Kasachen-Krimi

Alibi für mutmaßlichen Komplizen zurückgezogen

20.01.2014

Protokolle zu angeblich verabredeter Anschwärzung Gusenbauers aufgetaucht.

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© HBF / Dragan Tatic
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Ein Zeuge in der Causa Aliyev hat laut dem Wiener Anwalt Gabriel Lansky das Alibi, das er für einen mutmaßlichen Komplizen des kasachischen Ex-Botschafters Rakhat Aliyev gab, zurückgezogen. Das erklärte Lansky, der die Angehörigen zweier Bankmanager vertritt, die seiner Darstellung zufolge auf Anweisung Aliyevs in Kasachstan ermordet worden sein sollen, am Montag auf einer Pressekonferenz.

Der Zeuge Sergey Z. habe in Schreiben an die Staatsanwaltschaft Wien und die kasachische Generalprokuratur mitgeteilt, dass er Ex-Geheimdienstchef Alnur Mussayev, gegen den im Fall Aliyev als mutmaßlicher Mittäter bei der Ermordung zweier Manager der Nurbank ermittelt wird, unter Druck ein falsches Alibi gegeben habe. Laut Lansky war Z. ein Wachmann bei dem Aliyev-Vertrauten Lev N. in Dubai und davor "technischer" Mitarbeiter des kasachischen Geheimdienstes.

Aliyev soll gefälschte Urkunden vorgelegt haben
Zugleich warf Lansky Aliyev vor, der österreichischen Justiz gefälschte Urkunden als Beweismittel vorgelegt zu haben. Damit wolle Aliyev glaubhaft machen, dass die Mordvorwürfe gegen seine Person eine Verschwörung des kasachischen Geheimdienstes seien. Deswegen habe er vorige Woche Anzeige eingebracht. Konkret sei die Unterschrift des kasachischen Generalstaatsanwaltes Askhat Daulbayev gefälscht worden.

Dazu präsentierte Lansky ein Grafologie-Gutachten von Christian Grafl, Professor am Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien. Demnach sind zwei Unterschriften Daulbayevs in Unterlagen, die Aliyev zu seiner Entlastung einbrachte, derart deckungsgleich mit der authentischen Unterschrift Daulbayevs in einem Brief des Generalstaatsanwaltes an Aliyev, dass von einer Fälschung durch Kopie der echten Unterschrift auszugehen sei. Allerdings hatte Grafl nur Kopien und keine Originaldokumente für sein Gutachten zur Verfügung, wie er selbst auf der Pressekonferenz sagte.

Zudem wurden Lansky zufolge für Aliyevs Verteidigung günstige Passagen nachträglich in ein "authentisches Ursprungsdokument" eingefügt worden, das die wohl gefälschte Unterschrift Daulbayevs trug.

Weiters erklärte Lansky, dass die beiden "Daulbayev-Dokumente" auch im Rahmen eines Verfahrens vor dem Schiedsgericht der Weltbank (ICSID) eingebracht worden seien. Der Schwager Aliyevs sei hier gegen seine Enteignung durch den kasachischen Staat vorgegangen. Auch hier habe ein Gutachter die Daulbayev-Unterschriften als Fälschungen gewertet. Daraufhin seien die Dokumente aus dem Schiedsverfahren zurückgezogen worden. Lansky geht daher davon aus, dass Aliyev nicht die Schutzbehauptung aufstellen könne, er habe nicht gewusst, dass die Unterschriften gefälscht waren.

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ehemaligen Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten
Gegen Aliyev (heute nach Namenswechsel Shoraz), Ex-Botschafter Kasachstans in Österreich, ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts des Mordes und der Geldwäsche. Der ehemalige Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, der in Ungnade fiel, war 2008 in seiner Heimat in Abwesenheit wegen Mordes verurteilt worden. Mittlerweile lebt Aliyev in Malta, sein österreichischer Fremdenpass wurde eingezogen.

Lansky berichtete am Montag auch von Protokollen von Skype-Telefonaten zwischen Aliyev und seinem Vertrauten Lev N. in Dubai sowie zwischen Ex-Geheimdienstchef Mussayev und Lev N., in denen die Anschwärzung u.a. von Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ), der als Berater Nasarbajews tätig ist, verabredet werde. Diese noch nicht ganz ausgewerteten Protokolle in "Gaunersprache", wie sie im Raum der ehemaligen Sowjetunion gebraucht werde, habe der Zeuge Sergey Z. seinem Schreiben mit dem Widerruf des Alibis beigelegt.

Ex-Kanzler Gusenbauer sollte angeschwärzt werden
Seine Mitarbeiter seien hundertprozentig sicher, dass die Protokolle echt seien, sagte Lansky. In den Abschriften geht es u.a. um einen später tatsächlich verschickten Brief von Lev N. an den österreichischen Botschafter in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit Bitte, die österreichischen Antikorruptionsbehörden von einer angeblichen Informantentätigkeit Gusenbauers für den kasachischen Geheimdienst in Kenntnis zu setzen. Lansky sieht hinter den Protokollen die Absprache eines "Desinformationsplanes".

In Österreich laufen Ermittlungen, wonach Lansky und Gusenbauer den kasachischen Geheimdienst KNB mit vertraulichen Informationen aus dem parlamentarischen "Spitzel"-U-Ausschuss gefüttert haben könnten. Beide wiesen das zurück.

Eine "wirklich gefährliche Partei" habe "Österreich in Geiselhaft genommen", sagte Lansky. Er sprach von einem Geheimdienstskandal, in dem die "Behörden jenseits der Grenzen der Zulässigkeiten ihrer Aufgaben" gingen.

Der Anwalt geht davon aus, dass die Ermittlungen im Fall Aliyev noch heuer abgeschlossen werden. Er rechnet fix mit einer Anklage.

 

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