Grasser-Prozess geht ins Finale
Richterin stellt klar: Es gab keinen Lauschangriff im Gerichtssaal
13.10.2020
Zudem wurden zahlreiche Anträge der Verteidiger zurückgewiesen.
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Richterin Marion Hohenecker hat heute im Grasser-Prozess zahlreiche Anträge der Verteidiger abgewiesen und unter anderem festgehalten, dass es im Großen Schwurgerichtssaal weder eine Überwachung der Telekommunikation noch einen Lauschangriff gegeben habe - wie von den Vertretern des Erstangeklagten Ex-Finanzministers Karl-Heinz Grasser behauptet.
Abgewiesen wurde per Beschluss des Schöffensenats auch die Ladung weiterer Zeugen, da diese nichts mehr zur Wahrheitsfindung im Prozess beitragen würden. Unter anderem wünschten mehrere Verteidiger die Ladung der Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Ilse-Maria Vrabl-Sanda, weil sie ein "Geheimtreffen" samt Absprachen zwischen der Anklagebehörde und dem teilgeständigen Lobbyisten Peter Hochegger vermuteten. Hohenecker betonte, dass sich während der Hauptverhandlung die Verantwortung eines Angeklagten ändern kann und die Beurteilung des Wahrheitsgehaltes dem Schöffensenat obliegt.
Ebenfalls abgewiesen wurde der Einspruch gegen die Sitzordnung, hier haben sich die Verteidiger und Angeklagten gegenüber der Staatsanwaltschaft benachteiligt gefühlt, weil sie im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts nicht "auf Augenhöhe" mit Richtern, Schöffen und Staatsanwälten sitzen, sondern etwas niedriger. Keinen Erfolg hatten die Angeklagtenvertreter auch mit ihrer Forderung, das Tickern der Medien während des Prozesses einzustellen.
Nach den Ausführungen der Richterin kam der Angeklagte Gerald Toifl, ehemaliger Rechtsvertreter des Angeklagten Ex-FPÖ-Generalsekretärs Walter Meischberger, zu Wort. Zur Causa Linzer Terminal Tower habe er kaum Kenntnisse gehabt, in der Causa Buwog sei es komplex. Das Konto "Natalie", auf dem ein Teil der Buwog-Provision gelandet war, sei kein Konto von Grasser. Das sei hier in der Hauptverhandlung nicht einmal ein Thema gewesen, so Toifl. Auch beim Konto "Walter", das in der Hauptverhandlung mit einer Nummer bezeichnet wurde, sehe er dafür keine Hinweise.
Schwieriger sei es beim Konto "Karin", das die Behörden dem angeklagten Immobilienmakler Ernst Karl Plech zurechnen. Plech hatte das Konto eröffnet und war darauf - wie seine Frau und sein Sohn - zeichnungsberechtigt. Laut Meischberger und Plech gehört das Geld darauf aber Meischberger. Er habe keinen Anlass gehabt, den beiden nicht zu glauben, sagte Toifl, daher habe er das auch in der Selbstanzeige von Meischberger so hineingeschrieben.
Entschieden dementierte Toifl aber die Angaben von Plech im Ermittlungsverfahren, der dort ausgesagt hatte, dass die Immobilieninvestmentvereinbarung zwischen ihm und Meischberger erst im Jahr 2009, nach dem Bekanntwerden der Buwog-Provision, in der Kanzlei von Toifl und anderen verfasst worden sei. Laut Plech wurde damals verschriftlicht, was er mündlich zuvor mit Meischberger vereinbart habe. Toifl wies das zurück, er habe "nichts gefälscht".
Toifl erklärte auch, dass er in einer Nachricht, wonach er im Herbst 2009 die Nacht mit Grasser verbracht habe, nicht gemeint habe, mit Grasser persönlich. Denn dieser sei damals laut dem Bewegungsprofil, das die Staatsanwaltschaft verfasst habe, von Graz nach Ägypten geflogen. "Wenn er geflogen ist, kann er nicht auf der Tuchlauben gewesen sein", so der frühere Anwalt.
Die Richterin verkündete anschließend den Beschluss auf "Schluss des Beweisverfahrens".
Nach der Erklärung von Toifl starten nun - nach einer Mittagspause - die Plädoyers, beginnend mit den beiden Oberstaatsanwälten Alexander Marchart und Gerald Denk. Es folgen die Vertreterin der Republik Österreich, Marlies Schefer für die Finanzprokuratur, die Privatbeteiligtenvertreter der CA Immo, Johannes Lehner, und der Immofinanz, Georg Jünger, sowie der Telekom Austria. Dann kommen die Anwälte der Angeklagten zu Wort. Zuerst wird der Anwalt des Erstangeklagten Grasser, Manfred Ainedter, das Wort ergreifen, anschließend Grasser-Co-Anwalt Norbert Wess.