Mit 96 Jahren

Oberösterreichs Altlandeshauptmann Ratzenböck gestorben

23.12.2025

Überzeugter Europäer - Landeshauptmann von 1977 bis 1995

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© APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR
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Linz. Oberösterreichs Altlandeshauptmann Josef Ratzenböck (ÖVP) ist am Dienstag im Alter von 96 Jahren gestorben. Das teilte das Land Oberösterreich am späten Nachmittag mit. Der promovierte Jurist stand von Oktober 1977 bis März 1995 an der Regierungsspitze des Bundeslandes.

Er galt als ein klassischer "Landesvater", zeichnete sich durch Bürgernähe aus. In die Zeit seiner 18-jährigen Amtsperiode fallen große politische Ereignisse wie der Fall des Eisernen Vorhangs und der EU-Beitritt Österreichs, die er zu den bewegendsten Momenten zählte - am 11. Dezember 1989 schnitt er gemeinsam mit dem südböhmischen Kreisvorsitzenden Miroslav Šenkyř am Grenzübergang Wullowitz den "Eisernen Vorhang" durch. 

"Arbeiter im Weinberg Oberösterreich"

"Politik als Handeln am Nächsten", so beschreibt die ÖVP Oberösterreich das Amtsverständnis ihres einstigen Parteichefs und Landeshauptmannes, dessen Traumberuf eigentlich Bauer gewesen wäre. Er selber sah sich als "Arbeiter im Weinberg Oberösterreich". Seine dienstäglichen Sprechtage für jedermann gelten als legendär.

Noch als Kulturlandesrat initiierte er im Mai 1977 die Gründung des Landesmusikschulwerks, um so der breiten Bevölkerung eine musikalische Ausbildung zu ermöglichen. Ihm gelang es bei seiner ersten Landtagswahl im Jahr 1979, die absolute Mehrheit für die Volkspartei zurückzuholen, die auch noch bei der kommenden Wahl 1985 gehalten wurde. Nach dem Rückzug aus der aktiven Politik schätzte die Landespartei an ihrem "Pensionisten", dass er sich "nie als politischer Zwischenrufer in der Tagespolitik" betätigte, sehr wohl aber zu Grundsatzfragen Stellung nahm.

Überzeugter Europäer

Ratzenböck war "überzeugter Europäer", der vor der EU-Wahl 2024 noch an die nationalen Regierungen appelliert hat, "über den Schrebergarten des eigenen Landes hinauszudenken". Europa brauche eine starke politische Mitte, radikale Bewegungen sah er eher als Schaffer denn als Löser von Problemen. Als Wunsch an die Innenpolitik formulierte er vor der Nationalratswahl 2024: "Denkt immer auch an den Tag nach der Wahl. Je mehr man sich auseinandergelebt hat, desto schwieriger ist es, wieder zusammenzufinden."

Josef Ratzenböck wurde am 15. April 1929 in Neukirchen am Walde (Bezirk Grieskirchen) als Sohn eines Gast- und Landwirtes geboren. Im Oktober 1952 wurde er Mitarbeiter des damaligen ÖVP-Landesparteisekretärs und späteren Landeshauptmanns Erwin Wenzl, den er 1977 in diesem Amt beerbte. Zu den wichtigsten Aufgaben zählte in den ersten Jahren die Gründung des OÖ Seniorenbundes, der damals Rentner- und Pensionistenbund hieß. 1969 stieg er zum Landesparteisekretär auf, vier Jahre später, 1973, zog er in die Landesregierung ein und übernahm die Ressorts Finanzen und Kultur, bis er 1977 Nachfolger von Wenzl wurde. Er war seit 1954 mit Anneliese Ratzenböck verheiratet, sie haben zwei Kinder.

"Großer Gestalter"

Der amtierende Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) würdigte Ratzenböck als einen "großen Gestalter Oberösterreichs, einen Brückenbauer, einen, der stets das Verbindende gesucht hat". Ratzenböck habe ganz entscheidend dazu beigetragen, "dass sich Oberösterreich sowohl als Land der Arbeit, der Industrie und der Wirtschaft als auch als Land der Bildung, der Wissenschaft und vor allem der Kultur profilieren konnte", so Stelzer. Der Altlandeshauptmann sei "ein Mann des Ausgleichs, den Menschen zugewandt" gewesen.

Oberösterreich verliere "einen wichtigen Gestalter der Zweiten Republik", so Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ). "Der Einsatz von Josef Ratzenböck für die Menschen und Oberösterreich verdient bleibende Anerkennung", er habe Oberösterreich nachhaltig mitgeprägt.

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