Präsident verärgert

Gerichts-Beben nach Rücktritt von Brandstetter

04.06.2021

Nach dem Rücktritt von Wolfgang Brandstetter geht es jetzt schon um die Nachfolge.

Zur Vollversion des Artikels
© APA/ Neubauer
Zur Vollversion des Artikels

Donnerstagabend trat Wolfgang Brandstetter nach Bekanntwerden der abfälligen Chat-Dialoge zurück. Doch erst Freitagfrüh wurde deutlich, wie knapp er seinem Rauswurf aus dem Verfassungsgerichtshof gewesen ist.

"Erschrocken und bestürzt" 

VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter zeigte sich angesichts der Chats „erschrocken und bestürzt“. Und weiter: „Herabwürdigende Äußerung über Menschen aus Gründen ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts oder ihrer beruflichen Tätigkeit haben in einer demokratischen Debatte keinen Platz und in ­einer demokratischen Gesellschaft sollte dafür kein Raum sein.“ Soll heißen: Wäre Brandstetter nicht gegangen – er wäre mit Zweidrittelmehrheit aus dem VfGH geflogen.

Über VfGH-Richterinnen gelästert 

Der Grund liegt auf der Hand: Der vorläufig suspendierte Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek ­hatte mit Brandstetter über VfGH-Richterinnen gelästert – die Vizepräsidentin Verena Madner – sie hat ­einen afrikanischen Vater – sollte nach Kuba versetzt (!) werden. Der Chat dürfte aber auch Pilnacek endgültig den Job kosten. Zwar ist das Suspendierungsverfahren in 2. Instanz noch nicht entschieden, doch Justizministerin Alma Zadic ließ durchblicken, dass sie Pilnacek angesichts der neuen Chats erneut anzeigen werde.

Grüne bei Nachfolgefrage sehr zurückhaltend

Doch zurück zum VfGH: Brandstetter saß auf einem ÖVP-Ticket, entscheiden muss über die Nachfolge die Regierung. Ob die Grünen der ÖVP den Job überlassen oder auf eine unabhängige Lösung drängen, ist offen. Klubobfrau Sigrid Maurer zeigte sich zwar erleichtert, dass Brandstetter zurücktrat – hielt sich sonst aber bedeckt. Nur so viel: Dass jemand wie Brand­stetter direkt von der Regierung zum VfGH wechsle, sei künftig nicht mehr möglich. 

Zur Vollversion des Artikels