ÖSTERREICH-Interview

Faymann will Steuerreform schon 2015

26.04.2014

Kanzler will Steuerreform mit Millionärsabgabe gegenfinanzieren: Nulldefizit erst 2016.

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© TZ ÖSTERREICH/Singer
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Im ÖSTERREICH-Interview kündigt der Kanzler eine große Steuerreform für 2015 an.

Kanzler Faymann macht den Ländern bei den Schuleinsparungen Druck: Bei den Länderkompetenzen dürfe es keine Tabus geben. Und er geht im ÖSTERREICH-Interview in die Offensive: Er kündigt eine große Steuerreform für Familien und kleine und mittlere Einkommen an. Der Eingangssteuersatz wird gesenkt. Geht es nach dem Kanzler, soll die Reform schon Anfang 2015 kommen – und mit der Millionärssteuer gegenfinanziert werden.
 

"Wünsche mir Steuer-Reform Anfang 2015"

ÖSTERREICH: Herr Bundeskanzler, das ganze Land fragt sich, warum wegen des Hypo-Desasters ausgerechnet bei der Bildung gespart werden muss.
Werner Faymann: Erstens muss man sagen, dass uns die Hypo zwar schwer belastet, aber wir einen Großteil der Kosten wieder über die Bankenabgabe hereinbekommen. Und sparen müssen wir auch ohne Hypo. Wir sind aus dieser Wirtschaftskrise noch nicht heraußen. Unsere Wachstumszahlen zeigen zwar nach oben, aber nur schwach. Und konkret zur Bildung: Bei der Bildung steigt das Niveau der Budgetansätze sogar leicht. Beim Gesamtbudget in der Bildung wird also nicht eingespart.

ÖSTERREICH: Hängen bleibt, dass 87 Millionen Euro bei der Bildung eingespart werden. Hätte man diesen Betrag nicht anders einsparen können?
Faymann: Es gibt so viele Zahlen, die herumschwirren. Wahr ist, dass die Unterrichtsministerin bei einem 8-Milliarden-Euro-Budget nun genau schauen wird, wo sie in der Bürokratie und der Verwaltung und bei Doppelgleisigkeiten zwischen Bund und Ländern sparen kann. Ich finde es nicht richtig, zu sagen, alle müssen sparen außer das Bildungsressort. Wir haben die zweithöchsten Ausgaben pro Schüler in der EU. Also müssen wir auch bei der Qualität an die Spitze. Man kann nicht sagen, nur weil Bildung draufsteht, ist es ein Tabu, über Effizienz und Kosten zu sprechen.

ÖSTERREICH: Warum sollen die Länder nicht die Kompetenz für die Lehrer bekommen?
Faymann: Das Argument dagegen ist, glaube ich, einleuchtend: Das würde in neun verschiedene Schulsysteme abgleiten. Wir sollten vielmehr schauen, dass wir gewisse Dinge gemeinsam machen: Buchhaltung, Schulverwaltung, Renovierung von Schulen. Durch diese Maßnahmen wären mittelfristig bis zu 1.500 Dienstposten einzusparen.

ÖSTERREICH: Also keine Tabus bei den Länderkompetenzen im Bildungsbereich?
Faymann: Es darf keine Tabus geben, weil Sparen am richtigen Platz nie falsch sein kann.

ÖSTERREICH: Aus Ihrer eigenen Partei kam heftige Kritik, warum nicht Vermögenssteuern eingeführt werden, um die Einsparungen im Bildungsbereich zu verhindern.
Faymann: Die Millionärsabgabe ist absolut richtig. Das ist eine Forderung von mir. Aber die Einnahmen können wir nicht drei Mal ausgeben. Mein Ziel ist eine große Steuerreform, die mit der Millionärsabgabe gegenfinanziert wird. Die ÖVP will das derzeit noch nicht, aber ich hoffe, dass sie noch überzeugbar ist. Wir haben uns im Regierungsabkommen darauf geeinigt, dass eine Arbeitsgruppe das Steuersystem durchforstet. Bis Ende 2014 soll ein Reformpfad zur Harmonisierung und Steuervereinfachung vorgelegt werden. Der Unterschied zwischen SPÖ und ÖVP ist, dass wir sagen, die Steuerreform sollte möglichst bald kommen. Und der Unterschied ist der, dass wir sagen, zur Gegenfinanzierung gehört die Millionärsabgabe herangezogen.

ÖSTERREICH: Wann soll die Steuerreform kommen?
Faymann: Ich möchte die Steuerreform so schnell wie möglich. In unserem gemeinsamen Zeitplan steht ab Ende 2015. Wenn es früher ist, wäre mir das aber sehr recht. Sagen wir so: In einer absoluten Mehrheit würde ich sicher Anfang 2015 und nicht Ende 2015 anstreben. Ich würde mir wünschen, dass wir die Steuerreform schon Anfang 2015 schaffen.

ÖSTERREICH: Wie soll die Steuerreform aussehen?
Faymann: Der Eingangssteuersatz soll in Richtung 25 % gesenkt werden, gleichzeitig muss es eine Abflachung der Progression geben. Das Ziel ist: Mehr netto vom Brutto. Für Familien, für kleine und mittlere Einkommen.

ÖSTERREICH: Wann haben wir wieder ein Nulldefizit?
Faymann: Bei den jetzigen Voraussetzungen sollten wir 2016 das strukturelle Null­defizit schaffen. 2015, wie von der EU-Kommission gewünscht, geht sich nicht aus.

ÖSTERREICH: Wie sieht es mit den angekündigten Offensivmaßnahmen aus?
Faymann: Wir starten jetzt eine große Offensive für Wachstum und Beschäftigung. Wir geben 180 Millionen für den Wohnbau aus, 460 Mio. für den Hochwasserschutz, 830 Mio. für die Familienbeihilfe. Für die schulische Tagesbetreuung gibt es 400 Mio. zusätzlich, 300 Mio. investieren wir in den Ausbau der Kindergärten. Für den Wiedereinstieg älterer Arbeitsloser gibt es 350 Millionen.

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