"Hart bleiben"

Michael Häupl mahnt Werner Faymann

13.04.2010

Wiens Bürgermeister Michael Häupl greift Koalitionspartner VP frontal an – bei der Präsidentenwahl und der Budgetsanierung.

Zur Vollversion des Artikels
Zur Vollversion des Artikels

Das Wiener Wahlrecht würde Michael Häupls SPÖ eine absolute Mandatsmehrheit mit 46 bis 47 Prozent ermöglichen – derzeit liegt sie laut der aktuellen Gallup-Umfrage bei 44 Prozent, also drei Prozent hinter dem Ziel, die FP legt mit 22 Prozent stark zu.

Ab 4. September startet die Wiener SPÖ ihren Intensivwahlkampf für die wohl wichtigste Wahl des heurigen Jahres, die am 10. Oktober stattfindet.

Bis dahin will Häupl nicht nur die Köpfe der Wähler, sondern auch deren Herzen gewinnen. Denn, so der Bürgermeister, bei den emotionalen Fragen, wer die Ängste vor Ausländern verstehe etwa, habe die SPÖ noch die größten Defizite.

ÖSTERREICH: Heute tagt das Präsidium der SPÖ. Werden Sie nachfragen, ob die Koalition nicht nur Steuern erhöht, sondern auch spart?
Michael Häupl: Es wird ja gespart. Aber manche meinen, dass Sparen nur über die berüchtigte Verwaltungsreform geht. Es ist eine Menge Effizienzpotenzial da. Aber drei Milliarden im Spitalsbereich, wie der Rechnungshof sagt, sind unverträglich: Es sollen ja alle Patienten die beste Behandlung bekommen – und nicht nur die, die sie bezahlen können.
ÖSTERREICH: Hat sich die Koalition Traumbuch-Zahlen zurechtgelegt?
Häupl: Die Diskussion wird viel zu wenig praxisnah und besonders oberflächlich geführt.
ÖSTERREICH: VP-Lopatka will, dass die Länder den Gratiskindergarten wieder abschaffen.
Häupl: Herr Lopatka argumentiert noch immer wie ein Parteisekretär und ist offensichtlich noch nicht in der Regierung angekommen. Wenn das auch die Meinung seines Chefs ist, werden wir reden müssen. Wir führen den Kindergarten als gebührenfreie Bildungseinrichtung sicher nicht auf eine gebührenpflichtige Kindergarderobe zurück.
ÖSTERREICH: Wer zahlt also die Zeche für die Krise?
Häupl: Die Verursacher müssen zahlen, nicht die Steuerzahler. Die SPÖ muss da hart bleiben. Sie hat sich mit Finanztransaktionssteuer, Bankenabgabe und Co richtig positioniert.
ÖSTERREICH: Ärgern Sie sich über diesen Streit in der Koalition vor dem Hintergrund der nahenden Wien-Wahl?
Häupl: Ärgern habe ich mir abgewöhnt. Aber die ÖVP ist halt, wie sie ist. Wenn sie meint, dass man die Krisenlasten auf die kleinen Leute abwälzt, dann ist das ihre Sache. Mir ist wichtig, dass die SPÖ hier Flagge zeigt. Bei dieser Wählervertreibung der ÖVP spielen wir nicht mit.
ÖSTERREICH: In allen Umfragen zeigt sich, dass aber die SP statt der VP verliert ...
Häupl: Es gibt ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Je klarer die SPÖ hier Flagge zeigt, desto besser wird sie liegen.
ÖSTERREICH: Stimmt es, dass die Bundespolitik wegen der Wiener Wahl noch gar nicht sagen darf, wie das Sparpaket 2011 aussieht?
Häupl: Man soll sagen, was Sache ist. Mit mir hat niemand gesprochen, ich habe diesen Wunsch nicht geäußert. Wer sich auf mich ausreden will, wird da ein Problem haben.
ÖSTERREICH: Wie beurteilen Sie die Weißwähl-Kampagne der ÖVP für die Präsidentenwahl und den Wahlkampf?
Häupl: Es ist skurril. Strache fehlt bei den Rosenkranz-Kundgebungen und lässt sich lieber selbst plakatieren. Und die Linie der staatstragenden Partei ÖVP zum Weißwählen ist ein Armutszeugnis. Figl und Raab würden sich im Grab umdrehen.
ÖSTERREICH: Verteidigen Sie in Wien die Absolute? Es wird wohl knapp?
Häupl: Es wird knapp, aber wir schaffen es. Niemand will unklare Verhältnisse. Wir sind für ein friedliches Zusammenleben, während Strache alle rauswerfen will. Wählen ist eine emotionale Entscheidung. Wir bemühen uns, nicht nur die Köpfe der Menschen, sondern auch deren Herzen zu gewinnen.

Interview: Ulli Kittelberger, Josef Galley

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel