erhöhung des Bildungsbudgets wird bis 2023 die 10 Milliarden Euro Marke erreicht.
 
Die Coronapandemie bringt für den Gesundheitsbereich natürlich entsprechende Kosten mit sich. Darunter fallen vor allem Ausgaben für Testungen und Epidemieärzte. Für 2021 stehen deshalb zusätzliche Mittel in der Höhe von rund 700 Millionen Euro bereit. Für den Ankauf eines COVID-19-Impfstoffes ist auch vorgesorgt.
 
Klimaschutz ist einer der Schwerpunkte dieser Regierung und das schlägt sich auch in einem klaren Budgetschwerpunkt nieder. Mehr als eine Milliarde Euro wird von 2021-2024 zusätzlich zum geltenden Bundesfinanzrahmen für Umwelt- und Klimamaßnahmen zur Verfügung gestellt. Damit werden die thermische Sanierungsoffensive sowie der Ausbau von erneuerbaren Energie finanziert.
 
Das Thema Mobilität ist im Zusammenhang mit dem Klimaschutz von großer Bedeutung. Daher investiert Österreich im nächsten Finanzierungsrahmen zusätzlich rund 1,4 Milliarden Euro in diesen Bereich. Damit verbunden ist der weitere Ausbau des öffentlichen Verkehrs sowie die Finanzierung der ersten Ausbaustufe des 1-2-3 Klimatickets. Für den neu beschlossenen ÖBB-Rahmenplan ist in den Jahren 2021-2026 ein Gesamtbudget in der Höhe von 17,5 Milliarden Euro sichergestellt.
 
Das Thema Sicherheit wird ebenfalls großgeschrieben. Insgesamt werden 215 Millionen Euro mehr für die Polizei (+7,3 %) sichergestellt. Die Personaloffensive wird fortgesetzt und zusätzliche Planstellen sowie moderne Ausrüstung ermöglicht.
 
Bei humanitären Katastrophen wird Österreich seiner Verpflichtung zur Hilfe vor Ort nachkommen. Deshalb werden die Mittel des Auslandskatastrophenfonds bis 2024 auf 250 Millionen Euro verdoppelt.
 

Staatsschulden wachsen 

Die seit 2015 deutlich gesunkenen Staatsschulden sollen schon heuer von 70,5 auf 84 Prozent der Wirtschaftsleistung hochschnellen, 2021 auf 84,8 steigen, 2022 mit 85 Prozent einen neuen Rekordwert erreichen und dann wieder leicht sinken. Das Defizit soll heuer 9,5 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, im kommenden Jahr 6,3 und 2022 3,5 Prozent. Die auf EU-Ebene vorgegebene Drei-Prozent-Grenze würde laut jetziger Planung erst 2023 (-1,9 Prozent) wieder unterschritten.
 
Grundlage des Budgets ist die jüngste WIFO-Prognose, die nach einer historischen Rezession (-6,8 Prozent) für kommendes Jahr wieder ein Wirtschaftswachstum von 4,4 Prozent vorsieht. Größte Unsicherheit ist laut Blümel daher, die weitere Entwicklung der Pandemie und des Wintertourismus. Die Abhängigkeit vom Tourismus sei in Österreich so stark wie in wenigen anderen EU-Ländern. Daher müsse die Regierung möglichst alles tun, um die Infektionszahlen runter und die Reisewarnungen wegzubekommen, so Blümel. Gerüchte über einen weiteren Lockdown wies er aber zurück: "Es ist kein Lockdown geplant, das ist ein Faktum".
 

Blümel hält an Steuerreform fest

An der von ÖVP und Grünen für 2022 angekündigten zweiten Etappe der Steuerreform will Blümel in seiner Budgetrede festhalten, ebenso an der Abschaffung der "kalten Progression". "Beides ist ein Thema. Ich hoffe, dass wir es so hinbekommen, wir wie es geplant haben", betonte Blümel vor Journalisten. Im Budget ist beides aber ebenso wenig abgebildet, wie der für 2021 angekündigte Einstieg in die Ökologisierung des Steuersystems. "Die Verhandlungen laufen noch", so Blümel.
 
Durch die Coronakrise hätten sich einige im Regierungsprogramm vorgesehen Maßnahmen etwas verzögert, dafür habe man die erste Etappe der Steuerreform - die Senkung des Eingangssteuersatzes - vorgezogen. "Die weitere Senkung der Einkommensteuer-Stufen ist im Regierungsprogramm drinnen, wird kommen, ist aber noch nicht beschlossen und daher nicht budgetiert." Und die erste Etappe der Ökosteuerreform könnte aus Blümels Sicht auch aufkommensneutral ausfallen.
 
Bedenken wegen der steigenden Staatsschulden konterte Blümel in der Budgetrede mit Verweis auf die aktuell niedrigen Zinsen. Außerdem werde der Schuldenabbau schneller gehen als nach der Finanzkrise: "Wir gehen davon aus, dass wir nach dieser Krise nicht wieder zehn Jahre brauchen, um von den Schulden herunterzukommen." Neue Steuern brauche es dafür nicht, meint Blümel: "Man kann es mit einer soliden Haushaltspolitik machen, mit einem guten standortpolitischen Mix, der zu Wachstum führt."
 

Budgetplan vor "Corona" um 2,7 Mrd. Euro aufgestockt 

Gegenüber dem Budgetplan vor "Corona" um 2,7 Mrd. Euro aufgestockt wird das Arbeitsmarktbudget, wo von heuer bis 2022 700 Mio. Euro für Qualifikationsmaßnahmen ("Arbeitsstiftung") vorgesehen sind. Allein für die Kurzarbeit werden, nach heuer 6,8 Mrd. Euro, weitere 1,5 Mrd. Euro eingeplant. Damit befinde man sich zwar am "oberen Ende der Expertenschätzungen", räumte Blümel ein, aber: "Alles andere wäre aus budgetärer Sicht nicht sehr sachlich."
 
Mehr Geld gibt es - wie bereits im Vorfeld durchgesickert - für Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), Verkehrs- und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und für Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). Hier sind u.a. zusätzlich knapp 1,2 Mrd. Euro für die Universitäten von 2022 bis 2024 vorgesehen. Das Budget für Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) steigt ebenfalls stark - vor allem dank des 365 Mio. Euro NPO-Fonds.
 
Die für 2021 erwartete Pleitewelle hofft Blümel in der Budgetrede durch den bereits beschlossenen "Verlustrücktrag" abwenden zu können. Der könnte aus seiner Sicht dazu führen, dass vielen Unternehmen die wegen der Coronakrise gestundeten Steuern gänzlich erlassen werden, wenn sie die entsprechenden Verluste gegenrechnen. "Wir hoffen, dadurch einen Großteil der Insolvenzen und der Pleiten verhindern zu können." Beim Fixkostenzuschuss will Blümel weiter mit der EU-Kommission verhandeln, um eine höhere Fördersumme (aktuell maximal drei Mio. Euro) oder eine höhere Deckelung auch für größere Unternehmen (aktuell 70 Prozent) zu erreichen.
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