Zwei Ex-Kanzler vor U-Ausschuss

Eurofighter: Gusenbauer widerspricht Darabos

19.06.2017

Der Ex-SPÖ-Kanzler sagt, dass Darabos "in seiner Verantwortung entschieden hat".

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Gleich zwei ehemalige Bundeskanzler haben sich am Dienstag im Eurofighter-Untersuchungsausschuss ein Stelldichein gegeben - und sich verteidigt. Wolfgang Schüssel (ÖVP) hob dabei unter anderem die Typenentscheidung und die Gegengeschäfte hervor, Alfred Gusenbauer (SPÖ) bezeichnete den von Norbert Darabos (SPÖ) geschlossenen Vergleich angesichts der Ausgangsposition als "ausgezeichnete Leistung".

Schüssel musste am Vormittag antreten

Erste Auskunftsperson am Dienstagvormittag war der ehemalige ÖVP-Obmann Schüssel. Er kam auf die Typenentscheidung zu sprechen, die eigentlich gar nicht Thema im aktuellen U-Ausschuss ist: Es sei falsch zu glauben, dass der Eurofighter und der Gripen zwei Flugzeuge auf gleicher Augenhöhe sind: "Der Eurofighter war um Lichtjahre besser." Kritik setzte es hingegen für den früheren Verteidigungsminister Darabos. Dass etwa der Vergleich unter derartiger Geheimhaltung und unter "Ausschaltung" des Koalitionspartners erfolgt sei, habe man nicht wissen können. Schüssel zeigte sich auch verwundert darüber, dass Darabos nicht jene Experten eingebunden hat, die den Ursprungsvertrag verhandelt hatten.

Schüssel schließt Schmiergeldzahlungen aus

Positiv wertet Schüssel hingegen Gegengeschäfte und appellierte daher an die Abgeordneten: "Überlegen Sie sich, ob das wirklich gescheit ist, generell auf alle Gegengeschäfte zu verzichten." Klar müssen diese kontrolliert und Lobbying verhindert werden, prinzipiell handle es sich dabei aber um vernünftige Geschichte. Dass es Schmiergeldzahlungen an die ÖVP gegeben habe, stellte Schüssel in Abrede: "Für meine Partei schließe ich das vollkommen aus."

In Abrede stellte Schüssel auch, dass er Kontakt mit Lobbyisten des Jet-Herstellers gehabt habe. Mit dem in Dokumenten vorkommenden "Dr. Lüssel" wollte sich Schüssel nicht identifizieren - es handle sich dabei um eine "kabarettreife Verballhornung von irgendwelchen Namen". Einen Grund für einen Vertragsausstieg gab es laut seinen Angaben nicht. Die zuletzt immer wieder vorgebrachte Lieferverzögerung beim Hersteller seien wohl nicht belegbar gewesen: "Jeder Beweis der Verzögerung wäre der Jackpot gewesen."
 

Gusenbauer: "Das ist eine riesengroße Sauerei"

Der frühere Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) hat im Eurofighter-U-Ausschuss jegliche Malversationen bestritten. Dies zu behaupten, sei eine "riesengroße Sauerei", ärgerte sich der Ex-Parteichef. Vom Team Stronach-Abgeordneten Leo Steinbichler auf etwaige Provisionen angesprochen, betonte Gusenbauer: "Ich war mein ganzes Leben kein einziges Mal in Malversationen verwickelt."

Gusenbauer bekräftigte, dass er nie Provisionen oder sonstige Bestechungsgelder bekommen habe. Derartige Mutmaßungen seitens des Team Stronach-Mandatars seien "eine riesengroße Sauerei", so der Ex-Kanzler. In welchem Zusammenhang die von Steinbichler geäußerten mutmaßlichen Malversationen gestanden haben sollen, war nicht ganz klar.

Zuvor hatte sich Gusenbauer auch schon zu Zahlungsflüssen von EADS an Rapid unwissend gegeben: "Mir sind solche Zahlungsflüsse nicht bekannt", erklärte Gusenbauer, damals wie heute "Mitglied" des Fußballvereins. In Sponsoring oder finanzielle Angelegenheiten von Rapid sei er nicht eingebunden.

Duell Pilz gegen Gusenbauer

Genervt zeigte sich Gusenbauer im Laufe der Befragung auch von Peter Pilz' (Grüne) Befragungsstil. Dass Politiker wie er, wie von Pilz behauptet, für die Republik Schaden verursacht hätten, ließ er nicht gelten. "Ich habe überhaupt keinen Schaden verursacht", wurde der Ex-Kanzler laut und forderte: "Weisen Sie irgendeinen Schaden nach, bevor Sie weiter so einen Unsinn daherreden."

Wortgefechte lieferte sich Gusenbauer mit Pilz etwa darüber, inwieweit er über die Vergleichs-Verhandlungen des damaligen Verteidigungsministers Norbert Darabos (SPÖ) informiert war. Darabos habe ihn über die Gesprächsfortschritte "mündlich mehrfach informiert", erklärte Gusenbauer. Pilz zeigte sich allerdings dann verwundert, dass Gusenbauer das erste, im Gartenhotel Altmannsdorf handschriftlich verfasste und angeblich vorteilhaftere Vergleichspapier nicht kenne - denn Darabos habe im U-Ausschuss angegeben, seinen Kanzler über jeden Verhandlungsschritt informiert zu haben. "Ich gehe nicht davon aus, dass er die Unwahrheit gesagt hat", meinte Gusenbauer, aber er kenne den handschriftlichen Vertrag nicht, "ich sehe das zum ersten Mal". Letztlich stellte Gusenbauer etwas entnervt fest: "Ich bin laufend über den Fortgang der Verhandlungen informiert worden, nicht über jeden Schritt, das wurde von mir auch nie behauptet."

Ebenfalls nicht erklären konnte sich Gusenbauer auf Befragen des Grünen Abgeordneten, dass sich EADS offenbar schon Anfang 2006 auf eine Preisreduktion von 400 Mio. Euro eingestellt habe, weil die vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt werden können. Darabos hatte mit seinem Vergleich letztlich aber nur eine Preisreduktion von 240 Mio. Euro erreicht, erinnerte Pilz.

Gusenbauer widerspricht Darabos

Dass Darabos - wie von ÖVP-Seite behauptet - den Koalitionspartner zu wenig über die Verhandlungen informiert und sogar das Haushaltsrecht gebrochen habe, weil kein Einvernehmen mit dem Finanzministerium hergestellt worden sei, wies Gusenbauer zurück: "Es sind die Bestimmungen des Haushaltsrechtes eingehalten worden." Darabos habe den Vergleich in seiner "Ministerverantwortung" verhandelt und habe den Vertrag danach dem Finanzministerium übermittelt. Darabos sei wohl auch davon ausgegangen, dass ein Finanzminister nichts dagegen haben könne, wenn er mehrere hundert Millionen Euro einspare, meinte Gusenbauer süffisant.

Auf Wunsch des Finanzministeriums sei auch "über den gesamten Fortgang der Gespräche" die Finanzprokuratur (der Anwalt der Republik) eingebunden gewesen. Ein "Kaltstellen" der Finanzprokuratur während der Verhandlungen konnte Gusenbauer nicht erkennen, er habe den Eindruck gehabt, "dass es hier eine sehr aktive Kommunikation zwischen dem Verteidigungsministerium und der Finanzprokuratur gibt". Über Details gab sich der damalige Regierungschef jedoch auch hier unwissend: Wer in welchem Ministerium wie eingebunden war, "das geht wahrlich über meine Wahrnehmungsgrenze hinaus".
 

Pilz: Gusenbauer hat Darabos geopfert

In einem ersten Statement nach dem U-Ausschuss zeigt sich der Grüne Pilz überrascht über die Aussagen des Ex-Kanzlers Gusenbauer. "So etwas habe ich in einem U-Ausschuss noch nie erlebt.". Dann setzt er fort: "Der ehemalige Bundeskanzler bezichtigt seinen ehemaligen Verteidigungsminister öffentlich der Lüge. (...) Gusenbauer hat seinen loyalen Minister heute politische geopfert."
 

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