Kollaps in Kroatien

Flüchtlinge nicht zu stoppen

17.09.2015

14.000 Flüchtlinge in Kroatien haben nur ein Ziel: Via Österreich wollen sie weiterziehen nach Deutschland.

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Sackgasse Balkan, abermals apokalyptische Bilder. Jetzt stauen sich die Menschenmassen in der kroatisch-serbischen Grenzstadt Tovarnik: „Die Situation ist grauenhaft“, schildert ORF-Mann Christian Wehrschütz die Lage (siehe unten).

Zwar hat Kroatien alle sieben Grenzübergänge zu Serbien geschlossen. Entlastung bringt das keine: Die Menschen stürmen einfach weiter – über Wiesen, durch Maisfelder. Sie ignorieren die heillos überforderte Bereitschaftspolizei: „Es ist eine humanitäre Katastrophe“, warnt Tovarniks Bürgermeisterin Ruza Sijakovic.

Kein Wasser, Hitze: Frauen fielen ohnmächtig um
Und der Strom reißt nicht ab: 14.000 kamen allein bis Freitag nach Kroatien. Frauen, Männer, Alte, Tausende Kinder. Mit Bussen und Sonderzügen wollten die Kroaten sie in Aufnahmezentren bringen, sie registrieren. Doch die Massen wollen sich nicht stoppen lassen: Sie durchbrachen Polizeiblockaden. Im bedrohlichen Gedränge kam es zu panikartigen Szenen: Frauen fielen ohnmächtig um, Kinder wurden verletzt, Helfer gab es kaum.

© Getty

Freitagnachmittag öffnete schließlich Ungarn die Grenze zu Kroatien. Um den völligen Kollaps zu vermeiden, wurden 1.500 Flüchtlinge in 21 Bussen aus Kroatien via Ungarn Richtung Österreich gebracht.

Ein Asylantrag. In Kroatien will kein Flüchtling bleiben. Bisher hat nur eine Frau mit Kind einen Asylantrag gestellt. Auch nach Slowenien haben es am Freitag nur wenige geschafft: 500 Flüchtlinge kamen zu Fuß über die grüne Grenze. Sie wollten nach Spielberg weiter. Die Slowenen registrierten die Flüchtlinge. Danach sollten sie nach Kroatien zurückgeschickt werden, doch Zagreb lehnte vorerst den Rücktransport ab.

Flüchtlinge nun über Ungarn im Bus nach Österreich
Am Freitag überschlugen sich die Ereignisse: In Kroatien waren zunächst 14.000 Flüchtlinge in Richtung Österreich unterwegs,  doch am späten Nachmittag öffnete Ungarn plötzlich seine Grenze zu Kroatien.

Karte: Der Weg nach Österreich

 

1.500 Flüchtlinge überquerten daraufhin die kroatisch-ungarische Grenze und wurden mit 21 Bussen weg­gebracht. Sie sollen sich in West-Ungarn registrieren, hieß es. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie schon zuvor den direkten Weg nach Österreich suchen. An Österreichs Grenzen liefen daraufhin die Vorbereitungen auf Hochtouren an. Eine Übersicht:

  •  Burgenland: In Heiligenkreuz war man auf die 21 Busse eingestellt. Geplant war, dass die Flüchtlinge dort durch das Rote Kreuz erstversorgt werden und dann weiter in feste Quartiere nach Wien oder andere Bundesländer gebracht werden. „Es stehen genug Busse bereit“, sagt Helmut Marban vom Landespolizeikommando Burgenland zu ÖSTERREICH. Für den Notfall gibt es 28 Bundesheer-Zelte als Quartiere. Schon in der Nacht auf Freitag waren 590 Flüchtlinge in Heiligenkreuz angekommen.

An den anderen Grenzen war es am Freitag ruhiger:

  •  Steiermark/Kärnten: Seit Mittwoch verstärken 1.600 Soldaten in Spielfeld, Bad Radkersburg und Mureck sowie in Kärnten an der Grenze zu Slowenien die Grenzkontrollen. Erste Bilanz: bisher keine Aufgriffe.
  •  Wien: „Die Situation hat sich entspannt“, sagt Polizeisprecher Roman Hahslinger. Einige Hundert Personen befanden sich Freitag am West- und Hauptbahnhof.
  • Salzburg: 580 Flüchtlinge überquerten die österreichisch-deutsche Grenze, 600 Flüchtlinge reisten mit einem Sonderzug weiter. Lage am Hauptbahnhof: ruhig.

ORF-Reporter Wehrschütz: „Panik und blankes Chaos“

ÖSTERREICH: Sie berichten aus dem kroatischen Hotspot Tovarnik, der Grenzstadt. Wie lange kann Kroatien den Ansturm noch aufhalten?
Christian Wehrschütz: 14.000 sind in drei Tagen aus Serbien nach Kroatien gekommen, an der Grenze herrscht blankes Chaos. Die Menschen schlafen im Freien, der Unmut in der Bevölkerung steigt rapid an. In Gruppen marschieren viele Flüchtlinge einfach weiter. Registriert wird hier niemand.

© christian wehrschütz

ÖSTERREICH: Wie lange wird es dauern, bis die Gruppen nach Österreich kommen?
Wehrschütz: Von der serbisch-kroatischen Grenze bis nach Zagreb sind es etwa 300 Kilometer. Von Zagreb bis Spielfeld nur mehr 140. Dann stellt sich die Frage, wie die Slowenen regieren werden? Winken sie die Menschen Flüchtlinge einfach durch nach Österreich, oder nicht? Bisher kamen erst 500 Flüchtlinge in Slowenien an.

VIDEO: Kroatien macht die Grenzen dicht

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