Er wird verspottet

Mr. Nobody soll jetzt Europa regieren

17.08.2011

Er wollte den Job nicht, liebt dafür japanische Gedichte: EU-Chef Van Rompuy.

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Über Herman Van Rompuy (63) kursieren dutzende Witze. Etwa dieser: Frankreichs Nicolas Sarkozy begründet, warum er ihn an der EU-Spitze haben will, so: „Herman schnappt mir Carla wenigstens nicht weg.“ Der britische Nationalist Nigel Farage beschimpfte ihn schon als „feuchten Lappen“.

Er verdient 310.000 Euro – am Rockzipfel Merkels
Tatsächlich hat der unscheinbare belgische Ex-Premier, der seit 2010 EU-Ratspräsident ist, nichts getan, um aufzufallen. Van Rompuy ist formal EU-Chef und verdient 310.000 Euro im Jahr – mehr als US-Präsident Barack Obama (der hat nur 282.000 Euro). Doch hängt der Christdemokrat, der 2010 ein Buch mit Haikus (japanische Gedichte) veröffentlicht hat, am Rockzipfel seiner Erfinder, der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und des Franzosen Nicolas Sarkozy. Motto: Es ist ohnehin egal, wer unter uns EU-Chef wird. Aufgefallen ist Van Rompuy bisher nur durch mehrfache Ankündigung von EU-Krisen-Gipfeln – was die Krise nur angeheizt habe, so die Kritiker.

Dabei steht Van Rompuy vor der Aufgabe seines Lebens: Denn als Job-Beschreibung für den neuen Chef einer EU-Wirtschaftsregierung (für die Euro-Zone, soll sich 2 Mal im Jahr treffen) wurden ihm mehrere Sisyphos-Aufgaben mitgegeben:

Schuldenbremse
Die 17 Euro-Länder sollen zu einer einheitlichen Budgetpolitik verdonnert werden. Am besten mit einer gesetzlichen Schuldenbremse, so Merkel. Der Widerstand aus den einzelnen Staaten wird enorm werden, schon jetzt lässt Österreichs Kanzler Werner Faymann wissen: „Wir brauchen budgetäre Spielräume, um nationale Krisen zu überwinden.“

Steuerpolitik
Er soll die Steuersätze in der EU möglichst vereinheitlichen.

Finanzsteuer
Schlussendlich soll Van Rompuy eine EU-weite Finanztransaktionssteuer durchsetzen.

Zumindest dazu applaudiert ihm Faymann: Diese Steuer fordere auch er seit Jahren.
 

Ein zaghaftes Ja aus Österreich zu Euro-Regierung

Faymann, Spindelegger und Finanzministerin Fekter sagen vorsichtig ja zur neuen Wirtschaftsregierung.

Kanzler Werner Faymann (SPÖ)
„Die Finanztransaktionssteuer ist ein wichtiges Mittel, um auch auf europäischer Ebene für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Ich begrüße eine engere Abstimmung der Wirtschaftspolitik in der Eurozone, lehne aber Eingriffe in die nationale Lohnpolitik sowie die Einführung eines einheitlichen EU-Pensionsalters durch eine EU-Wirtschaftsregierung ab.“

Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP)
„Eine Koordination der Wirtschaftspolitik ist wichtig für Europa, ich begrüße daher grundsätzlich eine engere Abstimmung in der Eurozone. Dies gilt auch für die Budget- und Fiskalpolitik, hier müssen wir in Zukunft noch besser werden. Wir sprechen uns aber auch klar gegen die Schaffung und Ausgabe von Eurobonds (gemeinsame Staatsanleihen) aus. Für Österreich wären damit Milliarden-Haftungen verbunden. Euro-Bonds schaffen die Situation wieder, die die Krise ausgelöst hat: Schuldenstaaten hätten einen Anreiz, sich weiter zu verschulden.“

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP)
„Grundsätzlich begrüße ich eine engere Abstimmung in der Eurozone. Die Koordination muss sowohl in der Wirtschaftspolitik als auch in der Budget- und Fiskalpolitik besser werden“, so Maria Fekter.

EU-ÖVP-Fraktions-Chef Othmar Karas (ÖVP)
„Das ist nichts weniger als eine Ausschaltung des Europäischen Parlaments. Sie blockieren seit Monaten eine Wirtschaftssteuerung – und jetzt wollen sie sie an den EU-Verträgen vorbei.“

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