Fans: „Euch glaubt keiner mehr“

Die große Hacker- Blamage

01.04.2012


Anonymous zieht den Kampf für Bürgerrechte im Internet ins Lächerliche: Die Drohung, Politiker-E-Mails zu veröffentlichen, war ein Aprilscherz.

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© APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
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Die Internetgemeinde ist stinksauer auf Anonymous Austria: „Ein erfolgreicher Aprilscherz, nur glauben wird euch keiner mehr was“, so ein Twitter-Abonnent des Hacker-Kollektivs. „Schade, dass ihr die Situation ins Lächerliche zieht“, ein anderer.
Wie berichtet, hatte Anonymous Austria aus Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung angekündigt, brisante E-Mails von Politikern zu veröffentlichen. Am Datum des Inkraft-Tretens, dem 1. April um 0.00 Uhr, wollte Anonymous mit der Veröffentlichung beginnen. Doch der Knalleffekt blieb aus.

Das Protokoll der Blamage:
31. März, 23.58 Uhr. Auf Twitter vertröstet Anonymous: „Sorry, Party dauert!“
1. April, 0.31 Uhr. Anonymous ruft zur Geduld auf: „Wartet ... bald. Sehr bald.“
0.34 Uhr. Es gebe einen Computer-Angriff auf Anonymous. Erste Zweifler melden sich: „Euch wird keiner mehr glauben, wenn das ne Verarsche ist.“
0.42 Uhr. Der Angriff komme von Regierungsseite, behauptet Anonymous. „Veröffentlichen, oder Aprilscherz bekannt geben“, fordert die Netzgemeinde.

Anonymous gibt massive interne Differenzen zu
2.37 Uhr. Auf der deutschen Programmierer-Plattform Pastebin.de nach fast zwei Stunden endlich eine Erklärung: „Die Leaks waren komplett frei erfunden.“ Ebenso die Regierungsangriffe. Zweck: Öffentlichkeit für das Problem Vorratsdatenspeicherung zu schaffen. Die Aktion sei jedoch intern umstritten gewesen (siehe Ausschnitt oben).
2.41 Uhr. Die letzte Meldung von Anonymous auf Twitter: „Entspannt euch mal!“ Seither herrscht Funkstille.

Anonymous-Gruppen anderer Länder hatten bisher Brisantes enthüllt: So deckten sie über gehackte Kreditkarten-Daten auf, welche US-Regierungsstellen Kunden der privaten Sicherheitsfirma Stratfor sind.

Anonymous Austria spielt in einer anderen Liga: Vergangene Woche versuchten Hacker, mehrere Ministeriumsseiten – darunter das Außenamt – zu hacken. Wollten sie da noch zu E-Mails kommen? Doch die Gruppe ist offenbar zu zerstritten – ÖSTERREICH veröffentlichte etwa E-Mails eines Ex-Aktivisten, der dem Verfassungsschutz seine Dienste im Kampf gegen die Gruppe anbot.
Mit ihrem „Scherz“ hat Anonymous zudem ihrer Glaubwürdigkeit bei ihren natürlichen Verbündeten geschadet – den Medien, ÖSTERREICH mit eingeschlossen.

SMS, Internet – alles ist offen

 

Mit 1. April trat das heftig umstrittene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in Kraft. Ab nun sind Internet- und Telefonanbieter verpflichtet, die Verbindungsdaten aller Kunden sechs Monate zu speichern – und zwar auch ohne dass gegen die Betroffenen ein Verdacht vorliegt. Inhalte werden zwar (angeblich) nicht gespeichert, aber wer wo wann und mit wem per Telefon oder Internet kommuniziert hat – das schon. Die Daten sind Polizei oder Staatsanwaltschaft nicht automatisch zugänglich. Sie werden auf  Servern des Betreibers gespeichert und dürfen nur bei Gefahr in Verzug oder auf richterliche Genehmigung bei konkretem Verdacht abgefragt werden. Aber: Der Betroffene muss erst im Nachhinein (!) benachrichtigt werden.

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