Nach ZiB2-Eklat

ORF-Redakteursrat schießt gegen Vilimsky

24.04.2019

Dass der Generalsekretär einer Regierungspartei in einem Interview den Moderator bedroht, habe es in dieser Form noch nicht gegeben.

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© Screenshot/ORF
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Nach dem Auftritt von FPÖ-EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky in der "Zeit im Bild 2" am Dienstag gehen die Wogen hoch. Vilimsky hatte sich über die Fragen von Moderator Armin Wolf empört und "Folgen" angedroht. Von FPÖ-Seite gab es danach noch mehr Kritik an Wolf; die Opposition kritisierte das Medienverständnis der FPÖ. ÖVP-Medienminister Gernot Blümel wollte das Interview nicht kommentieren.

Wolf hatte Vilimsky mit einem Cartoon der steirischen Parteijugend konfrontiert. Darin wurde eine einheimische Familie in grüner Tracht als von finsteren Zuwanderern mit langer Nase, Bart und Buckel bedroht dargestellt. Der "ZiB2"-Anchorman verglich dies mit der Darstellung eines Juden im NS-Kampfblatt "Der Stürmer". Vilimsky fand das geschmacklos und skandalös und sprach von "unterster Schublade". Er sah seine Partei in die Nähe zum Nationalsozialismus gerückt. "Das ist etwas, das nicht ohne Folgen bleiben kann", sagte er drohend.

ORF-Redakteursrat: "Drohung live auf Sendung hat es noch nicht gegeben"

Dieses Interview sorgt auch einen Tag später noch für reichlich Aufruhr. Im Zuge dessen meldete sich auch der ORF-Redakteursrat zu Wort und protestiert schärfstens gegen derartige Einschüchterungsversuche. "Dass der Generalsekretär einer Regierungspartei in einem Interview den Moderator bedroht, hat es in dieser Form noch nicht gegeben", heißt es in einer Aussendung von Dieter Bornemann, Peter Daser und Margit Schuschou. Dieses Interview habe gezeigt, warum Österreich im internationalen Ranking der Pressefreiheit gleich fünf Plätze verloren hat. "Die Aussage von Vilimsky nach einer kritischen Frage in einem Live-Interview - „Das ist etwas, das nicht ohne Folgen bleiben kann“ - muss als persönliche Bedrohung von ZiB2-Moderator Armin Wolf verstanden werden", heißt es weiter. Aufgabe von seriösem Journalismus sei es unter anderem, Missstände aufzuzeigen und Politikern kritische Fragen zu stellen.

Strache ätzt gegen Wolf

Noch in der Nacht meldete sich dazu FPÖ-Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache via Facebook zu Wort. "Sachlichkeit kennt ein Herr Wolf wohl nicht", schrieb er. "Sowohl die Opposition als auch eine Handvoll Journalisten stellen ihre eigenen politischen Ansichten permanent über ein demokratisches Wahlergebnis." Ihm sei es aber "relativ egal", ob "ein Herr Wolf unser Handeln und Tun für gut empfindet oder nicht". Christian Hafenecker, wie Vilimsky FPÖ-Generalsekretär, sah im "Stürmervergleich" den Beweis, "wie unterirdisch der ORF mittlerweile ist". Via Twitter griff auch er Wolf direkt an: Man müsse dem Journalisten "dankbar dafür sein, dass er nicht einmal versucht, sich zu verstellen. Gut, dass Leute wie er nur vorgefertigte Texte verlesen dürfen und nicht etwa als Richter agieren können".
 

Steger: Wolf soll für SPÖ kandidieren

Der freiheitliche Vorsitzende des ORF-Stiftungsrats, Norbert Steger, kann indes in Vilimskys Angriffen kein Drohpotenzial orten, wie er in einem Interview am Mittwoch sagte. "Was war beim 'Stürmer' die Konsequenz? Man war mit dem Leben bedroht. Was droht Wolf? Dass ich sage, das ist nicht Journalismus, wie ich ihn mir vorstelle." Wolf solle sich "um die Sozialistische Partei kümmern" und "für sie kandidieren", sagte Steger. Der Stürmer-Vergleich sei empörend, weil den Nationalsozialismus verharmlosend: "Ich halte das für pervers, dass man solche lauen Lüfterl immer mit Nazis vergleicht." Aussagen, die auch dem ORF-Redakteursrat sauer aufstoßen. "Auch das zeigt ein seltsames Verständnis von journalistischer Arbeit. Kritische Interviews werden offenbar nur dann wahrgenommen, wenn Parteifreunde betroffen sind", steht es in der Aussendung.
 

Blümel schweigt

Vonseiten der Volkspartei wollte man sich am Mittwoch nicht einmischen. "Ich bin Medienpolitiker und nicht -kommentator und will nicht jedes Interview kommentieren", sagte Medienminister Blümel am Rande des Ministerrates. Sehr wohl das Wort ergriff die Opposition. "Es vergeht weiterhin kein Tag, an dem die FPÖ nicht an den Grundfesten der Demokratie sägt", meinte SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda. "Vilimskys unverhohlene Drohungen auf berechtigte Fragen zur Abgrenzung der FPÖ gegenüber dem Nationalsozialismus sind ein weiterer besorgniserregender Schritt in Richtung illiberale Demokratie Orban'scher Prägung." Auch NEOS-EU-Spitzenkandidatin und Mediensprecherin Claudia Gamon sah sich an Ungarn erinnert. "Mit Drohungen auf kritische Fragen zu reagieren - damit hat die FPÖ einen neuen Tiefpunkt erreicht", schrieb sie in einer Aussendung. Alma Zadic ortete in Vilimskys Aussagen eine "absolute Grenzüberschreitung, nach der wir nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen können".



 

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